Humorvoll, bunt und vielfältig

Kümmeldrescher-Sitzung begeisterte wieder mit viel Kreativität die Narrenschar

Die „Cupcakes“ Marie Minnert, Sabrina Waldmann, Fabian Bartels und Annika Eggenweiler (v.l.) brachten ordentlich Schwung auf die Bühne.
(Fotos: A. Kreusch)

 

EDDERSHEIM (ak) – Wenn die Fastnachtszeit heranrückt, freut man sich nicht nur in Eddersheim, sondern mittlerweile in ganz Hattersheim darauf, dass im Gesangverein Liederkranz wieder die Narren das Regiment übernehmen. Denn dann ist Zeit für die immer wieder tolle „Kümmeldrescher“-Sitzung, die der Verein jedes Jahr auf die Beine stellt und im Taunussaal auf die Bühne bringt. Diese Veranstaltung ist schon lange für den offenbar nie versiegenden Einfallsreichtum und den Humor ihrer Protagonisten bekannt.
 

Wie bei Fastnachtssitzungen Tradition, beginnt auch bei den Eddersheimer Kümmeldreschern der Abend mit dem Protokoll, hier als Zwiegespräch von Wolfgang Drescher und Stefan Häb vorgetragen. Die beiden nahmen unter anderem Trump, den Brexit, Saudi Arabien, „Jamaika“ und „Kenia“ auf’s Korn. Sie betrachteten auch Fluglinienpleiten und den G 20-Gipfel durch die humoristische Brille. Weisheiten des Protokolls, die hängen blieben: „Wenn ein Höcke oder ein Gauland bellt, das klingt schon so, als ob man das Radio auf 1938 stellt!“ Und: „Die Deutsche Bahn hat nur vier Probleme: Frühling, Sommer, Herbst und Winter.“ Selbstverständlich berichteten Drescher und Häb auch von der (von vielen unbemerkten) Demo in Eddersheim, von den Knochenfunden auf dem alten Kindergartengelände und davon, dass man gehört habe, es sei beobachtet wurden, wie in den Löchern der Mainzer Landstraße Kinder Verstecken spielen. Für ihre Feststellung „Die Alm war eine tolle Gaudi, wunderbar, doch jetzt ist ein Acker, wo früher Wiese war“ hatten sie gleich die richtige „Medizin“ mitgebracht. Sie luden zum gemeinsamen Singen ein: „Heile heile Gänsje, heile heile Mausespeck, in hunnert Jahr iss alles weg!“

Über Eddersheimer Grenzen hinweg bekannt ist das Mutter-Tochter-Gespann „Seel und Seelchen“ (Walburga und Daniela Seel), die in diesem Jahr eigentlich auf dem Weg in die Küche zum „Breedscher schmiern“ waren. Bei der Gelegenheit entspann sich ein Gespräch, in dessen Verlauf erklärt wurde, was ein „Schmuusie“ ist („Verschiedenes Gemiees? Des kenn ich aach, frieeher hot merr des Kompost genannt!“), warum man auch in Edderheim heutzutage „Maffins“ beim Bäcker bestellt und was Ehemänner zum Hochzeitstag schenken könnten, wenn die Gattin sich etwas „silbernes, was von 0 uff hunnert in fünf Sekunden ist“ wünscht – „ei, e Persohnewaach!“

Obwohl nicht verwandt, treten auch Verena Waldmann und Isolde Stapf nun schon seit einigen Jahren als „Mutter und Tochter“ auf, bei ihrem musikalischen Vortrag wurden sie von Jean Bormuth auf der Gitarre begleitet. Ihr Hauptgesprächs- bzw. gesangsthema: Männer. „Wann du en Mann willst ohne Macken – ei dann musste Dir aan backe!“ klärte die Mutter ihre Tochter auf und gab ihr auch gleich Ratschläge, in welchen Orten der Region sie sich nach einem Lebenspartner umsehen sollte, und wo nicht. „Die Wickerer sind so wir ihr Wein, an dene verdirbst’e dir de Maache, lass‘ es sein!“ Das Fazit war klar: „Eddschemer Bube, die muss merr liebe, denn zum liebe sinn se da!“

Als Außerirdische namens H2O4 oder auch „Klothilde“ kam (diesmal von ihren vielen Freundinnen im Saal als „strahlender Sternenhimmel“ begleitet) Melanie Wallenwein, der „Besuch aus einer fernen Galaxie“, auf die Taunussaal-Bühne. Sie hatte mit Hilfe des Shell-Atlas die Erde gefunden und erzählte von „außerirdischen“ Männern. „Bei uns, da sinn die Männer schlank, von der Kraft her reine Bären, die hier im Saal sehen eher aus, als ob se schwanger wären!“ Sie machte den Damen im Saal ein Angebot: man solle auch hier im Saal „Männer, die nicht schön“ einfach „ins All“ schießen, sie würde dann eine Liste auslegen, damit man sich neue bei ihr bestellen könne. 

