So etwas nenne ich Zivilcourage

Freitag, 11. November 2016: Berlin Hauptbahnhof. Unsere Reisegruppe wartete im Abschnitt F auf den ICE nach Frankfurt am Main. Hier sollte – laut Wagenstandsanzeiger – der für uns reservierte Wagen Nummer 11 (Zugende) halten.

Fast zeitgleich mit dem Einlaufen des Zuges erfuhren wir aus dem Lautsprecher, dass dieser Zug heute „mit umgekehrter Wagenfolge“ fährt. Große Aufregung bei uns: 50 überwiegend ältere Personen mit viel Gepäck sollten in kürzester Zeit an die Spitze des Zuges rennen. Und das auf einem Bahnsteig voller Reisender! „Wir steigen hier ein!“ entschied daher unser Reiseleiter. Was wir auch taten. Folge: Wir landeten in einem Wagen der Ersten Klasse und belegten Plätze, die für andere reserviert waren.

Kurz nach der Abfahrt erschienen zwei Reisende bei uns. Unter Hinweis auf ihre reservierten Plätze machten sie uns klar, dass wir hier eindeutig falsch seien. Nachdem wir ihnen unsere Lage geschildert hatten, meinte einer von ihnen: „Bleiben Sie hier. Wir gehen in den Speisewagen.“

Als die beiden außer Hörweite waren, fragte einer aus unserer Gruppe: „Wisst ihr, wer das war?“ Kopfschütteln. „Das war Rüdiger Grube! Der Oberboss der Bahn und einer seiner engsten Mit-arbeiter!“

Wenige Minuten später: „Fahrkartenkontrolle!“ Die uniformierte Zugbegleiterin machte uns unmissverständlich klar, dass wir hier nicht bleiben dürfen. Unser Hinweis auf die Duldungserlaubnis durch ihren „Oberboss“ Grube half nichts. „Für diesen Zug bin ich verantwortlich. Herr Grube hat hier nichts zu melden!“

Folge: Wir zogen mit unserem Gepäck durch den ganzen Zug bis zu dem für uns reservierten Wagen an der Zugspitze.
Rückblickend finde ich die klare Anweisung der Zugbegleiterin und ihre Aussage über ihre Kompetenz und die des Bahnchefs Grube mutig. So etwas nenne ich Zivilcourage.

Bernd Zürn, Schillerstraße

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