Wie Vereine durch die Krise kommen

Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie am Beispiel der Turn- und Sportgemeinde von 1884 Kriftel e. V.

"Stand up after Lockdown": Bunte Mutmacher-Shirts hat der Förderverein TuS Kriftel Handball in diesem Jahr spendiert.

Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie am Beispiel der Turn- und Sportgemeinde von 1884 Kriftel e. V.

Jeder Teil der Gesellschaft bekommt seit Monaten die Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie empfindlich zu spüren. Die Sportvereine bilden da keine Ausnahme: Einschränkungen beim Trainings- und Spielbetrieb waren und sind hinzunehmen, Hygienekonzepte müssen erarbeitet und umgesetzt werden und die Aufrechterhaltung eines regelmäßigen Kontakts zwischen den Vereinsmitgliedern ist erschwert. Die Turn- und Sportgemeinde von 1884 Kriftel e. V. (TuS) steht exemplarisch für alle Vereine des Main-Taunus-Kreises und darüber hinaus, mit den Folgen der Pandemie und den Auswirkungen ihrer Bekämpfung haben alle gleichermaßen zu tun.

Die massiv steigenden Infektionszahlen im Herbst führten nach einem vergleichsweise "normalen" Sommer vor dem Hintergrund einer Pandemie schnurstracks zum sogenannten "Lockdown Light", der am 2. November in Kraft trat und mindestens bis Monatsende Bestand haben wird. Dieser Entwicklung fiel auch die Jahreshauptversammlung der TuS Kriftel zum Opfer, die eigentlich am Mittwoch, 4. November, hätte stattfinden sollen. Anlässlich dieser Absage richtete der Vereinsvorsitzende Franz Jirasek ein Schreiben zur aktuellen Situation an die Mitglieder und Sportlerinnen und Sportler des Vereins. "Um Euch, Eure Familien und Freundinnen und Freunde, aber auch uns selbst zu schützen, mussten wir schweren Herzens diese Entscheidung treffen. Wir, der Vorstand der TuS Kriftel, hoffen dabei auf Euer Verständnis, aber auch auf Eure Unterstützung", so der Appell von Jirasek, der direkt im Anschluss Worte der Anerkennung und des Dankes an alle Engagierten rund um die TuS richtete: Bislang sei der Verein gut durch die Pandemie gekommen, fast alle haben der TuS die Treue gehalten. Ein erfreulicher Umstand, den Franz Jirasek auch im Gespräch mit den Krifteler Nachrichten bestätigte: So ist im Jahr 2020 keine ungewöhnliche Schwankung bezüglich der Mitgliederzahlen im Vergleich zu den Vorjahren feststellbar. Wie schon in den Vorjahren zählt die TuS stabil zwischen 1.900 bis 2.000 Mitglieder.

Und diese Vereinstreue seitens der Mitglieder ist nicht das einzige Zeichen der Solidarität: Zahlreiche Trainer und Übungsleiter verzichteten freiwillig auf ihre Aufwandsentschädigung, um die an anderer Stelle auftretenden finanziellen Ausfälle zu kompensieren - eine tolle Geste und eine große Hilfe für den Verein, dessen Abteilungen in diesem Jahr viele Veranstaltungen absagen mussten, die normalerweise zuverlässig Geld in die Kassen spülen, wie zum Beispiel der Tropica Beach-Cup der Volleyballer oder das Pfingstturnier der Handballabteilung. Und vor reduziertem Publikum oder gar Geisterkulisse fallen natürlich auch die Einnahmen aus dem Ticketverkauf weitaus geringer aus als sonst. Der Vorsitzende Jirasek geht angesichts dieser Entwicklungen davon aus, dass bei der ein oder anderen der insgesamt sechs Abteilungen der TuS das in besseren Jahren angesammelte Ersparte ein Stück weit abschmelzen wird. Sorgfältiges Wirtschaften in der Vergangenheit habe aber dazu geführt, dass es für solche unverhofften Ausnahmesituationen auch eine gewisse finanzielle Sicherheit gibt. Deshalb zeigt sich Jirasek zuversichtlich, dass man gegebenenfalls auch noch ein weiteres Jahr wie dieses überstehen würde - aber die Mittel seien auch erschöpflich.

Die Umsetzung der Verordnungen

Mit einem bislang weitgehend unbekannten Aufgabengebiet sahen sich in diesem Jahr alle Abteilungen der TuS konfrontiert: Um abseits der Lockdowns verantwortungsbewusst gewisse Lockerungen umsetzen zu können, mussten zum Schutze aller Beteiligten umfangreiche Hygienekonzepte ausgearbeitet und in die Praxis umgesetzt werden. Bei der Konzeption waren die Verbände eine große Hilfe, diese verarbeiteten die jeweiligen Verordnungen zentral und formulierten konkrete Vorgaben an die Vereine. Aber auch hier gibt es Tücken, die im Föderalismus begründet liegen: Ligabetrieb und Turniere führen die Mannschaften der TuS auch mal über die Landesgrenzen hinaus, und in benachbarten Bundesländern können wieder andere Verordnungen und Regeln gelten - und darauf gilt es sich jeweils gewissenhaft einzustellen.

In Kriftel legten die Vereine ihre Hygienekonzepte jeweils der Gemeinde vor, jedoch war und ist es nicht deren Aufgabe, diese zu genehmigen, betont Jirasek. Vielmehr übernehme man hierbei eine beratende Funktion, man leistet Hilfestellungen und tauscht sich konstruktiv aus. Natürlich kommt es vor Ort auch zu Kontrollen, um zu überprüfen, ob zum Beispiel die Abstandsregeln auf den Rängen eingehalten werden und die Anwesenheitslisten zwecks möglicher Nachverfolgung von Infektionsketten korrekt geführt werden.

Kein Risiko eingehen

Natürlich besteht innerhalb eines mitgliederstarken Vereins wie der TuS nicht in allen Fragen automatisch Einigkeit. Das gilt insbesondere für eine stressige, belastende und durchaus auch beängstigende Krise, wie es die Coronavirus-Pandemie nun einmal ist. Franz Jirasek erkannte in seinem Schreiben anlässlich der Absage der Jahreshauptversammlung auch an, dass die vergangenen Monate für alle sowohl privat auch auch bezüglich des Vereinslebens nicht einfach waren. