Flörsheim zu Zeiten der Deutschen Revolution

Historische Führung mit Szenen und Liedern durch die Flörsheimer Altstadt / FAT begeisterte mit Stück „Niemands Knecht, niemands Herr“

FLÖRSHEIM (oh) - Wir schreiben das Jahr 1848. Zu einer Zeit der Kleinstaaterei und des Absolutismus herrscht auch im Flörsheimer Volk Unzufriedenheit.

Seit neun Jahren gibt es zwar schon die Taunuseisenbahn, die die Strecke von Wiesbaden nach Frankfurt und zurück abfährt, doch trotz der wirtschaftlichen Entwicklungen sind die Lebensumstände schlecht: Nach Missernten müssen die rund 2000 Einwohner Flörsheims hungern, haben oftmals ihre ganze Familie zu versorgen und müssen nebenbei noch hart schuften, falls sie denn überhaupt einen Arbeitsplatz haben. So auch Jakob, der Heizer auf der Bahnlinie ist. Obwohl er täglich schwerer körperlicher Arbeit ausgesetzt ist, freut er sich doch darauf. „Dann spürt man den Fahrtwind und mein Mädchen ist in vollem Gange“, schwärmt er, wobei er mit „Mädchen“ seine Maschine meint. Seine Freunde, denen es nicht besser geht, machen sich über ihn lustig. Er habe ja gar keine Ahnung, wie das Leben wirklich ist. Jakob jedoch weiß es besser, denn zum Leben gehört auch, sich zu verlieben. Die schöne Katharina, eine Bademagd, hat es ihm sehr angetan. Mit ihr möchte er seine Zukunft verbringen, doch eine Heirat ist sowieso ausgeschlossen, denn heiraten darf nur, wer auch Besitztümer hat.

Es ist eine Zeit der Aufstände. Länger halten die Bürger die Gesellschaftsteilung nicht mehr aus. Die Herren oben, der Pöbel unten – so kann das nicht weitergehen. Und die eingeschränkten Menschenrechte, die eigentlich unveräußerlich sein sollten. Sie wollen nicht länger jammern, vor allem, weil sämtliche Freiheiten eingeschränkt sind und dazu noch Zensur herrscht. Es muss endlich etwas geschehen, finden die Revolutionäre und stimmen ein Kampflied an, während sie Städte wie Frankfurt stürmen.

„Für ein einig Vaterland und weniger Abgaben! Für Freiheit, Gerechtigkeit und gegen das Kaisertum!“, rufen sie und ziehen in die Schlacht. Allerdings ohne Erfolg, denn die sogenannte „Bürgerwehr“ wird sogleich niedergeschlagen. Für die Flörsheimer dennoch kein Grund, aufzugeben. Schließlich geht es um die Zukunft ganz Deutschlands! Das verkünden auch die Flugblätter der Mainzer Demokraten trotz eingeschränkter Pressefreiheit, die von dem Aufbruch in eine neue Zeit sprechen. „Die Revolution hat Deutschland erreicht und die Stimme des Volkes ist laut. Der Funke ist auf Flörsheim übergesprungen!“, liest Katharinas Freundin Sophie vor.

Doch nicht nur das einfache Volk ist unzufrieden. Auch die Unternehmer, die angesichts der aus England kommenden wirtschaftlichen Fortschritte eigentlich glücklich und zufrieden sein müssten. Webmaschinen werden mit Dampf betrieben, und die Eisenbahnen schaffen 30 Meilen pro Stunde; die Waren werden schneller transportiert. Sie sind es aber nicht. Denn auch für sie gilt: Weder Gedanken- und Meinungsfreiheit noch Gewerbe-, Kapitals- und Handelsfreiheit, da man an jeder Grenze seit der Gründung des deutschen Zollvereins 1834 blechen muss. So kann man es natürlich auch sehen. Selbst die Adligen wünschen sich eine bessere, gerechtere Welt, die vor allem eines ermöglicht: Freien Handel, auch mit dem Ausland. Gewiss sollen diese Ziele aber keineswegs gewaltsam erreicht werden. Die Unternehmer wollen eine friedliche Revolution, die Sicherheit und Ordnung gewährleistet und besonders eines ist: vernünftig. Denn auch eine Revolution braucht Ordnung.

