Der neue Jahrgang aus Hochheim

Weinfreundeskreis Hochheim verkostet Weine des Jahrgangs 2011

(JL) Vieles hatte man bereits gehört über die großen (Wein-) Jahrgänge 1811 und 1911. Nun sollte es soweit sein und der Jahrgang 2011 aus Hochheim sollte im Weinfreundeskreis Hochheim verkostet werden. Und hierzu waren ausschließlich Top-Betriebe mit Weinen aus Hochheimer Lagen im Kurfürstensaal des Hochheimer Hofes erschienen.

Bevor jedoch die Weine aus den Weingütern Domdechant Werner, Flick, Himmel, Künstler und Schreiber verkostet werden konnten begrüßte Präsident Holger Krimmel zunächst die zahlreichen Gäste, unter Ihnen die Rheingauer Weinprinzessin Janine und die Hochheimer Weinkönigin Sabine, die sich von den Weinfreunden als Hochheimer Weinkönigin verabschiedete, aber ihre Kandidatur zur Rheingauer Weinkönigin bekannt gab. Sicherlich werden zahlreiche Hochheimer am 15. September nach Schloss Johannisberg pilgern, um Sabine dabei zu unterstützen die Rheingauer Krone endlich wieder einmal nach Hochheim zu holen.Den Auftakt der Präsentation der Weine des Jahrganges 2011 aus Hochheimer Lagen machte Uwe Schreiber mit einem trockenen Kabinett aus der Hölle. Schreiber nahm den häufig zu hörenden Vergleich zu den eingangs erwähnten großen Jahrgängen auf und stellte die Realität her. Der heutige Weinfreund bevorzugt bei den Weißweinen in der Regel eher den leichten, trockenen Tropfen. Die berühmten Weinjahrgänge 1811 oder 1911 zeichneten sich jedoch in erster Linie durch, damals eher seltene, Beeren- und Trockenbeerenauslesen aus. Diese Weine werden zwar auch heute noch vom Weinkenner geschätzt, jedoch ist die Nachfrage im Verhältnis zur Gesamtmenge eher gering. Auch sind in den vergangenen Jahren aufgrund des Klimawandels die Mostgewichte der Weine stark nach oben gegangen weshalb Schreiber sich glücklich zeigte, dass durch die Witterung im vergangenen Jahr auch wieder einmal ein leichter und fruchtiger Kabinett im Angebot zu finden ist und nicht immer nur herabgestufte Spätlesen.Große Freude herrschte bei den Hochheimer Weinfreunden über den Auftritt von Gunter Künstler. Dies lag zum einen sicherlich an den von ihm präsentierten Weinen (Hölle Kabinett und Stielweg „Alte Reben“), zum anderen aber auch an den einfühlsamen Worten, die er über seinen Vater sprach, der Impulsgeber und Ehrenmitglied des Weinfreundeskreises Hochheim war. Künstler schilderte beeindruckend, wie er nach der Öffnung der tschechischen Grenze zum ersten Mal mit seinem Vater in dessen Heimatort Nikolsburg fuhr und die Gefühle die ihn und seinen heimatverbundenen Vater damals befielen. Viele der Anwesenden konnten diesen Schilderungen bestens folgen, denn Franz Künstler hatte 2007 eine große Exkursion für den Weinfreundeskreis Hochheim organisiert, bei der er seine Heimat und deren Weine vorstellte. Es wäre zu wünschen, dass Gunter Künstler seinem Vater nacheifert und „… aus der Pflicht des Besuches beim Weinfreundeskreis eine Kür macht.“Mit Reiner Flick aus Wicker, der seit 2010 den Hochheimer „Königin Victoriaberg“ als Monopollage bewirtschaftet, präsentierte der einzige gebürtige Hochheimer unter den anwesenden Winzern den nächsten Wein. Ursprünglich wollte Flick lieber Forscher oder Beamter werden. Er entschloss sich dann aber doch zunächst zu einer Lehre im Aschrott’schen Weingut und einem anschließenden Studium in Geisenheim und übernahm 1992 den 3 ha großen Betrieb der Eltern. 2003 konnte er den Wickerer Nonnberg als Monopol-Lage übernehmen. Seit der Übernahme des „Königin Victoriabergs“ ist es Flick darüber hinaus gelungen, die Kontakte zum englischen Königshaus wieder zu intensivieren und so auch Weine zur letztjährigen königlichen Hochzeit und auch zum diesjährigen 60. Thronjubiläum der Queen beizusteuern. Annette Himmel verdeutlichte auf eindrucksvolle Art die Philosophie („Der Wein wird bei uns im Weinberg gemacht und nicht im Keller“) des Weingutes Himmel und präsentierte dazu den Gutswein „Himmelstraum“ sowie eine trockene Spätlese aus der Hölle. Ebenso wie zu Beginn Uwe Schreiber verdeutlichte sie den Unterschied zwischen den heutigen und den historischen Weinen und erinnerte daran, das in früheren Jahren häufig Zusätze wie Salbei oder Honig zur Weinbereitung verwendet werden musste, um die Weine trinkbar zu machen.Die Weine des Domdechant Werner’schen Weingutes präsentierte Michael Bott, der in diesem Jahr für den 25. Jahrgang verantwortlich zeichnet. Für ihn war das Wichtigste am Jahrgang 2011 die Ruhe zu bewahren, auch nach dem Nachtfrost während der Blüte im Mai oder beim Regen Anfang September. Bott präsentierte eine trockene Spätlese aus dem Kirchenstück, der Brot- und Butterwein des Weingutes, der jedoch demnächst nach VDP-Diktion aus dem Angebot verschwinden wird, da „…trockene Spätlesen eine deutsche Spezialität sind und international keine Akzeptanz finden“. Über dieses Thema entspann sich eine angeregte Diskussion, die sicherlich im Herbst bei der Veranstaltung „EU-Bezeichnungsrecht“, wiederum mit Michael Bott, ihre Fortsetzung finden wird. Der zweite Wein aus dem Domdechant Werner’schen Weingut war gleichzeitig der einzige Wein dieser Probe, der klassisch-fruchtig ausgebaut war. Eigentlich schade, denn auch heute benötigen die wahrhaft großen Weine eine gewisse Süße um ihre Lagerfähigkeit zu erhalten. Immer häufiger jedoch werden die Weine für den schnellen Konsum produziert und verlieren dadurch auch ihr Potenzial ein wahrhaft großer Wein zu werden.Nicht unerwähnt bleiben soll an dieser Stelle noch eine Sonder-Edition der Weingüter Flick und Künstler, die ebenfalls an diesem Abend präsentiert wurde. Reiner Flick schilderte seine ersten Eindrücke nach der Eröffnung der neuen Nord-West-Landebahn im vergangenen Oktober. Schlagartig wurde ihm bewusst welche Zerstörung einer Kulturlandschaft hier geschieht und das er dagegen etwas unternehmen muss. Zunächst wollte er seine Auszeichnung bei der Landesweinprämierung, die in der auf die Eröffnung der Landebahn folgenden Woche stattfand, nicht annehmen. Nach Rücksprache mit Gunter Künstler und Uwe Schreiber, die auf dieser Veranstaltung ebenfalls ausgezeichnet wurden, entschloss sich Flick zu einer kritischen statt zu einer Dankesrede, und das gegen den Widerstand des Rheingauer Weinbauverbandes. Dass diese Rede auch in Berlin nicht ungehört blieb konnte Flick erst in den folgenden Wochen erfahren. Zur weiteren Unterstützung der Initiative Gegenwind 2011 legten Gunter Künstler und Reiner Flick die Sonder-Edition „Gegenwind“ auf, deren Erlös zu 100 % an den Verein Gegenwind 2011 geht.Für den Weinfreundeskreis Hochheim beginnt nun die Zeit der Freiluftveranstaltungen. Nach der Eröffnung des Weinerlebnispfades „Oberer Rheingau“, an dem sich auch der Weinfreundeskreis mit einer Tafel beteiligt, steht als nächste eigene Veranstaltung die kleine Exkursion am 07.07. an, die dieses Mal nach Rheinhessen führt. 

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