Eine Frage der Akzeptanz

Sparprogramm: Startschuss für die Bürgerwerkstätten – Diskussionen in vier Arbeitsgruppen

HATTERSHEIM (noe) – Es muss gespart werden. Das war wohl jedem der 60 Besucher der ersten Bürgerwerkstatt, die am 31. Juli in der Stadthalle stattfand, klar. Nicht umsonst lautete der Themenschwerpunkt der Veranstaltung „Ausgaben einsparen“. In möglichst vielen Bereichen müssen möglichst viele Ausgaben gesenkt werden. Und das bei einem möglichst breiten Konsens möglichst verträglich. Ohne es überreizen zu wollen: ist das auch möglich?

 

Bürgermeisterin Antje Köster eröffnete die erste Bürgerwerkstatt, indem sie kurz die Möglichkeiten und die Konsequenzen, die sich aus der Inanspruchnahme des Kommunalen Schutzschirms Hessen für Hattersheim ergeben werden, schilderte. So wird sich mit Hilfe des Landes zwar die Schuldenlast Hattersheims um 21,1 Millionen Euro reduzieren; um aber, wie vom Land gefordert, bis 2020 einen Haushaltsausgleich erreichen zu können, müssen, so Köster, „schmerzhafte Einschränkungen des städtischen Leistungsangebots“ erfolgen. Als Ziel ist die mittelfristige Verbesserung des ordentlichen Ergebnisses um fünf Millionen Euro vorgegeben. „Das bedeutet, dass wir nur mit massiven Ergebnisverbesserungsmaßnahmen auf der Ausgaben- und Einnahmenseite diese Größenordnung erzielen können“, sagte Köster. Im Anschluss stellte sie die einzelnen Bürgerwerkstätten vor, denen die im Internetforum veröffentlichten und von der Verwaltung kommentierten Beiträge der Bürger als Diskussionsgrundlage dienen sollen. „Ich bedaure, dass es in unserem Internetforum zahlreiche anonyme Beiträge gegeben hat. Es braucht niemand Angst zu haben, wenn er Fragen stellt oder Vorschläge macht. Alles ist willkommen, nichts ist dumm, und es gibt keine Denk-, geschweige denn Redeverbote“, betonte die Bürgermeisterin, die sich zum Abschluss ihrer Ausführungen einen sach?orientierten und respektvollen Verlauf der Diskussion wünschte. 
In vier Arbeitsgruppen konnten die Bürger je nach Interessenslage ihre Ideen und Vorschläge vorbringen, die ihrer Meinung nach die städtischen Ausgaben senken und so den Haushalt entlasten könnten. Die Anregungen wurden nach ihrer Diskussion (Erläuterungen/Klärungsbedarf, Folgen/Auswirkungen und Alternativen) zur „Abstimmung“ freigegeben. Die Handzeichen dienten jedoch keiner Entscheidungsfindung, diese bleibt selbstverständlich der Stadtverordnetenversammlung vorbehalten, sie sollten stattdessen den Grad der Akzeptanz der anwesenden Bürger abbilden. Vertreter des Stadtparlaments, des Magistrats und der Parteien nahmen als interessierte Zuhörer an dem Treffen teil. Fachleute der Stadtverwaltung beantworteten Fragen und standen für Informationen zur Verfügung.
