Haushaltsrede mit Narrhalla-Marsch

Stadtverordnetenversammlung: Bürgermeister Klaus Schindling präsentierte den Haushaltsplan 2022

Bürgermeister Klaus Schindling stellte am vergangenen Donnerstagabend den Haushaltsplan 2022 vor.

Wenn eine Stadtverordnetenversammlung ausgerechnet an einem 11.11. stattfindet und der Rathausschef ein leidenschaftlicher Fassenachter ist, dann kann es schon mal passieren, dass während einer Parlamentssitzung plötzlich der Narrhalla-Marsch aus den Lautsprechern erklingt. So geschehen am vergangenen Donnerstag in der Städtischen Sporthalle am Karl-Eckel-Weg, als Bürgermeister Klaus Schindling zur Einbringung des Haushalts 2022 zum Rednerpult schritt, das für wenige Minuten zur Bütt mutierte: Mit "Helau Ihr Narren, Ihr Narrhalesen - der Haushalt wird sogleich verlesen" verfiel Schindling in ein karnevalstypisches Versmaß und reimte so eine Kurzfassung seiner ausführlichen Haushaltsrede, die er im Anschluß etwa 75 Minuten lang halten sollte.

Sicherheitshalber bat der Bürgermeister die Stadtverordneten darum, seinen karnevalistischen Einstieg nicht als Verunglimpfung des Parlamentes oder des Haushaltes zu werten. Schindling räumte ein, dass es ihn schon sehr schmerzt verkünden zu müssen, dass die Fassenacht auch 2022 in Hattersheim wieder weitestgehend ausfallen wird: Mit Ausnahme einiger Damensitzungen wird es keine Saalfassenacht geben, und auch der Fassenachtsumzug wird aller Voraussicht nach erneut ausfallen.

Schindling stellte fest, dass die letzten Monate für die Verwaltung eine äußerst intensive und arbeitsreiche Zeit waren. Nicht ohne Stolz berichtete er, dass das Hattersheimer Rathaus das einzige seiner Art im Main-Taunus-Kreis war, das seit Pandemiebeginn durchgängig für alle Bürgerinnen und Bürger geöffnet hatte. Und erst recht stolz ist der Kämmerer darüber, dass er den Stadtverordneten einen ausgeglichenen - und damit seiner Ansicht nach auch genehmigungsfähigen - Haushalt 2022 vorlegen kann.

Fünf Besonderheiten

Schindling zufolge weist der Haushaltsplan 2022 im Vergleich zu seinen Vorgängern fünf Besonderheiten auf:

  1. Die Schaffung des Produktes "Strategische Digitalisierung".
  2. Die Schaffung des Produktes "Umwelt- und Klimaschutz".
  3. Den Kauf des Stadtmuseums.
  4. Die Erweiterung des Bürgerservice.
  5. Die stärkere Förderung der Vereine und der Jugend.

Neue Stabsstelle für Digitalisierung

Digitalisierung umfasst mehr als nur den Bau von Rechenzentren, stellte der Bürgermeister fest. Deshalb wird man in diesem Bereich eine neue Stabsstelle schaffen, zugunsten einer auf Hattersheim konzipierten und strategischen Entwicklung hin zu einer "smarten Stadt", unter Beteiligung der Bevölkerung.

"Digitalisierung bedingt Nachhaltigkeit", stellte Schindling fest und verwies darauf, dass die Entwicklungen unter dem Oberbegriff "Smart City" funktional den Menschen und der Umwelt helfen müssen. Das können Sensoren an der Straßenbeleuchtung sein, die Lichtverschmutzung verhindern, indem es nur hell wird, wenn tatsächlich Leute zugegen sind. Oder intelligente Park-and-Ride-Systeme, die effektiv die Verkehrslast verringern. Oder automatisierte Parksysteme, die mehr Fahrzeugen auf weniger Raum Platz bieten.

Außerdem gilt es, im kommenden Jahr das Onlinezugangsgesetz erfolgreich umzusetzen.

Klimaschutzmanager soll kommen

Die neue Stelle einer Klimaschutzmanagerin bzw. eines -managers soll künftig besetzt werden. "Wir wollen hier Anreize schaffen zu einer umweltbewussten Fortbewegung innerhalb unserer Stadt", kündigte der Bürgermeister an und betonte dabei die Förderung der E-Mobilität, die Steigerung der Attraktivität des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) und den Ausbau von Rad- und Fußwegen. Man fängt hier freilich nicht bei Null an, jedoch möchte man diesen Themen "noch mehr Beachtung verleihen", indem man sie konzeptionell mit einer entsprechenden Stelle in der Verwaltung verzahnt. Schindling kündigte unter anderem auch an, dass man mithilfe von "Tiny Forests" das innerstädtische Klima verbessern will, dabei handele es sich um "kleine Oasen schnell wachsender Biotope, die Naherholung bieten". Auch um eine noch umfangreichere Nutzung von Abwärme will man sich seitens des Magistrats bemühen - sei es durch die Einspeisung in ein Fernwärmenetz, sei es durch die Lieferung von Wärme an Nachbarkommunen im Rahmen der interkommunalen Zusammenarbeit. Hierzu befinde man sich mit den Unternehmen Mainova und Süwag bereits in "guten Gesprächen und einem engen Verhältnis", so Schindling.