Anderer Meinung sind da die Revolutionäre sowie die radikalen Sozialisten, die von der Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche maßlos enttäuscht sind. Die Volkssouveränität ist noch weit entfernt. Deshalb sehen sie nur einen Weg: Protestieren. Oder eben den anderen: Ab nach Amerika, den Traum verwirklichen. Die wirtschaftliche Not und die Sehnsucht nach Freiheit treiben einige Flörsheimer in das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Nichtsdestotrotz bleibt die soziale Frage ungelöst.

Zum Glück war das alles damals. Heutzutage leben wir in einer Demokratie und Menschenrechte sind selbstverständlich. Dass das nicht immer so war, zeigte die etwas andere Stadtführung unter dem Motto „Geschichte vor Ort“. Das Außergewöhnliche: Die Führung durch die Flörsheimer Innenstadt war mit kleinen Sequenzen und Liedern geschmückt und verschlug einen in das Jahr der Märzrevolution.

Am Samstagnachmittag trafen sich rund siebzig Menschen, um Flörsheim, wie sie es kennen und auch gewohnt sind, mal von einer anderen Seite kennenzulernen. Denn wer weiß schon ganz genau, was damals im eigenen Ort geschah?

Nicht viele, doch da konnte Hans-Dieter Darmstadt aushelfen, der als Stadtführer die wissensdurstige Menge durch Alt-Flörsheim führte, hier und da mal hielt, um etwas aus vergangenen Tagen zu erzählen, als hätte er sie selbst erlebt. Und um den Unterhaltungswert zu steigern und die prekäre Situation aller Stände zu verdeutlichen, unterstützte ihn das Flörsheimer Amateurtheater (FAT) mit ihrem Stück „Niemands Knecht, niemands Herr“.

Darmstadt beschrieb während der historischen Stadtführung die Umstände, unter denen damals die Flörsheimer leben mussten. Nicht mehr zu Kurmainz gehörend und mit dem Ausland vor der Tür (Raunheim und Rüsselsheim) war die politische Lage auch hier am Main instabil. Dennoch herrschte reger Handel am Main, weshalb in den lokalen Gaststätten auch oft Geschäfte gemacht wurden. Der Main tendierte auch schon früher dazu, öfter mal über die Ufer zu treten, also baute man die Sockel der Häuser recht hoch. Generell waren die Häuser der wohlhabenderen Menschen mit Ornamenten und dem seltenen Eichenholz geschmückt. Der Stadtführer konnte zu jedem Haus etwas erzählen und die Führung hätte wohl auch noch etwas länger gedauert, wenn das Wetter nicht einen Strich durch die Rechnung gemacht hätte. Erst wurde es kalt und stürmisch, schließlich setzte der Regen ein, weswegen die Führung kurzerhand in den Flörsheimer Keller verlegt wurde.

Trotzdem ließen sich die Schauspieler nicht beirren und beendeten das Stück mit Bravour, das Publikum war begeistert und lobte die Kreativität. Der Nachmittag verging wie im Fluge, man hatte auch noch etwas über den eigenen Ort erfahren und es war noch nicht einmal langweilig, ganz im Gegenteil: Besser hätte man die historische Stadtführung nicht organisieren können. Seit nunmehr vier Jahren finden diese statt und wer immer noch nicht überzeugt ist, für den lohnt es wirklich, einmal teilzunehmen. Natürlich sind auch alle anderen eingeladen, nächstes Mal wieder in eine fremde und doch so nahe Zeit einzutauchen.

Künstler Kurt Wörsdörfer in Galerie G4

FLÖRSHEIM (pm) - Der Flörsheimer Künstler Kurt Wörsdörfer wurde von der renommierten tschechischen Galerie G4 (Cheb) zum Kunst-Festival „CHEBSKÉ DVORKY 2011“ erneut eingeladen. Das Festival findet vom 8. bis 11. Juni 2011 in der gesamten historischen Altstadt von Cheb (Eger) statt.

Die Galerie G4 wurde 1985 gegründet und befindet sich im historischen Zentrum von Cheb. Die Galerie G4 ist die größte, ständige fotografische Galerie und gleichzeitig die älteste in der Tschechischen Republik.

Zu sehen sind bei dem Festival alle Bereiche der Bildenden Kunst.

Das Festival findet mittlerweile zum neunten Mal statt. Eingeladen wurden 150 Künstler und Künstlerinnen aus ganz Europa.

Kurt Wörsdörfer wird dort eine Auswahl seiner großformatigen digitalen Arbeiten auf Leinwand präsentieren.  (Foto: Wörsdörfer)

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