In der ersten Arbeitsgruppe wurden die Bereiche Stadtentwicklung, Finanzen, Verwaltung und öffentliche Gebäude in Augenschein genommen. Eine Vielzahl von Punkten standen auf dem Programm. So sprach sich unter anderem rund die Hälfte der Anwesenden für eine Reduzierung der Kosten der Schwarzbachbrücke aus, eine deutliche Mehrheit wollte hingegen die Stadthalle in privater Hand sehen. Des Weiteren lehnten die meisten der Anwesenden eine Platzgestaltung vor der Sparkasse ab, da der städtische Anteil mit 45 Prozent der Kosten zu hoch sei. Die Arbeitsgruppe bezweifelte die Notwendigkeit eines solchen Vorhabens. Wie zu erwarten war, sprach sich eine denkbar deutliche Mehrheit mit fünfzehn Fürstimmen gegen den Vorschlag aus, das Schwimmbad zu schließen. Der Vorschlag, eine langfristige Strategie mithilfe einer Intensivierung der kommunalen Zusammenarbeit zu entwickeln, wurde hingegen ohne Gegenstimme von den Anwesenden begrüßt. Warum sollte man auch nicht die Ideen und Erfahrungen anderer Kommunen nutzen?
Die zweite Arbeitsgruppe beschäftigte sich mit den Themen Umwelt, Verkehr und Sicherheit. Auch hier wurde über ein ganzes Bündel an Vorschlägen diskutiert. Besonders klar gestaltete sich der Grad der Akzeptanz bei den Vorschlägen „Reduzierung der Straßenbeleuchtung“ (acht Fürstimmen, eine Gegenstimme) und „Einsatz der Hipos reduzieren“ (eine Fürstimme, acht Gegenstimmen).
In der dritten Arbeitsgruppe wurden mögliche Einsparungen bei den Posten Kinder, Jugend, Senioren und Soziales thematisiert. Auf wenig Gegenliebe stieß der Vorschlag, einige Kindergärten bereits mittags zu schließen, um die Kosten für die Nachmittagsbetreuung zu senken. Überhaupt wurde klar: die politischen Entscheidungsträger müssen, sofern sie den mit über 10 Millionen immerhin zweitgrößten Posten des Haushalts zu kürzen beabsichtigen, mit heftigen Reaktionen etwa der betroffenen Eltern rechnen.
Die vierte Arbeitsgruppe schließlich nahm die Bereiche Freizeit, Kultur, Sport und Vereine unter die Lupe. Im Vorfeld einigten sich die Anwesenden mehrheitlich darauf, keine Abfrage der Akzeptanz durchzuführen. Unter anderem ging es um den Vorschlag, das Vorhaben „Stadtmuseum“ auf Eis zu legen. Es stand hierbei die Frage im Raum, wieviel das Projekt bereits gekostet hat beziehungsweise zur Zeit kostet. Beantwortet werden konnte hingegen die Frage, wieviel im Haushalt 2012 für das Arbeitsgruppenfeld Freizeit, Kultur, Sport und Vereine ausgegeben werden soll: die Bezuschussung wird sich auf 1,5 Millionen Euro belaufen.
Die Ergebnisse aus der ersten Bürgerwerkstatt sind als Fotodokumentation auf der Homepage www.hattersheim-schutzschirm.de veröffentlicht. 
Im Laufe der nächsten Tage kann auch das Protokoll der ersten Veranstaltung dort abgerufen werden.
Am Dienstag, 14. August, findet die zweite Arbeitsrunde mit dem Schwerpunkt „Ausgaben einsparen – Freiwillige Leistungen“ statt. Die dritte Bürgerwerkstatt zum Thema „Einnahmen erzielen“ wird dann am Dienstag, 28. August, durchgeführt. Alle Treffen beginnen um 19.30 Uhr in der Stadthalle am Karl-Eckel-Weg. 
Am Dienstag, 11. September, schließlich findet um 19.30 Uhr in der Stadthalle eine Plenumssitzung statt, in der die Ergebnisse der Bürgerwerkstätten erörtert werden. In einer Bürgerversammlung am 14. November, ebenfalls um 19.30 Uhr in der Stadthalle, werden dann die Möglichkeiten und Entscheidungen zur Haushaltskonsolidierung vorgestellt und diskutiert. Der endgültige Beschluss über die Teilnahme am Kommunalen Schutzschirm wird in der Dezembersitzung der Stadtverordnetenversammlung am 13. Dezember um 20 Uhr in der Stadthalle erfolgen.
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