Sogar eine eigene Bundeskanzlerkandidatin hat man in Eddersheim: Erika Stapf gab gerne bei der Kümmeldreschersitzung ihr Wahlprogramm bekannt. „Es ist nit rot, nit schwarz, mei Programm. Ich schaff die Steuern ab, mir lebe von de Schulde – davon habbe merr ja genuch!“ Warum Deutschland „goldne Zeiten“ hätte, wenn sie Bundeskanzlerin wär, war der Fastnachtsgemeinde schnell klar: Abschaffen der Arbeit, Nulltarif für Spirituosen, „Prost“ als Begrüßungsformel und ein Gesetz, nach dem jeder bis morgens um halb elf schlafen muss, dann automatisch geweckt und auf dem Hattersheimer Marktplatz von Bürgermeister Schindling und Erstem Stadtrat Spengler das Frühstück serviert bekommt.

Die „Schnitzelmuddis“ Katja Prenzer und Jessica Lucks waren ebenfalls auf Männersuche und amüsierten auch in diesem Jahr ihr Publikum bei der „Kuscheltrümmer-Sitzung“ wieder mit aberwitzigen Dialogen und ausdrucksstarker Mimik. Jeder konnte gut mitfühlen, was passiert, wenn nach dem „Paar schippen“ die Dame in guter Absicht „Schnitzelscher in roter Unnerwäsch‘“ servieren möchte und erkennen muss, dass sie sich einen Vegetarier geangelt hat.

Beim Erholungsurlaub am Meer zeigten sich „Traudsche und Heribert“ (Waltraud Pöschl und Peter Kozubowski) als typisch Eddersheimer Touristen-Ehepaar dem Publikum. Ihr – hauptsächlich von „Traudsche“ bestrittener – Dialog rief Lachstürme hervor. Ihr unnachahmliches „Heribert! Kannste mal uff de Stubb ... hole“ (gefühlte 50 Mal) und „ach, is des scheee hier!“ (gefühlte 100 Mal) und das ergebene Gesicht von Heribert waren einfach köstlich. Sitzungspräsidentin Birgit Bartels konnte sich den Kommentar nicht verkneifen: „Ich hab mer saache lasse, wenn da mal was wär mit deim Traudsche, da gäb’s mildernde Umständ!“ Peter Kozubowski erwiderte augenzwinkernd mit einem Blick in den Elferrat auf den Gatten von Waltraud Pöschl: „Och, des is nit so schlimm, ich hab‘ se ja nur heut, der do obbe hat se des ganze Jahr!“ 

Mit einem großen Zettel in der Hand kam in diesem Jahr Hans Dilsky auf die Bühne und was drauf stand, konnten alle im Saal lesen: „Isch Kättsche, du Lisbeth!“ Da konnte es dieses Jahr gar keine Verwechslungen geben. Kuchen essend und Kaffee trinkend kommentierte er zusammen mit Andreas Marz das Älterwerden in Eddersheim. Da wollte doch tatsächlich die „Erste Sitzforzende“ den Ausweis sehen, bevor sie Kättsche auf die Bühne ließ – gab sich aber mit dem Speiseplan von Essen auf Rädern zufrieden: „Ochseaache und Kalbsbäckscher, des stimmt alles!“ war ihr Kommentar. Und in Eddersheim gibt es halt immer noch viel zu tratschen, ob vom „Lidl Joe“ oder von denen, die „drei Diäten gleichzeitig“ machen müssen, damit sie satt werden, davon, dass Radiohören schlank macht („seit es das Fernsehen gibt, haben die Radiohörer stark abgenommen“), von Arztbesuchen („Blut fer e groß Blutbild hat se mir abgenomme, will e mal wisse, mit was die sonst so malt?“) und vielem mehr gibt es da zu erzählen.

Wie immer waren auch in dieser Kümmeldrescher-Sitzung die Gesangs- und Tanzdarbietungen ganz besonders hörens- und sehenswert.
„Die Sahneschnittchen im Gospelchor“ (Marion Boch, Heidi Engelskircher, Heidi Gärtner und Steffi Zwack, begleitet von Erika Stapf und Jean Bormuth) begeisterten mit dem ganz besonderen Lied vom „Stückchen Hefe, das in jeder Frau steckt und dabei so tut, als ob es schliefe“, die „Cupcakes“ (Marie Minnert, Annika Eggenweiler, Sabrina Waldmann und Fabian Bartels) brachten mit „Backe, backe Kuchen“ witzigen und jungen Backstubenschwung auf die Bühne.

Mit den vereinseigenen Gruppen „Sweetie Stars“ ging es tänzerisch in den Wilden Westen, die „Honey Ladies“ entführten in die Spielhölle von Las Vegas, die „Sugar Babies“ waren in geheimnisvoll leuchtenden Kostümen zu Besuch nach Eddersheim gekommen, die „Candy Girls“ schwangen zu Melodien aus „Rocky“ sagenhaft schnell Beine und Fäuste und die bezaubernden „Crazy Dancers“ vom Männerballett überzeugten mit einem Charleston-Ausflug in die zwanziger Jahre.

Beim prächtigen Finale wurde noch einmal deutlich, wie bunt und vielfältig die Eddersheimer Kümmeldrescher-Fastnacht ist und warum man sich auf die Sitzung im Taunussaal jedes Jahr immer wieder so freut.

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