„Dom des Maingaus“

Jesus Christus im Fundament: Festgottesdienst in St. Martinus zum 100. Kirchweihjubiläum / Weihbischof sieht Aufbruchsstimmung

Ein Begleiter von Bischof Dec, Pfarrverwalter Sascha Jung, Diözesanbischof Ignacy Dec, Weihbischof Dr. Thomas Löhr, Pfarrer Franz Lomberg, Pater Ives Trocheris und Pfarrer Hans Hauck zelebrierten gemeinsam das Pontifikalamt.
(Fotos: A. Kreusch)

HATTERSHEIM (ak) – Mit einem festlichen Pontifikalamt in spürbar herzlicher Atmosphäre feierte die Hattersheimer Pfarrgemeinde St. Martinus am Sonntag, 30. August, das 100. Kirchweihjubiläum ihres „Doms des Maingaus“. Der Gottesdienst wurde zelebriert von Weihbischof Dr. Thomas Löhr aus Limburg, von Diözesanbischof Ignacy Dec aus Swidnica in Polen, von den ehemaligen Hattersheimer Pfarrern Hans Hauck und Franz Lomberg, vom ehemaligen priesterlichen Mitarbeiter Pater Ives Trocheris und von Pfarrverwalter Sascha Jung aus Flörsheim. Auch die Pastoralreferentin Juliane Schaad nahm an der Zeremonie teil. Eine „vereinigte Messdienerschar“ aus allen drei Kirchorten – Hattersheim, Okriftel und Eddersheim – der Pfarrgemeinde symbolisierte den Zusammenhalt der gesamten Gemeinde.

Weihbischof Löhr eröffnete die Liturgie mit einem frohen Dank für das wunderbare Sommerwetter, das dazu beitrug, den Festtag zu einem strahlenden Ereignis zu machen. „Das ist ein Tag, an dem wir feiern, weil wir dankbar sind. Danken ist eine intensive Form des Lebens – vor allem danken wir Gott“, erklärte er, bevor er sich auch bei Diözesanbischof Dec dafür bedankte, dass er ihm die Gottesdienstleitung überlassen hatte. „Das ist ein Zeichen für seine Bescheidenheit“, hob Löhr hervor.
Einer Lesung aus dem Buch Ezechiel schloss sich die Lesung aus dem 1. Brief des Apostels Petrus an, dem die Gemeinde St. Martinus das Thema des Festgottesdienstes entnommen hatte: „Lasst Euch als lebendige Steine zu einem geistigen Haus aufbauen.“ Weihbischof Dr. Thomas Löhr begann seine Predigt mit einem „von Herzen kommenden Glückwunsch“ an die Gemeinde St. Martinus. Er erinnerte sich an seinen ersten Besuch in der Kirche, bei dem er meinte, in einen Dom zu kommen. „Nachdem ich erfahren hatte, dass tatsächlich ein Dombaumeister diesen 'Dom des Maingaus' geplant hat, konnte ich meinen Eindruck aber verstehen“, resümierte er. „Was wir bauen, baut auf dem auf, was ein anderer vor uns getan hat – das Ganze ist ein Geschenk von Gott“, mahnte er.
Zurückdenkend an das Jahr 1915 rief er ins Gedächtnis, dass damals die Freude über den neuen Kirchenbau von den Nachrichten über im Ersten Weltkrieg gefallene Soldaten überschattet wurde. Auch beim 25-jährigen Kirchweihjubiläum konnte die Gemeinde keineswegs ungetrübt feiern. „Damals war das Kirchenleben weitgehend unterdrückt und in die Sakralbauten verbannt“, erinnerte der Weihbischof. „Erst als das 50. Jubiläum von St. Martinus gefeiert wurde, gab es in der Kirche wieder Hoffnung auf die Zukunft – das Zweite Vatikanische Konzil stand vor seinem Abschluss. Hier in Hattersheim hatte das allerdings die Trennung der Gemeinde zur Folge – dennoch ist heute hier der Zusammenhalt zu spüren und die Gemeinde St. Martinus atmet den Geist des Konzils.“

