Krieg gegen Flora und Fauna

Als ich Herrn Antenbrink kürzlich vor der Stadthalle sah, hatte ich das spontane Bedürfnis, mich an die umliegenden Bäume zu ketten, um sie vor seinem Zugriff zu bewahren. Schon lange entsetzt mich, wie gnadenlos er Bäume abholzen lässt!

Zwei Drittel aller Lebewesen der Erde nehmen bereits wir Menschen ein, das verbleibende Drittel wird fast ausschließlich von unseren Nutztieren besetzt, damit wir bloß nicht auf unser täglich Fleisch und Wurst verzichten müssen. Die Wildtiere (alle zusammengenommen!) nehmen gerade mal noch fünf Prozent aller Lebewesen auf diesem Planeten ein. Sie versuchen, in den wenigen Nischen, die wir ihnen überhaupt noch lassen, zu überleben. Oft vergebens, unter anderem, weil wir nicht davor Halt machen, Bäume zu fällen, die uns aus unterschiedlichen Gründen im Weg sind: sie verlieren Laub oder Nadeln, sie nehmen im Garten etwas vom Sonnenlicht weg, sie tragen hochgewachsen nicht mehr genug Früchte, sie richten – objektiv betrachtet – nicht mal einen kleinen Bruchteil des Schadens an, den die Menschen auf ihrer Sündenliste haben.

Immer mehr Gärten werden mit kleinen und großen Steinen bestückt, das macht wenigstens keine Arbeit. In alberne Formen gestutzte Büsche und Sträucher gefallen dem menschlichen Auge besser als natürlicher Wildwuchs. Wen kümmert es, dass sie Vögeln wegen ihres dichten Wuchses und gleichmäßiger Oberfläche nicht mehr als Unterschlupf dienen?! Palmen und Araukarien im Vorgarten zeigen: hier wohnt jemand Besonderes. Gewöhnliche Ebereschen, von denen sich Vögel in der kälteren Jahreszeit ernähren könnten, kann ja jeder haben (hat nur fast niemand mehr!).

Gifte verteilen wir gerne in unseren Gärten; Kampf den Insekten, wen interessiert schon, dass Igel und Vögel sie zum Überleben brauchen (selbst Körnerfresser unter den Vögeln benötigen sie zur Aufzucht der Jungvögel). Jede freie Fläche im Garten wird entweder versiegelt oder dicht mit Blumen in Reih und Glied bepflanzt. Dass sandige Stellen auch einen Sinn im ökologischen Lebensraum besitzen (Haussperlinge benötigen meines Wissens beispielsweise Sandbäder), interessiert uns doch nicht! Stauden werden schon im Herbst statt im Frühjahr zurückgeschnitten und bieten so Insekten keinen Unterschlupf zum Überwintern mehr. Alles muss ordentlich und aufgeräumt und abgedichtet sein, es gibt kaum noch Überwinterungsmöglichkeiten für beispielsweise Tagpfauenauge, Aufzuchtnischen für die Solitärbiene oder den Mauersegler und, und, und ...

Wo wir nur können, zerstören wir den ohnehin noch kümmerlichen Lebensraum der Wildtiere. Auch in Flörsheim. Das beobachte ich rundherum in der Nachbarschaft. Und unser Bürgermeister geht mit gutem Beispiel voran.

Ein Mann, dem ich vor wenigen Jahren bei einem Spaziergang im Feld begegnete, sagte mir, Herr Antenbrink stamme aus der Bauwirtschaft und pflege Kontakte dorthin; deswegen werde er eifrig immer weiter Bauaufträge vergeben. Ich weiß nicht, ob das stimmt, werde aber mit Blick in die Flörsheimer Zeitung stets aufs Neue an dieses Gespräch im Feld erinnert.

Allerdings scheinen mir die vermeintlichen Kontakte in die Bauwirtschaft zwar als hinlängliche, jedoch nicht ausreichende Erklärung für den Bau-Eifer des Herrn Antenbrink. Manchmal meine ich, unser Bürgermeister führt einen persönlichen Krieg gegen Flora und Fauna. Vom Grashalm bis zum jahrzehntelang gewachsenen Baum, es wird immer mehr davon in der Gemeinde Flörsheim vernichtet und (Um-)Bauvorhaben geopfert.

Michaela Giebelhausen, Flörsheim

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