Mit Herz, Hand und Gottes Segen

Feierliche Amtseinführung – Bürgermeister Klaus Schindling will Worten Taten folgen lassen – Hohe Wertschätzung für Antje Köster

Antje Kösters Blick ruht auf der Amtskette – der Abschied fiel ihr sichtlich schwer. Es war unübersehber: hier geht jemand, der noch viel vorhatte.
(Foto: A. Noé)

 

HATTERSHEIM (noe) – Der Abend hatte alles: Er war lang und doch kurzweilig, dem Anlass entsprechend festlich und zugleich erfrischend unverkrampft, gesprochen wurde mit kühlem Kopf und warmem Herzen. Mit Fug und Recht ist zu konstatieren: Wer am 22. September der Amtseinführung des neuen Hattersheimer Bürgermeisters Klaus Schindling fernblieb, hat etwas verpasst.

Die Veranstaltung – offiziell handelte es sich um eine Sitzung der Stadtverordnetenversammlung – stieß auf großes öffentliches Interesse. Im Okrifteler Haus der Vereine hatten sich neben zahlreichen Bürgern und deren stadtparlamentarischen Vertretern, neben Verwaltungsmitgliedern und Vereinsvorständen, neben irdischen Funktions- und geistlichen Würdenträgern auch hohe respektive höchste Repräsentanten des Kreises, des Landes und der hessischen Städte und Gemeinden eingefunden.

Die Amtseinführung war dementsprechend reich an Grußworten und Glückwünschen, auf dem „Gabentisch“ des frisch gebackenen und sichtlich gerührten Bürgermeisters blieb kein Quadratzentimeter ungenutzt. Hessens Staatsminister Axel Wintermeyer, Landrat Michael Cyriax, der Direktor des Hessischen Städte- und Gemeindebundes Karl-Christian Schelzke und der Direktor des Hessischen Städtetages Stephan Gieseler standen an der Spitze der auswärtigen Gratulanten. Es folgten Hattersheims Erste Stadträtin Karin Schnick und Christian Seitz, Bürgermeister der benachbarten Gemeinde Kriftel, der die im Main-Taunus-Kreis wirkenden Amtskollegen vertrat. Der neue Rathauschef wurde selbstverständlich auch von den politischen Kräften des Hattersheimer Stadtparlaments begrüßt, namentlich von Andreas Endler, der den aus gesundheitlichen Gründen verhinderten CDU-Fraktionsvorsitzenden Michael Minnert vertrat, von dem Vorsitzenden der SPD Hattersheim Thomas Abicht, dem FWG-Fraktionsvorsitzenden Karl Heinz Spengler sowie von dem Grünen-Fraktionssprecher Winfried Pohl und dem FDP-Fraktionsvorsitzenden Dietrich Muth. Und es gab zu guter Letzt noch einen „Überraschungsredner“ – nämlich Frank Schindling, seines Zeichens katholischer Pfarrer in Wiesbaden und Bruder des künftig die Geschicke der Stadt leitenden Rathauschefs. Müßig zu erwähnen, dass die meisten Redner die ihnen zugestandene Redezeit von dreieinhalb Minuten nach Belieben dehnten; ihre stets aufmerksame und zugängliche Zuhörerschaft nahm es ihnen nicht übel. Ausgesprochen harmonisch war übrigens auch der musikalische Teil – am Flügel zeigten Felix Romek und Fabian Besso (Schüler der Musikschule Hattersheim im KulturForum) zum Auftakt, bei den Zwischenspielen und zum Ausklang ihr vorzügliches Können.

„Danke, liebe Antje“
Stadtverordnetenvorsteher Günter Tannenberger leitete kraft seines Amtes diese denkbar untypische Sitzung der Stadtverordnetenversammlung – wer teilnahm, wird sie gut im Gedächtnis behalten – und bereitete dem festlich-fröhlichen Ereignis mit ernsten, wohlmeinenden Worten den Weg. Tannenberger forderte zunächst die Parlamentarier zu fairem Umgang miteinander auf – Grabenkämpfe kämen bei den Bürgern nicht gut an und zerrütteten das der Politik entgegengebrachte Vertrauen.
Dem künftigen Bürgermeister riet Tannenberger angesichts der hohen Verantwortung dazu, mit der gebotenen Demut ans Werk zu gehen. Nun sei insbesondere der familiäre Rückhalt, den Klaus Schindling bereits während des Wahlkampfes erfahren habe, gefragt.

