Der Kleiekotzer spuckt am Ende alles aus

Dritte Geburtstagsfeier der Ginsheimer Schiffsmühle bot weitere Einblicke in frühere Zeiten

Rudolf Guthmann demonstriert gemeinsam mit seinen Söhnen, wie noch vor 100 Jahren das Korn gedroschen wurde, bevor es in der Mühle gemahlen wurde.?(mas/Fotos: Schütz)

 

GINSHEIM (mas) – Am vergangenen Sonntag, 28. September, gab es auf der NATO-Rampe am Ginsheimer Rheinufer mal wieder einiges zu erleben. Anlass war der dritte Geburtstag der Schiffsmühle. Am 29. September 2011 wurde sie in Ginsheim angeliefert, erklärte der Erste Vorsitzende des Vereins „Historische Rheinschiffsmühle Ginsheim“, Herbert Jack. „Das geschah unter großer Beteiligung der Bevölkerung. Unzählige Boote begleiteten die Mühle auf den letzten Kilometern.“ Es ergab ein tolles Bild, wie sie da den Rhein entlanggeschippert kam.

 

Bei einer der Führungen durch die Mühle, die alle halbe Stunde stattfanden, wusste Jack noch einiges mehr an interessanten Fakten zu erzählen. Genaue Pläne zum Aufbau in der Mühle gibt es nicht, jedoch ist man überzeugt, sie anhand der vorliegenden Beschreibungen so originalgetreu wie möglich nachgebaut zu haben. Mit dabei bei der spannenden Führung waren Gäste aus der Schweiz, von der Bühler AG, die die ursprüngliche Mühle im Jahre 1895 ausgestattet hatte und ohne deren Unterstützung der Nachbau kaum möglich gewesen wäre – lieferte sie doch nicht zuletzt die einzigen Informationen darüber, wie das Innere der Schiffsmühle einmal ausgesehen haben muss.
Wie beim Original liegt auch heute der Eingang, durch den das Getreide hereinkommt, am hinteren Ende der Mühle, so dass es gegen die Strömung angeliefert werden konnte. In diese Richtung schaut auch der „Kleiekotzer“. Aus dessen hölzerner Fratze fällt am Ende des Vorgangs die Kleie, hauptsächlich jedoch soll er böse Geister vertreiben. Das große Mühlrad, das ursprünglich den ganzen Mahlvorgang erst ins Laufen brachte, muss heute zur Demonstration elektrisch betrieben werden. Die Strömung am Liegeplatz reicht einfach nicht aus. Beeindruckend ist es dennoch, wie eineinhalb Umdrehungen des Rades umgewandelt werden in rund 100 Umdrehungen des 700 Kilo schweren Mühlsteins. Und wie exakt der Abstand der Steine sein muss und eingestellt werden kann. Man kommt aus dem Staunen kaum mehr heraus.
Im Rahmen der Geburtstagsfeier hatte sich der Verein ein buntes Programm für seine Gäste einfallen lassen, die es sich bei schönstem spätsommerlichem Wetter gut gehen lassen konnten. Das erste Highlight gab es bereits um 11.30 Uhr. Gemeinsam mit seinen zwei Söhnen und einem Enkel erklärte und demonstrierte Landwirt Rudolf Guthmann, was vor rund 100 Jahren mit dem Getreide passierte, bevor es in eine Mühle wie die Ginsheimer Schiffsmühle gebracht wurde. Anschaulich machte er deutlich, wie viel mehr Arbeit die Ernte und Verarbeitung von Weizen damals machte – ein Umstand, der einem in heutiger Zeit selten bewusst ist.
Mit rund 100 Jahre alten Dreschflegeln wurde das Korn gedroschen. Auf die richtige Drehung komme es hier an, so Guthmann, und auf den richtigen Rhythmus, damit man sich nicht gegenseitig in die Quere kommt. Schließlich musste dann die Spreu vom Weizen getrennt werden. „Dieses Sprichwort gibt es ja heute noch“, stellte Guthmann fest. Die alte Windfege erledigte diese Arbeit im Nu. Das Drehen einer Kurbel erzeugt Wind, der die Spreu in einem hohen Bogen hinten aus der Maschine hinausfliegen lässt, während der Weizen ordentlich unten herausfällt. Das Publikum auf der Rampe folgte den Ausführungen gespannt und applaudierte kräftig nach dieser lehrreichen Demonstration. Für das leibliche Wohl war während des gesamten Nachmittages natürlich bestens gesorgt. Die Vereinsmitglieder verkauften leckere Würstchen und kalte Getränke sowie eine große Auswahl an Kuchen zum Kaffee.
Während der ersten Stunden sorgte Vorstandsmitglied Jochen Frickel am E-Piano für musikalische Unterhaltung. Später am Tag traten die Musikschule Mainspitze sowie ein Seemannschor aus Biebesheim auf. 
Seit nunmehr drei Jahren liegt die historische Schiffsmühle in Ginsheim am Rheinufer und kann dort besichtigt werden.

 

 

 

 

Weitere Artikelbilder:

Durchschnitt: 5 (1 Bewertung)


X