Festempfang in der Wickerer Straßenmühle

Abschluss der Feierlichkeiten zur 700-Jahr-Feier des heutigen Domizils des Weinguts Flick – Party mit Livemusik im Anschluss

Karl Heinz Schenk (links im Vordergrund) erzählte ausführlich über die Geschichte der Straßenmühle und lieferte kleine Anekdoten aus der Wickerer Vergangenheit.
(Fotos: gib)

WICKER (gib) – Zum Abschluss der großen 700-Jahr-Feier, die sich bei herrlichstem Wetter über das gesamte Wochenende vom 10. bis 13. August hinzog, waren am Montagnachmittag zahlreiche Ehrengäste der Einladung zum großen Festempfang in die Wickerer Straßenmühle gefolgt.

Im wunderschön gestalteten Saal über der Vinothek begrüßte Reiner Flick seine Gäste. Der 15. August ist der Tag der Ersterwähnung der Wickerer Straßenmühle in alten Dokumenten. Es ist lange Zeit her, dass sich hier ein Mühlrad gedreht hat. Bereits 1929 wurde der Mühlenbetrieb eingestellt und das eigentliche Mühlengebäude steht schon lange nicht mehr.

Reiner Flick, der ein Faible für alte Bausubstanz hat, war gerade mal 28 Jahre alt, als er die Vision hatte, ein großes Weingut aufzubauen. „Auf dem Hof der Eltern, mitten in Wicker, sah ich längst keine Perspektive mehr. Auch wenn mich damals alle für bekloppt hielten und mich davon abzuhalten versuchten, so gab es dennoch Einzelne, die damals an meine Vision glaubten: Ich danke vor allem Siegfried Wolf, meinem damaligen Steuerberater, Flörsheims Altbürgermeister Dieter Wolf, Leo Fercher, dem damaligen Leiter des Liegenschaftsamtes, Wolfgang Knoll von der GFKW und dem damaligen Ersten Kreisbeigeordneten Gerd Mehler. Sie waren es, die an meine Vision vom großen Weingut geglaubt und mich in meiner abenteuerlichen Idee unterstützt haben“, so Reiner Flick in seiner Begrüßungsrede, „aber es gehört trotzdem eine große Portion Glück dazu und ich habe wohl immer Glück gehabt.“ Er dankte ausdrücklich Karl Heinz Schenk, Susanne Ruitenberg und allen, die bei der Erstellung der Chronik der Straßenmühle mitgewirkt haben und selbstverständlich seiner Familie für deren Einsatz und Unterstützung.

Als die Kreisfeuerwehr auf dem 1994 erworbenen Gelände der Straßenmühle eine Übung durchführte, wurde das Ausmaß des katastrophalen Zustandes der Straßenmühle für alle Beteiligten mehr als deutlich. „Doch das Rad hat sich gedreht und es dreht sich immer weiter.“

Heute entspricht das gesamte Anwesen nach mühevollen, arbeitsreichen Jahren baulich den Vorgaben aus alter Zeit. Neue Gestaltungselemente stehen harmonisch im Einklang mit altem Bauwerk. Als wäre es schon immer so gewesen. „Es ist noch nicht zu Ende, ein Leben reicht dafür vermutlich nicht aus“, so Flick, „gerade deshalb sollte man immer im Auge behalten, dass es auch ein Leben neben dem Weingut gibt.“ Doch die Weichen für die Zukunft stehen gut. Flicks jüngste Tochter hat bereits eine Ausbildung im Weinbau mit Erfolg absolviert und ist stets mit Herzblut bei der Sache. Heute ist das Weingut Flick eines der führenden Erzeuger im Rheingau, vielfach im In- und Ausland ausgezeichnet und prämiert. Das bezeugt unter anderem eine Karikatur als Präsent zur 700-Jahr-Feier, darauf Königin Victoria im Weinberg thronend, mit erhobenem Weinglas und dem Zitat: „A good Flick keeps off the doc“ – ein guter Flick hält den Doktor fern. Reiner Flicks Weitblick hat sich ausgezahlt.

