Theatererfahrung mal ganz anders Workshop der Theatergruppe "compagnie toit végétal" und Robinson-Schülerinnen und -Schüler

Theaterpädagogin Carola Moritz half den SchülerInnen der Robinson-Schule dabei, dass im Theater Gesehene mit eigenen Ideen und Aktivitäten kreativ zu verknüpfen und zu verarbeiten.

Workshop der Theatergruppe "compagnie toit végétal" und Robinson-Schülerinnen und -Schüler

Kann man Grundschulkindern das Problem Obdachlosigkeit so schildern, dass sie verstehen, was mit Menschen passiert, die ihre Wohnung verlieren? Man kann. Und zwar mit einem ungewöhnlichen, interaktiven Theaterstück, das es den Kindern ermöglicht, selbst in die Welt von Menschen ohne ein Heim einzutauchen, ohne ihre eigene Welt dafür verlassen zu müssen. Mehre Klassen der Robinson-Schule durften diese Erfahrung machen, als sie sich das Stück „Stromer“ der Theatergruppe „compagnie toit végétal“ im Frankfurter Gallus-Theater anschauten. Darauf waren die Schülerinnen und Schüler schon vorher in einem Workshop mit der Theaterpädagogin Carola Moritz vorbereitet worden. Ein Workshop-Programm ist nämlich Teil des „Starke Stücke“-Festivals, welches jedes Jahr im Frühjahr international herausragende Inszenierungen für ein junges Publikum in der RheinMain Region präsentiert. In Anknüpfung an eine Theatervorstellung können Heranwachsende im Alter von 3 bis 18 Jahren sowie Pädagoginnen und Pädagogen im Rahmen dieses Programms das Theaterspielen selbst ausprobieren. Das fördert die Kreativität, stärkt das Selbstbewusstsein, das Gruppengefühl wird unterstützt und den TeilnehmerInnen der Zugang zu wertvollen Erfahrungsfeldern ermöglicht. Das KulturForum Hattersheim e.V. beteiligt sich seit 2010 an dem Programm.

So durften auch die Robinson-Schülerinnen und -Schüler nach der Aufführung das Gesehene noch einmal gemeinsam vertiefen und sich sogar auch in der realen Welt mit der Obdachlosigkeit beschäftigen. Zugang zu dieser Problematik vermittelte schon direkt nach der Vorstellung ein Gespräch mit Thomas Adam, einem ehemaligen Obdachlosen, der ihnen ehrlich alle Fragen, die das Stück in ihnen aufgeworfen hatte, beantwortete. Weiter besuchte Theaterpädagogin Carola Moritz die Kinder auch in Hattersheim an ihrer Schule, um mit ihnen die Geschichte von Stromer noch einmal „sichtbar“ zu machen. Als technisches Hilfsmittel musste hier zwar ein einfacher Overhead-Projektor ausreichen, aber mit viel Fantasie und Kreativität wurden Requisiten gebastelt, die von dem Projektor „an die Wand geworfen“ eine Sicht auf das Leben von „Stromer“ erlaubten. Da wurden etwa Schuhe aus Pappe ausgeschnitten, die über die Wand „laufend“ den Blickwinkel eines Obdachlosen auf Passanten darstellten oder es wurde eine Sonne aus orangem Transparentpapier gebastelt, die an einen kleinen Stab geführt, einen Sonnenuntergang über – ebenfalls aus Papier ausgeschnittenen – Meereswellen darstellen konnte.

Herrschte während der Theateraufführung in Frankfurt bei den jungen Zuschauern 35 Minuten lang „hochkonzentrierte Stille“, ging es beim Workshop in der eigenen Schule eher lebhaft zu. „Das hier stärkt nicht nur die Konzentration, sondern auch die Kreativität und das Gemeinschaftsgefühl“, freute sich Andrea Maibach, eine der Robinson-Pädagoginnen, die das Projekt sehr unterstützten, „jeder macht mit, keiner wird ausgegrenzt. Das ist gut für die Schulkultur, die mir sehr am Herzen liegt.“

Auch die Vorsitzende des Lions Clubs Hattersheim-Kriftel, Edeltraud Moos-Czech, war begeistert davon, wie die Kinder sich mit dem Theaterprojekt auf das Thema Obdachlosigkeit einließen: „Das hier ist Bildung mit Kopf, Herz und Hand – wirklich eine tolle Sache“, lobte sie bei einem Besuch des Workshops. Später in der Woche durften mehrere Klassen der Robinson- Schule auf Einladung von Leiter Klaus Störch auch noch die Caritas-Fach-Einrichtung für Wohnungslose in Hattersheim, das Haus St. Martin am Autoberg, besuchen, um sich ein Bild davon zu machen, wie in der Realität wohnungslosen Menschen geholfen werden kann.

„Dass Kinder und Jugendliche nicht nur Kultur erleben, sondern auch gesellschaftsrelevante Themen auf eine solch besondere Art und Weise bearbeiten können, wäre ohne die Unterstützung von Andrea Maibaum, einer engagierten Lehrerin der Robinson-Schule, nicht möglich gewesen. Sie brachte den Stein ins Rollen, dieses Theater-Projekt in Kooperation mit dem KulturForum Hattersheim e. V. fest im Schulplan zu integrieren“, bedankte sich Hattersheims Erster Stadtrat Karl Heinz Spengler, bei denen, die sich für die Durchführung des Projektes stark gemacht hatten, „aber auch das Jugend- und Sozialamt der Stadt Frankfurt am Main mit Andrea Breu hat sich ins Zeug gelegt, damit die Vorführung für die Hattersheimer SchülerInnen zustande kommen konnte.“

Das „Starke Stücke“-Festival, das von 26 Kulturveranstaltern in 19 Städten ausgerichtet wird, findet im nächsten Jahr vom 12. bis zum 23. März statt. Eine Fortbildung für die Lehrkräfte ist ebenfalls geplant. Finanzielle Unterstützung für die Durchführung der Workshops erhält die Robinson-Schule nicht nur aus den Kulturkoffer-Mitteln des Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst, sondern auch vom Lions Club Hattersheim-Kriftel und dem KulturForum Hattersheim e.V.

Das „Starke Stücke"-Workshop-Programm ist ein Projekt der KulturRegion FrankfurtRheinMain, gefördert vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst im Rahmen des Modell-projekts Kulturkoffer. Das KulturForum Hattersheim e.V. beteiligt sich seit 2010 an dem Programm.

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