Robin Minard lässt die Phrix sprechen

„The Phrix Soundwalk“ lädt Gäste zu Spaziergang durch Industrieanlage ein

Bei vielen „Phrix Soundwalkern“ war gut zu beobachten, wie die Geräusche aus ihren Kopfhörern sie in der Kulisse der zerfallenden Industriegebäude in die Vergangenheit eintauchen ließ.

HATTERSHEIM (ak) – „The Phrix Soundwalk“ heißt eine neue „Komposition für Smartphones“ des international bekannten kanadischen Künstlers Robin Minard, sie ist nun während der „Tage der Industriekultur“ im Rahmen des Kooperationsprojekts „Klangkunst trifft Industriekultur“ des Kulturfonds Frankfurt RheinMain gemeinsam mit der KulturRegion FrankfurtRheinMain zu hören.

Das Werk, welches als ortsspezifisches, abstraktes akustisches Porträt konzipiert ist, verwebt Klänge und Geschichten des Ortes mit Erzählungen von Menschen, die mit der ehemaligen Fabrik verbunden sind. Mit einem Smartphone, das WLAN-Netz der Phrix nutzend, konnte man es auf dem Gelände der ehemaligen PHRIX Papierfabrik in Hattersheim-Okriftel am Wochenende 24. bis 26. Juli hören. Zur Premiere des „Phrix Soundwalk“ waren am Mittwoch, 15. Juli, zahlreiche Kunstinteressierte und auch der Künstler selbst in die Räume der Phrix-Künstlergemeinschaft gekommen.
Der Kulturdezernent des Main-Taunus-Kreises, Wolfgang Kollmeier, begrüßte die Gäste mit sehr persönlichen Worten: „Als Kind habe ich noch erlebt, wie hunderte von Arbeitern hier in der Phrix ein- und ausgegangen sind, jeder einzelne von ihnen könnte sicher viel erzählen. Wenn die Wände hier sprechen könnten, würden wir ihnen sicher gespannt lauschen – wir sind froh, dass es einen Künstler gibt, der die Wände nun für uns sprechen lässt!“ Magistratsmitglied Ellen Beutel dankte im Namen der Stadt Hattersheim den Phrix-Künstlern dafür, dass sie ihre Räume für das Projekt zur Verfügung gestellt haben. „Auch nach seiner Schließung gibt es noch viele Menschen, denen das Gebäude hier viel bedeutet. Die Phrix hat nach ihrer Schließung vor allem durch die Phrix-Künstler neue Wertschätzung gefunden“, ist sie sicher.
Sabine von Bebenburg, die Geschäftsführerin des Kulturfond FrankfurtRheinMain, erinnerte an die Sound- und Light-Show „Atem“ im Jahr 2003 und auch an das Klangkunstwerk des letzten Jahres im Wasserwerk: „Mir geht es darum, zu vermitteln, dass Hattersheim einer der Pioniere der Industriekultur ist! Alle Veranstaltungen in dieser Tradition sind regional verankert, haben aber durch ihre Qualität eine überregionale Bedeutung. In diesen Kunstwerken geht es darum, die Geschichte der Bauwerke hör- und sichtbar zu machen.“ Der Soundwalk sei dadurch, dass die Klänge den Zuhörer mit seinem Smartphone beim Rundgang durch das Phrix-Gelände begleiten, einzigartig. „Im Unterschied zur klassischen Musik ist der Zuhörer hier selbst der Manager seines Kunstgenusses, er bestimmt selbst, wie lange er sich den Klängen widmen möchte“, hob Sabine von Bebenburg hervor.
Der Künstler Robin Minard stellte sich sehr sympathisch den Gästen selbst vor, er dankte in fast akzentfreiem Deutsch vor allem Bernd Caspari (dessen Stimme beim Soundwalk zu hören ist), Ulrike Milas-Quirin und Kai Wolf für ihre Unterstützung. Dass seine Überzeugung richtig ist, dass Klänge einen Raum wieder beleben, auch wenn der Ort schon lange nicht mehr genutzt wird, davon konnten sich die Gäste selbst gleich im Anschluss überzeugen. Beim notwendigen Installieren der App „Phrix Walk“ half gerne Alexander Pospischil, der die App programmiert hat – Kopfhörer und auch Smartphones wurden für jeden, der auf dem Phrix-Gelände auf eine Reise in die Vergangenheit gehen wollte, bereitgehalten. Die alten Fabrikgebäude der 1970 geschlossenen Cellulose-Fabrik bieten auch im recht zerfallenen Zustand noch eine imposante Kulisse für das Kunstwerk von Robin Minard.
Der Effekt, den die vom Künstler zusammengestellten Klänge (zum Teil aufgenommen in einer noch existierenden Papierfabrik in Thüringen) und die Erzählungen von Bernd Caspari aus dem Arbeitsalltag seiner Lehr- und Arbeitszeit in der Phrix auf den Spaziergänger haben, ist erstaunlich: Beim nicht allzu langen Gang durch das zerfallene und zerfallende Fabrikgelände taucht der Hörer tatsächlich in gewisser Weise in die Vergangenheit und auch in die „Geheimnisse“ der Papierherstellung ein. 

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