Odyssee mit glücklichem Ausgang

Ende gut, alles gut: Eddersheimer Schwanenfamilie lebt jetzt im Rheinland / Zu große Gefahren in der alten Heimat am Main

Ende Mai am Eddersheimer Mainufer: Seinerzeit war der verletzte Schwanenvater schon in der Wildtierpflegestation, die Mama musste sich alleine um ihre – damals noch vier – Kleinen kümmern.

 

EDDERSHEIM/WÜLFRATH (eb) – „Wir haben die richtige Entscheidung getroffen. Hier fühlen sie sich pudelwohl.“ Bei diesen Worten und einem letzten Blick über den See auf „ihre“ Schwanenfamilie werden die Augen von Christine Dörr leicht feucht.

 

Für die engagierte Eddersheimerin nahm am Samstag, 5. Oktober, eine „Tier-Odyssee“ ihr glückliches Ende. Begonnen hatte sie Ende März dieses Jahres am Eddersheimer Mainufer. Dort hatte ein Höckerschwanenweibchen sieben Eier gelegt. Sechs tapsige Flaumbällchen waren nach rund fünf Wochen Brutzeit daraus hervorgekrochen. Zu ihrem Schutz sperrte die Stadt Hattersheim diesen Uferbereich weiträumig ab. Dennnoch waren nach kurzer Zeit zwei der Winzlinge verschwunden. „Das ist völlig normal“, so Bernd Zürn vom BUND Flörsheim. Auch er war bei dieser Aktion von Anfang an eingebunden.
Groß war das Entsetzen bei allen Beteiligten und den vielen interessierten Eddersheimern, als Mitte Juni der rechte Flügel des Schwanenmännchens unnatürlich schlaff herabhing. In einer sehr zeitaufwendigen Aktion wurde das Tier am 12. Juni eingefangen und in die Tierklinik nach Hofheim gebracht. Ergebnis: Flügel gebrochen! Bei der sofortigen Operation wurde die Bruchstelle mit zwei Metallstäben in der Größe und Stärke von Stricknadeln stabilisiert. Anschließend kam der Patient in die „Wildtierstation“ in Maintal-Dörnigheim. Das Weibchen mit den Jungen blieb in Eddersheim. Aufmerksame Passanten stellten danach fest, dass dort die Kleinen immer wieder von anderen Schwänen, aber auch von freilaufenden Hunden und von Anglern angegriffen oder verjagt wurden. In einer erneuten – wiederum sehr zeitaufwendigen – Aktion wurde deshalb die alleinerziehende Mutter mit ihren Kindern – inzwischen waren es nur noch drei – am 28. Juni eingefangen und zu dem Vater in die „Reha“ gebracht. Dort wurde die wiedervereinigte Familie vorbildlich und sehr liebevoll betreut.

Abschied fällt schwer
Christine Dörr und Bernd Zürn besuchten ihre Schützlinge mehrfach und brachten den verletzten Schwanenvater insgesamt sechs Mal in die Tierklinik nach Hofheim. Dort sorgten sie mit dem großen und nicht alltäglichen Tier für ziemliches Aufsehen zwischen den „Alltagspatienten“ wie Katzen und Hunden.
Am 24. September wurde der letzte der beiden Metallstäbe aus dem rechten Flügel entfernt. „Jetzt können wir Tierärzte nichts mehr für ihn tun“, erfuhr Bernd Zürn bei dieser Gelegenheit von Dr. Miriam Biel. Der Abschied von „ihrem“ Schwan fiel der Tierärztin sichtlich schwer. Schließlich hatte sie ihn über mehrere Monate erfolgreich behandelt und sich über die erzielten Heilungsfortschritte gefreut.
Der Aufenthalt der Eddersheimer Schwanenfamilie in der Wildtierstation wurde allmählich zu einem Problem: Die drei Kleinen hatten inzwischen fast die Größe ihrer Eltern erreicht. Ihr Gehege war jetzt viel zu klein. „Die brauchen viel Auslauf und müssen unbedingt aufs Wasser“, hatte die Tierärztin dringend angeraten.
Durch einen glücklichen Zufall erfuhr Christine Dörr von einer Familie in Wülfrath, die nicht nur ein Herz für Wildtiere, sondern auch ein sehr großes Gelände hat. In dem 15.000 Quadratmeter großen Grundstück gibt es mehrere Teiche, außerdem ist es von einem stabilen Schutzzaun umgeben. Allerdings liegt Wülfrath in der Nähe von Düsseldorf. In großen Tierboxen wurden die Schwäne am 5. Oktober in einem Lieferwagen von Dörnigheim in ihr mehr als 200 Kilometer entferntes neues Domizil gebracht. „Natürlich hätte ich sie viel lieber in Eddersheim freigelassen“, so die „Schwanenmutter“ Christine Dörr. Aber der Schwanenpapa ist noch nicht völlig in Ordnung. Er hat weiterhin Probleme mit seinem – nicht gebrochenen – linken Flügel. Der hängt manchmal schlaff herunter. Wahrscheinlich eine Nervenschädigung. Dadurch ist er für längere Zeit flugunfähig. „Mit dieser Behinderung dürfen wir ihn in Eddersheim nicht freilassen. Die Gefahren, insbesondere durch freilaufende und unbeaufsichtigte Hunde, sowie die ständig zunehmenden wilden Angelaktivitäten sind zu groß. Leider“, bedauert Christine Dörr die von allen aktiv Beteiligten getroffene Entscheidung für die Umsiedlung in das ferne Rheinland.
Übrigens: Die Eddersheimer Schwanenfamilie kann – nach Absprache mit den Betreuern – dort jederzeit besucht werden.

 

 

 

 

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