Die Chronik der Straßenmühle
Rückwärts in die Vergangenheit führte Karl Heinz Schenk in seinem ausführlichen Vortrag über die interessante Geschichte der Eigentümer und Müller der Straßenmühle. Er gedachte zuerst seinem verstorbenen Altersgenossen Joachim Flick, der damals zusammen mit seiner Ehefrau Waltraud eine Straußwirtschaft in Wicker führte. „Es gab dort immer legendäre Steaks“, so Schenk, in Erinnerungen schwelgend.

Schon in der Vorbereitung zur Wickerer 1100-Jahr-Feier ergab sich die Idee, dass jemand eine Orts-Chronik erstellen solle. „Dann mach ich’s halt – und damit hatte ich den Job“, erinnert sich Karl Heinz Schenk amüsiert. Ein Jahr der Recherchearbeit folgte. Mittlerweile hat er in der Heimatforschung solchen Ehrgeiz entwickelt, dass aus seinen Vorlagen sowohl das Wickerer Weinerlebnisbuch als auch die mehrseitige Broschüre über die Geschichte der Straßenmühle herausgegeben werden konnten. „Doch da geht noch was“, stellte er fest, mit dem Ergebnis, dass er zur 700-Jahr-Feier der Straßenmühle nun auch die Geschichte des Wickerer Nonnberges an Reiner Flick überreichen konnte und ihn damit sichtlich überraschte. Der Wickerer Nonnberg mit seiner bewegten Geschichte und grandiosen Weinen gehört ebenso zum Weingut wie der weltberühmte Hochheimer Victoriaberg, dessen Weine noch heute von der königlichen Familie Großbritanniens genossen werden.

„Vieles finde ich im Hessischen Staatsarchiv. Dort muss man sogar weiße Handschuhe tragen, um die alten Bücher und Dokumente nicht zu beschädigen. Dort ist es immer staubig, also muss man viel Wein trinken“, verrät Karl Heinz Schenk mit einem Augenzwinkern. 
Im 12. Jahrhundert gehörte Wicker zum Herrschaftsbereich der Herren von Eppstein. Der erste schriftliche Hinweis auf eine Mühle am Wickerbach findet sich in einem Dokument von 1318. Es folgten im Laufe der Jahrhunderte Teilungen, Pfändungen, Plünderungen und Zerstörungen und Streitereien über die Wasserrechte mit den Delkenheimern und Massenheimern. 1752 ergeht ein Mahlbann für den Ort Massenheim, in dem den Bauern bei Strafe auferlegt wird, ausschließlich in Wicker mahlen zu lassen. 1813 wird die Straßenmühle von Franzosen, Kosaken und österreichischen Dragonern heimgesucht. 1866 ist die Ära der Erbleihmühle beendet. 1897 ist die Straßenmühle bis auf die Grundmauern abgebrannt. Wechselnde Eigentümer betreiben in den Folgejahren Landwirtschaft und Viehzucht. 1994 ist das Anwesen vollkommen verwahrlost und gleicht einem Truppenübungsplatz. Umfangreiche Sanierungs- und Restaurierungsarbeiten weckten die alte Mühle aus ihrem Dornröschenschlaf und machen das Anwesen zu dem, was es heute ist.

Nach all den geschichtlichen Episoden konnte man die abendliche Geburtstagsfeier in herrlicher Natur genießen, die kulinarischen Köstlichkeiten und die verschiedenen Weine nach Herzenslust probieren. Auf der Bühne bereitete sich derweil die Cover-Band „Mr. Friendly“ auf ihren musikalischen Auftritt vor. Beginnend um 19 Uhr sorgten sie mit Rock- und Pop-Ohrwürmern aus den Charts der 70er-, 80er- und 90er-Jahre und ausgewählten aktuellen Titeln für abendfüllende Unterhaltung. Die dunkle Regenwolke mit ein paar dicken Tropfen verzog sich recht bald. Flick hat eben Glück – auch bei der 700-Jahr-Feier der Wickerer Straßenmühle. 

 

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