Großes Lob wurde der scheidenden Bürgermeisterin zuteil. Antje Köster habe ihr schweres Amt von Beginn an gewissenhaft, verantwortungsbewusst und mit viel Herzblut ausgeübt. Dabei sei sie stets präsent und nah an den Bürgern gewesen, so Tannenberger, der verschmitzt anmerkte: „Überall, wo eine Geige kratzte, war Antje.“ Sicherlich sei angesichts der denkbar knappen Wahlniederlage die Frage nach dem „Warum“ quälend für sie, so Hattersheims Stadtverordnetenvorsteher. Doch die Entscheidung des Souveräns, nämlich der Wähler, sei, so schwer es auch fallen mag, zu respektieren. „Wir alle haben ein zeitlich begrenztes Mandat“, gab Tannenberger nicht nur der scheidenden Rathauschefin zu bedenken. Die Verdienste Kösters um die Stadt seien unstrittig, so Hattersheims Erster Bürger: „Ich sage auch Danke im Namen der Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt, von der dich viele ins Herz geschlossen haben. Danke, liebe Antje.“

Auch seitens der Gastredner wurde die Leistung der Bürgermeisterin gewürdigt. Antje Köster habe, so etwa Staatsminister Axel Wintermeyer, „viele zukunftsgerichtete Akzente gesetzt“, von denen Hattersheim noch profitieren werde. Selbst Kriftels Bürgermeister Christian Seitz (CDU), der aufgrund des einst hoch umstrittenen und nunmehr endgültig gescheiterten Bauhaus-Projektes (wir berichteten) mit seiner Amtskollegin über Kreuz lag, betonte anerkennend: „Ich kann als Nachbar sagen: sie hat immer für ihre Stadt gekämpft.“ Köster sei stets hart aber immer auch sachlich in der Sache gewesen.

Karl-Christian Schelzke, Direktor des Hessischen Städte- und Gemeindebundes, zeigte sich im Rahmen seines ausgesprochen unterhaltsamen Grußwortes beeindruckt von den lobenden und einfühlsamen Worten des Stadtverordnetenvorstehers: „Das ist bei einer Amtseinführung nicht unbedingt zu erwarten.“ Neben einigen Tipps zu einer gelungenen Amtszeit als Bürgermeister, gab Schelzke dem „in den Startlöchern stehenden“ Verwaltungschef unter anderem mit auf den Weg: „Die Qualität einer Verwaltung zeigt sich nicht darin, dass sie keine Fehler macht. Entscheidend ist, wie sie mit Fehlern umgeht.“

Ein „gut bestelltes Haus“
Antje Köster betonte in ihrer letzten Rede als Bürgermeisterin gegenüber den Mitgliedern der Stadtverordnetenversammlung, bevor sie ihrem Nachfolger die Ernennungsurkunde überreichte, dass sie „mit einem gewissen Stolz“ ein „gut bestelltes Haus mit einer bürgerorientiert arbeitenden Verwaltung“ übergeben könne. „Machen Sie nun das Beste für die Menschen und die nachfolgenden Generationen daraus und verlieren Sie bei allen Entscheidungen nicht das soziale Gleichgewicht aus den Augen“, sagte sie unter großem Applaus. „Hier muss eine Politik gemacht werden, die identitätsstiftend ist, die, insbesondere in dieser schnelllebigen Zeit, den Menschen das Gefühl von Zuhause gibt.“

Es war unübersehbar: hier geht jemand, der noch viel vorhatte. Die Amtseinführung Klaus Schindlings war gewissermaßen die vorweggenommene Verabschiedung Antje Kösters, die offiziell erst am gestrigen Mittwoch stattfand. Köster fiel der Abschied nicht leicht, gerade die von nahezu allen Seiten entgegengebrachte Wertschätzung ihrer Arbeit mag den Trennungsschmerz eher verstärkt denn gelindert haben. „Ich wünsche Ihnen gutes Gelingen, ein glückliches Händchen, Mut und Courage, auch unkonventionelle Entscheidungen zu treffen“, schloss Antje Köster, an Klaus Schindling gewandt, ihr Grußwort.

