Handlungsfreiheit zukünftiger Generationen erhalten

Neujahrsempfang der FDP: Rückschau und Ausblick von regionaler bis nationaler Politik

HATTERSHEIM (ak) – Während man beim „Dreikönigstreffen“ der FDP auf Bundesebene noch gespannt auf die Rede des Bundesvorsitzenden Philipp Rösler wartete und sich Parteigenossen dort durchaus nicht alle einig über die Leistungen und die Zukunft der eigenen Parteispitze waren, bewirtete die Hattersheimer FDP am letzten Sonntag, dem 6. Januar, etwa 50 Mitglieder und Gäste im Hessensaal des Alten Posthofs mit Sekt, Bier, Saft, Wasser und Brezeln.

 

Der Einladung der Partei gefolgt waren auch Vertreter anderer Hattersheimer Parteien wie etwa Bürgermeisterin Antje Köster von der SPD, Erste Stadträtin Karin Schnick von den Grünen, der stellvertretende Vorsitzende der CDU, Michael Minnert und auch der Vorsitzende des Eddersheimer Vereinsrings, Bernd Seel.
In seiner Neujahrsansprache nahm der Vorsitzende der Hattersheimer FDP, Andreas Kärcher, noch einmal das Thema auf, welches Hattersheim im Jahr 2012 nicht nur auf politischer Ebene mehr als bewegt hat: die Hattersheimer Finanzen. „Dieses Jahr war in meiner bislang kurzen kommunalpolitischen Tätigkeit das Jahr mit der intensivsten Auseinandersetzung mit der Stadt und ihrer Historie“, stellte Kärcher fest, denn „ich brauche es im Kreis der Zuhörer nicht zu betonen dass das erste zentrale Thema des vergangenen Jahres der Start in die Haushaltskonsolidierung als Vorbereitung zur Teilnahme am Kommunalen Rettungsschirm des Landes Hessen war, als letzter Ausweg aus der desaströsen Haushaltslage.“ Andreas Kärcher wollte es nicht gelten lassen, das Hattersheims Finanzlage auch durch eine „Überfrachtung“ mit bundes- und landeseigenen Aufgaben (mit-)verursacht sein könnte. Er sieht die Ausgabenpolitik der früheren Stadtverantwortlichen als hauptsächliche Ursache und kritisierte vor allem die nach seiner Auffassung unangemessene Einstellung der SPD zum Begriff „Sparen“, die seiner Ansicht nach vor kurzem noch einmal in der Äußerung des Hattersheimer SPD-Vorsitzenden Ralf Maik, die SPD habe schon immer gespart, für ihn zum Ausdruck gekommen sei: „Das verdeutlicht die Haltung der Genossen, wonach sparen beginnt, wenn man nichts mehr ausgibt. Ich habe gelernt, dass sparen der bewusste Verzicht auf etwas ist, hingegen spricht man vom Bankrott, wenn man nichts mehr hat, das man ausgeben kann.“ Dennoch sei man sich auch in der FDP der Tatsache bewusst, dass sich die Sachlage in der Stadt nicht von heute auf morgen verändern lasse. „Auch wenn jetzt alle Bürger mit der Erhöhung der Grundsteuer und einiger Gebühren die Suppe auslöffeln dürfen“, unterstütze die FDP daher nun den Weg, die Situation über weniger Ausgaben und mehr Einnahmen zu verbessern. 
„Aus Sicht der FDP fehlt dem nun eingeschlagenen Kurs allerdings noch eine Strategie für die Stadtentwicklung verbunden mit einem guten Stadtmarketing als zentrales Element“, erklärte Kärcher. Für das Gelingen einer Neuordnung sieht der FDP-Vorsitzende die Kommunikation mit den Bürgern als wichtigen Bestandteil, in ihr sollten die Auswirkungen jedoch mit mehr Klarheit offen gelegt werden. Dabei hält man in der FDP die Bürgerwerkstätten für einen guten Einstieg, allerdings in einem „überarbeitungswürdigen Format“. 
Auch auf die „Bachschisser-Affäre“ des Jahres 2012 ging der Hattersheimer FDP-Vorsitzende beim Neujahrsempfang noch einmal ein. Nach Ansicht von Andreas Kärcher hat die Presse vor allem die Aufgabe, es dem Leser ihrer Nachrichten zu ermöglichen, sich unabhängig eine Meinung zu einem Vorgang zu bilden. „Meines Erachtens sind wir alle gut beraten, keinen Einfluss auf die Unabhängigkeit der Presse zu nehmen und sollten als Kommunalpolitiker bemüht sein, Interessenkonflikte zu vermeiden oder auch nur den Anschein“, resümierte er und ergänzte: „Selbstverständlich sind Kommentare, die als solche gekennzeichnet sind, die Würze in der Zeitungswelt.“