Kauft Hattersheim das Stadtmuseum?

Für den Kauf des Stadtmuseums sind im Finanzhaushalt 2022 3,5 Millionen Euro veranschlagt. Dabei handele es sich aber noch keinesfalls um einen fixierten Kaufpreis, stellte Schindling klar, und natürlich müsse ein etwaiger Kauf zu einem späteren Zeitpunkt auch erst noch vom Stadtparlament beschlossen werden.

Der Geschichtsverein baue dem Bürgermeister zufolge auf den Beschluss der Stadtverordneten aller Fraktionen, dass er seine Bleibe in den dortigen Räumlichkeiten finden wird. Und sofern das Parlament an seinem damaligen Beschluss festhalten und den Geschichtsverein nicht vor die Tür setzen will, müsse man sich überlegen, wie man in Hattersheim mit so einem geschichtsträchtigen Gebäude in Zukunft umgehen will, so Schindling. In diesem Zusammenhang müsse man sich auch der Diskussion stellen, dass sich man mit einem Museum als Immobilie ein voraussichtlich defizitäres Projekt aufbürdet. Ohne dem Geschichtsverein zu nahe treten zu wollen erwartet Bürgermeister Schindling nämlich nicht, dass die Einnahmen durch Eintrittsgelder ausreichen werden, um sämtliche Kosten des Gebäudes von den Nebenkosten bis zur Instandhaltung zu finanzieren.

Bahnhof wird barrierefrei

Bürgermeister Schindling kündigte auch den behindertengerechten Umbau des Hattersheimer Bahnhofs an - wobei hier mit dem Baustart wohl erst 2025 oder 2026 zu rechnen ist. Man habe sich mittlerweile mit der Deutschen Bahn auf eine Ausführungsbestimmung geeinigt. Das bedeutet, dass mit dem Umbau in vier bis fünf Jahren zu rechnen ist. Beide Seiten hätten sich weitgehend geeinigt, so Schindling - lediglich die (nicht ganz unwichtige) Frage "Wer bezahlt was?" sei noch abschließend zu klären.

Überschuss von 374.120 Euro

Nach der Einführung der Doppik vor zwölf Jahren konnte Hattersheim in den Haushaltsjahren 2016 bis 2020 jeweils ausgeglichene Haushalte vorlegen. "Mit den zeitverzögerten Auswirkungen der Corona-Pandemie konnte diese gesetzliche Vorgabe im Haushaltsplan 2021 für die Jahre 2021 und 2022 zunächst nicht erfüllt werden", heißt es im Haushaltsplan 2022.

Nach dem derzeitigen Haushaltsverlauf wird für das Haushaltsjahr 2021 ein positives Ergebnis erwartet, und auch für die Jahre 2022 bis 2025 werden wieder ausgeglichene ordentliche Ergebnisse ausgewiesen.

Durch das erwartete Ergebnis 2021 und der Jahresergebnisse bis 2020 werden zum 31. Dezember 2021 Gewinnvorträge in einer Gesamtsumme von 14,925 Millionen Euro prognostiziert.

Die im Finanzplanungszeitraum 2021 bis 2025 veranschlagten ordentlichen Tilgungen können aus Zahlungsmittelüberschüssen gedeckt werden. Damit ist kein Haushaltssicherungskonzept notwendig.

Im ordentlichen Haushalt werden die Erträge mit 77.968.250 Euro und die Aufwendungen mit 77.594.130 Euro veranschlagt. Damit wird per Saldo im ordentlichen Ergebnis ein Überschuss von 374.120 Euro ausgewiesen. Im Vergleich zum Vorjahr sind dies 1.329.340 Euro mehr.

Nach der Einbringung des Haushaltsplans für 2022 wurde der Haushaltsentwurf mit allen Anlagen gemäß den Bestimmungen der Hessischen Gemeindeordnung an die Ausschüsse zur weiteren Beratung überwiesen. In der nächsten Sitzung der Stadtverordnetenversammlung werden sich die Hattersheimer Parlamentarierinnen und Parlamentarier erneut damit beschäftigen. Bis dahin wünschte Bürgermeister Schindling diesen "gute und konstruktive Beratungen und einen letztendlich weisen Beschluss über diesen Haushalt".

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