„Voller Respekt, voller Erwartungen“
Nach der Verpflichtung per Handschlag auf die gewissenhafte Erfüllung der Aufgaben sowie der Abnahme des Amtseides durch den Stadtverordnetenvorsteher und der Übergabe der Amtskette durch Antje Köster ergriff Klaus Schindling als Hattersheims neuer Bürgermeister das Wort. Er beginne seine Arbeit „voller Respekt, voller Erwartungen, aber auch ein kleines bisschen voller Ungeduld“, so Schindling, der versprach: „Ich trete dieses Amt mit gebotener Demut, aber auch mit großer Zuversicht und Freude an. Ich trete es an mit der Zusage, dass ich mich für diese Stadt und ihre Menschen sehr gern und mit ganzer Kraft einsetzen werde.“

Auch er sparte nicht mit Lob für seine Vorgängerin: „Sie hat bis zum heutigen Tag, auch und gerade in den vergangenen, für sie mit Sicherheit nicht immer leichten sechs Monaten mit vollem Einsatz und unter Wahrung vieler Termine für unsere Stadt gearbeitet. Dafür, Frau Köster, meine Hochachtung und meinen ganz besonderen Dank.“ Die Bürgermeisterin sei „beileibe nicht für alles verantwortlich zu machen, was in Hattersheim nicht mehr wirklich gut gelaufen“ sei, so Schindling: „Sie musste mit Sicherheit den ein oder anderen Fehler aus früheren Zeiten ausbaden.“ Er werde sich den auf ihn zukommenden Herausforderungen stellen, „jederzeit ein offenes Ohr für die Bürgerinnen und Bürger haben“, als Vermittler zwischen den Fraktionen des Stadtparlamentes fungieren und der Verwaltung „ein guter Chef sein, der seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter motiviert, ihre Leistungen wertschätzt und sie alle ihr Potential entfalten lässt“. Direkt an das Verwaltungspersonal gewandt sagte er: „Sie dürfen Fehler machen, ohne Angst haben zu müssen. Ich erwarte jedoch Leistungsbereitschaft und Teamfähigkeit.“ Nur gemeinsam könne zum Wohle der Stadt gearbeitet werden. Natürlich gebe es Situationen, in denen ein Bürgermeister auf den Tisch hauen muss. „Aber gewiss spürt das die Hand mehr als der Tisch“, räumte Schindling ein, der deshalb ankündigte: „Ich will zuhören, abwägen, überzeugen, mich auch gerne einmal überzeugen lassen, möglichst viele Menschen mitnehmen – und vor allem will ich den Worten Taten folgen lassen.“

Es gibt viel zu tun
Wichtigstes Ziel seiner Amtszeit sei die Konsolidierung des Haushaltes. „So wichtig die sozialen Aufgaben und politischen Ziele auch sein mögen, dabei gilt stets zu beachten: Die Erträge im Haushalt der Stadt Hattersheim müssen ausreichen, um die Aufwendungen abzudecken“, betonte Schindling. Es gebe vieles, das dringend angepackt werden muss, etwa die Entwicklung von Gewerbe- und Wohngebieten bei gleichzeitiger Anpassung der Infrastruktur. Die Lösung der Verkehrsproblematik, gerade in den Stadtteilen Eddersheim und Okriftel, dürfe dabei nicht aus dem Blick geraten. „Wir brauchen eine Entlastungsstraße zwischen Okriftel und Eddersheim“, erklärte Hattersheims neuer Bürgermeister. „Ich werde mich mit Macht dafür einsetzen, hier eine Lösung herbeizuführen und auf den Weg zu bringen.“

 

Des Weiteren gelte es, den Sanierungsstau bei den öffentlichen Liegenschaften aufzulösen. In diesem Zusammenhang erinnerte Schindling an eines seiner Wahlversprechen: „Ich werde dafür sorgen, dass die Stadthalle unseren Bürgerinnen und Bürgern wieder zur Verfügung steht“. Außerdem müsse auf den steigenden Bedarf an Kinderbetreuungsplätzen reagiert und für ganzjährige Betreuungsmöglichkeiten gesorgt werden. Er werde sich zudem, auch in finanzieller Hinsicht, für Vereinsförderung stark machen.
Stärke ist wichtig, aber nicht das Wichtigste – so lautete eine Botschaft, die der am Ende des offiziellen Teiles der Amtseinführung sprechende „Überraschungsredner“ Frank Schindling seinem Bruder Klaus überbrachte. „Geh hin zu den Menschen am Rand“, ermunterte der in Wiesbaden wirkende katholische Pfarrer. Gerade sie seien auf ihn als Bürgermeister angewiesen. Da er ihn aber Zeit seines Lebens kenne, mache er sich keine Sorgen: „Du bringst das Wichtigste mit, was man für dieses Amt braucht: Du hast ein Herz und die Fähigkeit, Fehler einzugestehen und umzukehren. Gottes Segen für Dich, mein Bruder.“

„Gottes Segen“ – so schlossen viele Redner ihr Grußwort. Hattersheims neuer Bürgermeister wird ihn brauchen – neben einem weiten Herzen und einer ruhigen, aber entschlossenen Hand.

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