Ehrlich, aber kompromisslos

GALF macht Bürgermeister für das Ende der Koalition verantwortlich

FLÖRSHEIM (noe) – Wie geht es weiter nach der Kommunalwahl? Dieser Frage müssen sich alle Fraktionen nach dem 6. März 2016 stellen. Die Mehrheitsverhältnisse in der Flörsheimer Stadtverordnetenversammlung haben sich geändert: die SPD ist zwar mit einem hauchdünnen Vorsprung stärkste politische Kraft, doch der massive Stimmeneinbruch auf Seiten der GALF beendete – rein rechnerisch – die zwischen beiden Parteien vor dreieinhalb Jahren geschlossene Koalition.

Eine Fortsetzung des parlamentarischen Bündnisses hätte es aber ohnehin nicht gegeben, erklärte GALF-Fraktionsvorsitzende Renate Mohr am Dienstag, 15. März, in einem Pressegespräch. Bereits am Wahlabend hatte sie verkündet, dass für ihre Fraktion eine Koalition mit der SPD nicht mehr infrage kommt; zu diesem Zeitpunkt hielt Bürgermeister Michael Antenbrink noch eine Ampelkoalition für denkbar (wir berichteten). Konfrontiert mit der Absage des bisherigen Koalitionspartners, reagierte Antenbrink verblüfft: die Zusammenarbeit zwischen SPD und GALF sei schließlich gut und der Umgang miteinander stets fair gewesen. Das bestreitet die GALF auch gar nicht. „Die Chemie hat gestimmt“, betonte Peter Kluin (GALF) im Rückblick. Das Verhältnis zwischen den Fraktionen sei vertrauensvoll gewesen, allerdings sei es der GALF nicht gelungen, ihre Kernthemen mit der entsprechenden Gewichtung zu platzieren.

Das Problem, zugleich der Scheidungsgrund, hat einen Namen: Michael Antenbrink. Von ihm fühle man sich „auf den Schlips getreten“, so Kluin: „Die GALF hat bei ihm gar nicht stattgefunden.“ Beispielhaft sei das durchaus gelungene Radwegekonzept, das schon eine ganze Weile vorliege, mit dessen Umsetzung aber noch nicht einmal im Ansatz begonnen worden sei. „Es hätten einige Punkte daraus bereits realisiert werden können“, meinte Kluin. Mit Straßenschildern und Fahrbahnmarkierungen hätte man ein „gutes Signal an die Bevölkerung“ hinsichtlich des Projektfortschrittes geben können. „Aber das Konzept ist auf dem Papier geblieben“, monierte Kluin, der aus der Opposition heraus bessere Möglichkeiten sieht, das Thema „Radwegenetz“ zu forcieren. Außerdem sei seitens des Bürgermeisters nicht transparent genug gearbeitet worden; nicht nur die GALF, auch viele Bürger hätten nicht zu Unrecht das Gefühl, vor vollendete Tatsachen gestellt zu werden und einer unveränderlichen Linie folgen zu müssen. Antenbrink habe, vor allem was Bauprojekte angeht, einen festen Plan vor Augen, von dem er nicht ein Jota abweichen wolle. Allerdings, so räumte die GALF-Fraktionsvorsitzende ein, habe Antenbrink aus seinen Vorhaben auch nie einen Hehl gemacht. Der Bürgermeister, so die Conclusio, ist aus Sicht der GALF zwar in der Sache ehrlich, aber eben auch ziemlich kompromisslos. Michael Antenbrink polarisiert, könnte man sagen.