Seine abschließende Aufforderung an die anwesenden Gäste und Parteigenossen war mehr von Kooperationswillen als kämpferisch geprägt: „Lassen Sie uns gemeinsam an der Weiterentwicklung des eingeschlagenen Weges mitarbeiten.“
Mit einem Blick auf die Bundestagswahlen im Herbst 2013 freute sich der Hattersheimer FDP-Vorsitzende ganz besonders, als Gast die FDP-Kreisvorsitzende und Abgeordneten-Kandidatin Bettina Stark-Watzinger beim Neujahrsempfang begrüßen zu können, die mit ihrer Rede die Gäste von der Hattersheimer Politik zur Bundespolitik führte. In ihr beleuchtete sie vor allem den Begriff „Soziale Marktwirtschaft“ unter den Gesichtspunkten der FDP. Sie ist der Ansicht, es sei ein „unhaltbares Versprechen“, wenn man den Menschen sage, der Staat könne ihnen eine „Rundum-sorglos-Versicherung gegen alle Risiken des Lebens“ bieten. Dabei weiß sie wohl auch, dass es in Deutschland durchaus „bedürftige“ Menschen gibt, sowohl in materieller Hinsicht als auch in Bezug auf soziale Kontakte. „Hier vor Ort haben Sie in Dietrich Muth einen ausgewiesenen Sozialpolitiker, der immer, da, wo Not war, unbürokratisch Dinge bewegt hat. Im Kreis haben wir einen Ersten Beigeordneten Hans-Jürgen Hielscher, der sich unter anderem dafür eingesetzt hat, das der Kreis Optionskommune geworden ist und Langzeitarbeitslose vor Ort wieder in Arbeit bringt – mit sehr gutem Erfolg“, würdigte sie an dieser Stelle auch die Arbeit der Kommunalpolitiker. Dennoch ist es ihrer Ansicht nach „weder neoliberal, noch marktradikal, noch feindlich“, wenn die FDP die „Überforderung der Sozialsysteme“ verhindern möchte. „Wir können es uns nicht leisten, nicht mehr auf das Engagement unserer Bürger und auf die persönliche Verantwortung des Einzelnen vor Ort zu setzen. Wir können nicht alles dem anonymen Staat überlassen“, sagte sie. Armuts- und Reichtumsbericht, Armuts-Definition, Mindestlöhne, Bildungssystem, Kalte Progression, Energiewende, Staatsdirigismus und Umverteilung von unten nach oben waren weitere Schlagwörter, die sie in ihrer Rede aus der Sicht der FDP beleuchtete. Eine Lösung all der von ihr aufgezeigten Probleme sieht Bettina Stark-Watzinger nur auf dem Weg über „eine rationale Sozialdebatte, die mit Herz und Verstand geführt wird, an den Ursachen orientiert ist und den Spielraum schafft, denen zu helfen, die es wirklich nötig haben“. Es erscheint ihr auch besonders wichtig, den nachfolgenden Generationen nicht zu viele Schulden zu hinterlassen. „Schulden sind die Belastungen der Zukunft, es geht um nicht weniger, als die Handlungsfreiheit für die Zukunft zu erhalten“, mahnte sie an. Weiter stellt sie klar, dass „auch die FDP einen gerechten Staat“ möchte, allerdings die „Bevormundung durch einen allübermächtigen Staat“ ablehne. Auch Bettina Stark-Watzinger hatte nach ihren eigenen Worten „in den letzten vier Jahren des Öfteren Anlass“ über die Politik und das Programm der FDP nachzudenken, sie zieht daraus folgenden Schluss: „Ich bin der Meinung, der FDP mangelt es nicht an einem politischen Konzept. Es wurden Fehler gemacht, aber es gibt noch Bürger, die unser Programm unterstützen.“ Ihre Parteikollegen und vielleicht auch einige Gäste auf dem Neujahrsempfang gehören ganz sicher zu diesen, wie man am wohlwollenden Beifall nach ihrer Rede erkennen konnte.
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