Auf dem Prüfstand

Zweite Bürgerwerkstatt beschäftigt sich mit Sparpotenzialen bei freiwilligen Leistungen

HATTERSHEIM (noe) – Die Zielvorgabe ist denkbar schnell umrissen, es genügt ein einziges Wort: Haushaltskonsolidierung. Um dieses Ziel zu erreichen, braucht die Stadt ein wirksames Sparprogramm, darin sind sich alle politischen Kräfte einig. Es ist „nur“ die Frage, wie die Gewichtung der einzelnen Einsparungen vorzunehmen ist, beziehungsweise, ob auf einigen Gebieten überhaupt gespart werden sollte. 

 

Die Bürger sollen in drei Bürgerwerkstätten und vier dort zu Werke gehenden Arbeitsgruppen in den Entscheidungsfindungsprozess eingebunden werden. Zwei Faktoren erschweren die Sache allerdings erheblich – die umfangreiche Materie und der zeitlich begrenzte Rahmen sind hohe Hürden für den an Haushaltsfragen interessierten Laien. „Es ist mit der ersten Bürgerwerkstatt noch klarer geworden, dass das Thema Haushalt sehr komplex ist“, bekannte Bürgermeisterin Köster denn auch in ihrer Einleitung zur zweiten Bürgerwerkstatt, die am 14. August in der Stadthalle ihre Arbeit aufnahm. Aus diesem Grund soll ein zusätzlicher Workshop angeboten werden, der sich ausschließlich mit der Theamtik „Haushaltsfragen“ beschäftigen wird.
Gleichwohl ist die Bürgermeisterin optimistisch, was die Leistungsfähigkeit der Bürgerwerkstätten angeht. „Das ist die Stunde der Bürgerinnen und Bürger“, sagte Köster am Dienstagabend, bevor die Arbeitsgruppen zur Tat schritten. „Jede Position, die wir haben, muss auf den Prüfstand“, so Köster weiter. „Es darf keine Tabus geben.“
Tabulos und dennoch gesittet ging es im Foyer der Stadthalle zu. Hier beschäftigte sich die Arbeitsgruppe 1 mit den möglichen Einsparungen freiwilliger Leistungen auf dem Gebiete „Stadtentwicklung, Finanzen, Verwaltung, öffentliche Gebäude“. Die rund zwanzig Teilnehmer starke Runde – etwa die Hälfte der Anwesenden waren Stadtverordnete oder Vertreter der Stadtverwaltung – beschränkte sich aufgrund der Empfehlung von Moderator Roland Strunk auf die Diskussion neun möglicher Konsolidierungsmaßnahmen. Es wurden lediglich Maßnahmen, die Einsparungen in Höhe von mindestens 30.000 Euro zur Folge hätten, ins Auge gefasst. Wegen des angeregten, stets sachlichen Gedankenaustauschs war schnell klar, dass trotz der vorgenommenen Themenreduzierung der zur Verfügung stehende Zeitrahmen von 75 Minuten nicht genügen würde. Letztlich konnten nur vier der in Frage kommenden Maßnahmen abgearbeitet werden. 
Als erster Punkt stand die „Aufwandsentschädigung für ehrenamtlich Tätige“ (politische Gremien, Magistrat) auf dem Programm. Zu der von Moderator Roland Strunk gestellten Frage nach einem Sparpotenzial gab es unterschiedliche Antworten. Während einige der Anwesenden von einem guten Zeichen sprachen, das etwa von den Stadtverordneten mit dem Verzicht auf die Sitzungsgelder gesetzt werden könnte, wiesen andere Diskussionsteilnehmer auf die verheerende Signalwirkung einer solchen Maßnahme hin. Es sei ein schlechter Dank an alle ehrenamtlich Tätigen, wenn man ausgerechnet ihre vergleichsweise geringen Aufwandsentschädigungen streichen würde. Ein anderer Ansatz favorisierte, gewissermaßen als Kompromiss, das Belohnungsprinzip: die Bezüge sollten demnach zunächst abgesenkt werden, um bei „erfolgreicher Arbeit“ als Belohnung wieder angehoben zu werden.
Beim zweiten Punkt „Personalservice“ ging es um Einsparungsmöglichkeiten in den Bereichen Ausbildung (Verwaltung) und Praktikanten (Kitas). Eine Streichung der dort anfallenden Ausgaben würde bedeuten, dass die für die Verwaltung und die Kitas benötigten Fachkräfte nicht mehr von der Stadt selbst ausgebildet werden würden. Von Seiten der Stadtverwaltung wurde zwar betont, dass man ausschließlich bedarfsorientiert ausbilde und daher fast alle Azubis nach Abschluss der Ausbildung übernehme; gleichwohl wurde von Seiten der anwesenden Bürger eine eingehende Überprüfung des tatsächlichen Bedarfs von Auszubildenden angeregt. Es sei als Konsequenz eine Anpassung an die tatsächlich zu erbringenden Leistungen in den Arbeitsstätten Verwaltung und Kitas vorzunehmen. So würde eine schlankere Verwaltung weniger Azubis benötigen und somit weniger Kosten für deren Ausbildung verursachen. Vergleiche mit der Vorgehensweise von Verwaltungen anderer Kommunen könnten sich hierbei als hilfreich erweisen. 
Abschließend wurden die in den Bereich Gebäudemangement fallenden Punkte „Alter Posthof“ und „Stadthalle“ unter die Lupe genommen. Die bisher für den Posthof anfallenden Kosten könnten, so die einhellige Meinung, zumindest teilweise reduziert werden. Angeregt wurde etwa, die Ausrichter mit den Kosten für dort abgehaltene Veranstaltungen zu belasten; das heißt zum Beispiel, dass zukünftig der Veranstalter die Kosten für den Hausmeister und die Reinigung der genutzten Räumlichkeiten zu tragen hätte. Des Weiteren wurde die Frage nach weiteren Nutzungsmöglichkeiten des Posthofs gestellt. Die Möglichkeiten seien, so die Stadtverwaltung, allerdings beschränkt, da ein Großteil der nutzbaren Fläche bereits belegt sei (Verwaltungsräume, Bücherei, Mietwohnung).
Grundsätzlicher ging es bei dem Thema „Stadthalle“ zur Sache: hier ging es vornehmlich um die Optionen „Verkauf“, „Abriss“ und „Abriss mit Neubau“. Es sei, so lautete eine Meinung, eine Tatsache, dass viele Hattersheimer der Stadthalle emotional verbunden wären, weshalb eine Sanierung des Bauwerks zu favorisieren sei. Im besten Fall seien die hiermit verbundenen Kosten durch einen Verkauf der Halle zu erreichen – es sei, wie von einem anderen Diskussionsteilnehmer eingeräumt wurde, allerdings sehr schwierig beziehungsweise nahezu unmöglich, einen interessierten Käufer zu finden. Hinzu komme, dass die technische Ausstattung der Halle veraltet, nicht mehr zeitgemäß sei. „Einer Anfrage zur Miete der Halle kann aus technischen Gründen oftmals nicht entsprochen werden“, bestätigte Bürgermeisterin Antje Köster.
Vor diesem Hintergrund wurde die Frage gestellt, ob ein solch hoher Kostenverursacher wie die Stadthalle überhaupt existenzberechtigt sei. Die meisten der Anwesenden plädierten jedoch, unabhängig davon, ob nun saniert oder neugebaut werden müsste, für eine Stadthalle. Eine Stadt wie Hattersheim könne auf ein solch repräsentatives Objekt – Rettungsschirm hin, Rettungsschirm her – einfach nicht verzichten.
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