Zwei Herausforderungen
Für die Zukunft sieht der Weihbischof zwei Herausforderungen auf die Kirche zukommen: „Eine Flüchtlingswelle mit traumatisierten Menschen kommt in dieser Zeit zu uns ins Land – wie bewähren wir uns als Christen? Sicher auch mit einem guten ökumenischen Zusammenhalt, wie er sich ja schon im Alltag bewährt“, meinte Löhr in seiner Predigt am letzten Sonntag. Zur Kennzeichnung der zweiten Herausforderung, die er sieht, stellte er eine Frage in den Kirchenraum: „Wie sehen in Zukunft unsere Gemeinden aus?“ Dass die Hattersheimer in dieser Beziehung schon ein Zeichen gesetzt haben, indem sie sich bereit erklärten, die Gemeinden der drei Stadtteile zu einer Pfarrgemeinde zusammenzufassen, wusste er dabei sehr zu würdigen: „Solche Aufbruchsstimmung braucht die Kirche jetzt!“

„Auf einem guten Weg“
Für einen Ausblick auf die weitere Entwicklung nahm er das Thema des Gottesdienstes auf: „Die Steine von Kirchen wurden aufeinander geschichtet, sie konnten sich nicht dazu äußern – bei 'lebendigen Steinen' ist das ganz anders. Sie können kommunizieren und eine einvernehmliche Zukunftslösung finden, sie haben Jesus Christus in ihrem Fundament. Beratung ist im Bistum Limburg konstitutiv für die Entwicklung. Darauf können sie sich verlassen“, versprach Weihbischof Löhr. „'Lebendige Steine' zählen mehr als die Steine der Gebäude. Worauf es ankommt, sind die 'lebendigen Steine', denn die gehören zum Eckstein Jesus Christus.“
Die Kirche St. Martinus im Inneren genau betrachtend hob Weihbischof Löhr hervor, dass sie ganz histologisch – vom Eingang bis zu ihrer Apsis – auf Jesus Christus hin konzipiert ist. Der zwischen den beiden Weltkriegen entstandenen Herz-Jesu-Altar stellt ein besonderes Symbol der Friedenssehnsucht nicht nur für ihn dar. „Ein Rückblick auf die 100 Jahre der Gemeinde in dieser Kirche machen deutlich, dass die Gemeinde auf einem guten Weg ist. Der Auftrag gilt auch für die Gemeinde: ihr seid ein auserwähltes Volk, damit ihr die großen Taten verkündet. Der Heilige St. Martin ist ein Vorbild und ein Vorsprecher dafür, die Heilige Botschaft zuallererst den Armen zu überbringen“, schloss der Weihbischof seine Predigt.
Pfarrer Jung dankte dem Weihbischof, dass er trotz seines auf den gleichen Tag fallenden sechsjährigen Bischofjubiläums nach Hattersheim gekommen war. Dieser erwiderte den Dank mit herzlichen Worten: „Wie könnte ich schöner feiern als mit einer Gemeinde, die 100 Jahre ihrer Geschichte feiert?“

Wunderbar begleitet
Nach den Fürbitten wandte sich auch der nur für diesen Sonntag extra aus seiner Heimat eingeflogene Bischof Dec, der zwischen dem Ende der 80er Jahre bis 2004 zu zahlreichen Urlaubsvertretungen in Hattersheim war, mit herzlichen Worten an die Gemeinde. „Es ist mir eine große Ehre, bei diesem Jubiläum alle herzlich begrüßen zu dürfen! Es macht mir große Freude, das Abendmahl mit der Hattersheimer Gemeinde heute hier zelebrieren zu dürfen. Ich habe hier viel Gutes erfahren und viele gute Menschen getroffen“, freute sich Ignacy Dec.
Der Gottesdienst wurde musikalisch vom Gesang des Kirchenchores von St. Martinus und von seinem Dirigenten Jens Uwe Schunck wunderbar begleitet – und sicher war es nicht nur die hervorragende Akustik von St. Martinus, sondern vor allem die musikalische Leistung, die Pfarrer Sascha Jung am Ende des Festgottesdienste dazu veranlasste, dafür noch einmal ganz besonders zu danken. Unter großem Beifall aller Besucher der Hochamtes, darunter Bürgermeisterin Köster, Vertreter des Hattersheimer Magistrats und des Main-Taunus-Kreises, verlieh er dem Chor des „Doms des Maingaus“ kurzerhand und passenderweise das Prädikat „Domchor“.

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