Fertigkeiten zeigen – Geheimnisse bewahren

Töpfermarkt am vergangenen Wochenende mit 50 Ausstellern in der Flörsheimer Altstadt

Trotz unbeständigem Wetters war der Flörsheimer Töpfermarkt auch in diesem Jahr wieder gut besucht.    ?(Fotos: A. Kreusch)

 

FLÖRSHEIM (ak) – Ob rustikal oder verspielt, traditionell oder modern, für drinnen oder draußen, praktisch oder dekorativ – auf dem Töpfermarkt der Hessischen Töpfer-Innung in Flörsheim wurde jeder Keramik-Liebhaber fündig. Wie in jedem Jahr präsentierten die Keramiker der Töpfer-Innung dort Altbewährtes neben neuen Ideen und „Gebrauchskeramik“ neben künstlerisch Gestaltetem.

 

In die Flörsheimer Altstadt zog es auch bei nicht ganz so gutem Wetter am dritten Wochenende im September viele Leute hin.Für den Fall der Fälle nahm man einfach einen Schirm mit, die Gänge zwischen den Ständen der Handwerker und Künstler waren ja erfreulicher Weise breit genug, was auch dem Familienausflug mit dem Kinderwagen zugute kam.
Mancher suchte etwas ganz bestimmtes, wie die Tasse mit dem Loch im Boden als praktischer „Marmeladeneinfüller“, mancher entschied sich spontan für etwas, was er schon immer (gar nicht?) braucht, und der eine oder andere freute sich einfach nur am bunten Bild der Stände. 
Mit Sicherheit kam fast jeder Besucher des Töpfermarktes in Flörsheim in Versuchung, sich etwas Gutes zu tun und ein Stück zu kaufen. Welchen Geldbetrag er dabei „anlegen“ mochte, blieb jedem selbst überlassen. Diejenigen, die sich schon immer mal einen Bembel oder ein „Handkäsdippche“ aus blau bemaltem Steinzeug anschaffen wollten, weil es halt so Tradition ist, machten die Entdeckung, dass auch die Moderne nicht vor dem Steinzeug haltmacht. Und diejenigen, die dachten, Keramik tauge nur zur rustikalen oder romantischen Küchenausrüstung, wurden eines Besseren belehrt: Glatt und eckig, in modischen Farben und mit modernen Schriftzügen konnte man sich auf dem Flörsheimer Töpfermarkt sein Geschirr individuell bestücken.
Fertigkeiten zeigen und Geheimnisse bewahren
Während sich auch in diesem Jahr wieder Kinder im Töpfern üben konnten oder ein Töpfermeister seinen Objekten in einem „Mülltonnen-Brennofen“ Farbe und Festigkeit verlieh, blieben einige Techniken von Künstlern bei der Gestaltung ihrer Keramik-Objekte ein Geheimnis. Fragte man etwa Hildegard Dill-Franke danach, wie sie ihre faszinierenden Skulpturen so „blättrig“ werden lässt oder wie die Strukturen darauf entstehen, so bekam man nur ein geheimnisvolles Lächeln und „da orientiere ich mich sehr viel an der Natur und verwende ganz viele verschiedene Techniken“ zur Antwort. Das Töpfer-Handwerk hat sie niemals gelernt, verfügt aber dennoch als Künstlerin über eine 20-jährige Erfahrung mit dem Werkstoff. Dass ihre Kunden das verstehen ist selbstverständlich, denn die Objekte ziehen Menschen an, die einen ganz besonderen Sinn für das tolle Material haben, mit dem sie arbeitet. 
Ausstellung „Verspielt“ und gut besucht
Einen Querschnitt durch das Können und die Möglichkeiten der hessischen Töpfer zeigte zum fünften Mal eine Ausstellung in der Flörsheimer Alten Kirchschule. Dort ermittelte auch in diesem Jahr wieder eine Jury (bestehend aus Bürgermeister Michael Antenbrink, Corinna Albus-Woller, Christa Hoffmann, Manfred Weber und Erich Theis) eine Preisträgerin aus zwölf Keramikern, die das von der Hessischen Töpfer-Innung vorgegebene Ausstellungs-Thema „Verspielt“ besonders gut umgesetzt hatte. Wie schwer das gewesen sein musste, davon konnten sich alle Besucher der Ausstellung am vergangenen Wochenende selbst überzeugen: Es waren wieder sehr erstaunliche Arbeiten zu bewundern!
Ob „Tanzende Hasen“, der Kartenspieler „ohne Titel“ (den ein Besucher aber gleich als den Bürgermeister zu erkennen glaubte) oder ob perfekt ausgestattete Puppenküche mit getöpfertem Mini-Geschirr – alle Arbeiten hatten ihren ganz eigenen, besonderen Reiz. Das schließlich der „zweckfreie Zierrat“ der Unterliederbacherin Christiane Riemann den diesjährigen mit 500 Euro dotierten Preis der Stadt Flörsheim bekam, war sicher eine gute Entscheidung: Die beiden großen, hauchfein gearbeiteten Porzellan-Pokale waren von der auch für die Höchster Porzellanmanufaktur tätigen Keramik-Künstlerin mit zarten Fäden „bestickt“ und mit unzähligen Porzellanknöpfchen „benäht“ worden. Und zeugten damit nicht nur von großem handwerklichem Können, sondern auch von außerordentlichem Einfallsreichtum bei der Umsetzung des Themas.
Den „Publikums-Award“ der diesjährigen Keramik-Ausstellung in Flörsheim hätte aber auf jeden Fall die mit „I’m singing in the rain“ betitelte Spieluhr von Barbara Reiter bekommen, an der kaum ein Ausstellungsbesucher vorbeigehen konnte, ohne sie sich ganz besonders gut zu betrachten. „Das sieht aus wie Leder, ist aber keins“ oder „Kann man wirklich damit spielen?“, konnte man hören, wenn die einem kleinen Zirkuszelt nachempfundene „Keramik-Bühne“ von vielen ganz genau betrachtet und von manchen sogar wirklich „bespielt“ wurde. Auch Ute Endres, die selbst das unsichere Wetter am letzten Wochenende nicht davon abgehalten hatte, mit dem Fahrrad aus Mainz nach Flörsheim zu kommen, konnte sich kaum losreißen: „Da kann man wirklich sogar die Kulissen auswechseln“, freute sich die 73-jährige und war nicht zu bremsen, die Melodie noch einmal anzukurbeln und die kleinen Figürchen anders zu drapieren.

 

 

 

 

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