Damit bekräftigt die GALF den seitens der CDU einst regelmäßig erhobenen – bemerkenswerterweise schon seit längerem nicht mehr zu hörenden – Vorwurf, dass der Bürgermeister nach „Gutsherrenart“ schalte und walte. Daraus ist jedoch keine Annäherung oder gar ein Bündnis zwischen GALF und CDU abzuleiten. Bereits bei der Klausurtagung ihrer Fraktion im November 2015 habe festgestanden, dass es in der neuen Wahlperiode weder eine Koalition mit der SPD noch mit irgendeiner anderen Partei geben werde, betonte Renate Mohr. Den Koalitionspartner informierte man nicht über diese Entscheidung. Trotzdem könne von intransparentem Verhalten nicht die Rede sein, meinte Renate Mohr: „Wenn der Bürgermeister und die SPD die GALF ernst genommen hätten, wäre ihnen das Ende der Koalition schon längst klar gewesen.“ Man habe sich diesbezüglich zunächst auch ganz bewusst nicht an die Öffentlichkeit gewandt, um bis zur Kommunalwahl in Ruhe den Koalitionsvertrag erfüllen zu können und um Irritationen auf Seiten der Wähler zu vermeiden. Die GALF fürchtete also den Verlust von Stimmen, der allerdings, wie der Wahlabend am 6. März zeigte, trotzdem nicht vermieden werden konnte.

Tatendrang statt Verbitterung
Vor fünf Jahren habe der sogenannte „Fukushima-Effekt“ und der Schwung des seinerzeitigen Bürgerentscheids für ein beachtliches Plus an Stimmen gesorgt, mit dem man schließlich bei 25,4 Prozent der Stimmen landen und zehn Sitze im Stadtparlament erringen konnte. Die GALF habe damit gerechnet, bei der Kommunalwahl 2016 schlechter abzuschneiden, so Mohr; allerdings habe man sich eine Landung bei 20 Prozent erhofft – und deutlich verfehlt. Die Politik der schwarz-grünen Landesregierung, gerade hinsichtlich des Flughafens, sei ihrer Fraktion „auf die Füße gefallen“, außerdem seien aus den Flörsheimer GALF-Hochburgen seit der Inbetriebnahme der Landebahn Nordwest viele Stammwähler weggezogen. „Es war eine Protestwahl gegen die GALF“, zog Mohr als Fazit. Die Enttäuschung über die Flughafenpolitik der an der Landesregierung beteiligten Grünen habe die auf kommunaler Ebene geleistete Arbeit der GALF in den Hintergrund gedrängt.

Verbitterung sei in den Reihen ihrer Fraktion aber nicht zu spüren. Im Gegenteil, gerade die „frischgebackenen“ Mandatsträger in den (noch nicht konstituierten) Gremien sprühten vor Energie und Tatendrang. „Ich bin fest überzeugt: wir werden als Opposition wieder Akzente setzen“, sagte Peter Kluin. „Wir fahren besser mit einer eigenständigen Politik.“ Wichtige Ziele der GALF seien weiterhin die Realisierung der Umgehung für Weilbach und die Umsetzung eines Wegekonzeptes für Radfahrer und Fußgänger, außerdem müssten Lösungen für Verkehrsprobleme auf sämtlichen Durchgangsstraßen gefunden werden. Leib- und Magenthema der GALF bleibt das Familienzentrum, das im Rahmen einer „sanften Stadtentwicklung“ realisiert werden soll.

Vor diesem Hintergrund sei ein Parlament mit wechselnden Mehrheiten wünschenswert, da so eine sachorientierte und tatsächlich ergebnisoffene Diskussion gefördert werde. Eine große Koalition zwischen SPD und CDU zeichne sich zwar ab, doch sei dies angesichts der Reibungen zwischen Sozial- und Christdemokraten keine ausgemachte Sache, gab Kluin zu bedenken. Ihre bei der Kommunalwahl erlittenen hohen Verluste spielten der CDU, gerade was die Postenbesetzung angeht, sicherlich nicht in die Karten, so Kluin: „Das wird mit Sicherheit spannend.“

Für die GALF steht indes fest, dass ein Posten von diesen Verhandlungen unberührt bleibt: der 2013 für sechs Jahre in das Amt des Ersten Stadtrates gewählte Sven Heß wolle und werde, auch in seiner Funktion als Kämmerer, seinen Auftrag erfüllen. Zudem habe Bürgermeister Antenbrink nach der Kommunalwahl bestätigt, dass er weiterhin mit ihm „die gute Zusammenarbeit fortsetzen“ wolle.

 

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