Die Rubinstein-Strategie hilft weiter

Vortrag: „Das Beste kommt noch, Männer altern anders – Frauen auch“

 

FLÖRSHEIM (ak) – Die Kurt-Graulich-Stiftung hat es sich seit 1995 zur Aufgabe gemacht, in Not geratenen Menschen schnell und unbürokratisch zu helfen. Sie unterstützt Einzelpersonen genauso wie soziale Projekte, die sich um Randgruppen kümmern. Jedes Jahr wird der Stiftungspreis in Höhe von 5000 Euro an eine besonders hervorzuhebende soziale Einrichtung verliehen. Um dies zu ermöglichen, wird nicht nur aus den Mitgliedsbeiträgen und aus Spenden geschöpft, sondern die Stiftung veranstaltet auch etwa Benefizkonzerte oder lädt bekannte Persönlichkeiten zu Vorträgen ein.
Ein solcher Vortrag fand am 25. November im Evangelischen Gemeindezentrum in Flörsheim statt. Der Stiftungsgründer und Stiftungsvorstand Kurt-Jochem Graulich hatte den renommierten Sozialpädagogen, Sozialwissenschaftler und Buchautor Prof. Dr. Eckart Hammer, der an der Evangelischen Hochschule Ludwigsburg Gerontologie lehrt, eingeladen. Das Vortragsthema „Das Beste kommt noch, Männer altern anders – Frauen auch“ interessierte offenbar durchaus nicht nur „alte“ Zuhörer, der Saal war gut gefüllt mit Menschen beider Geschlechter und verschiedener Generationen.
Prof. Eckart Hammer erzählte kurzweilig und amüsant, mit Anekdoten aus seinem eigenen Leben ausgeschmückt, darüber, warum Männer „anders altern“, welche Probleme sich für sie – und auch für ihre Ehefrauen – daraus entwickeln können und wie man diesen Problemen entgegenwirken kann.
Zwar gibt es bei Männern nicht so eine starke hormonelle Veränderung wie bei Frauen, trotzdem spricht man auch bei ihnen von einer „Midlife Crisis“ um die fünfzig. Männer, die oft ganz und gar in ihrer Arbeitswelt eingespannt sind, werden in diesem Alter von einer Art „Sinnkrise“ geplagt, sie fragen sich, ob sie tatsächlich ihre Ideale und Träume erreicht haben, ob sie das Richtige im Leben getan haben und ob sie überhaupt auf der Welt Spuren hinterlassen haben. Gleichzeitig werden Männer in diesem Lebensabschnitt oft auch aus ihrer Arbeitswelt „freigesetzt“, nach den Erkenntnissen von Prof. Hartmann erreicht nur eine Minderheit der erwerbstätigen Männer während ihres Berufslebens tatsächlich die Rentengrenze. Diese „Entlassung“ in den Ruhestand trifft die meisten Männer völlig unvorbereitet und macht sie zu „Trauernden“, sie trauern um ihren Selbstwertstatus, um ihre „Ernährer-Rolle und um ihre nun verloren gegangene Tages- und Lebensstruktur. Viele Männer stellen dann fest, dass sie zwar viele Kollegen hatten, aber in ihrem privaten Leben nur wenige Freunde. Dass in diesem Lebensabschnitt auch die Anzeichen des körperlichen Alterns besonders evident werden, und die Psyche des Mannes dadurch ebenfalls belastet wird, konnten viele der Zuhörer sicher gut nachvollziehen. „Aber alt werden kann sogar schön sein, wenn man nicht verlernt hat, was anfangen heißt“, sagt Prof. Dr. Hartmann. „Männer brauchen ein Altersprojekt.“ Das Angebot an Betätigungsmöglichkeiten ist groß, es kann niemand raten, was der Einzelne tun soll, jeder Mann muss für sich selbst das Richtige finden. Für Prof. Hartmann steht jedenfalls fest: „Auch dieses Lebensalter hat seinen Genuss, wir brauchen auch die alten Menschen, die unser Leben entschleunigen.“
Als Rat zum glücklichen und „erfolgreichen Altern“ konnte er den Zuhörern die Ergebnisse einer Berliner Altersstudie mit auf den Weg geben und am Beispiel des Pianisten Arthur Rubinstein gut erklären: als alternder Mensch sollte man genau selektieren, was man noch gut machen kann oder möchte. Neben dieser Tätigkeiten-Optimierung sollte man gleichzeitig versuchen, die gestrichenen Aktivitäten bestmöglich zu kompensieren. Rubinstein zumindest hat es mit dieser Strategie geschafft, bis ins hohe Alter durch die Auswahl der richtigen Musikstücke und durch eine ausgefeilte Vortragstechnik als einer der besten Pianisten seiner Zeit zu gelten.
Als Fazit seines Vortrages und zur Frage „Wie richtig altern?“ ergibt sich für Prof. Hammer die einfache Antwort: „ Heute richtig und mit einer guten Balance bei allen Dingen leben.“
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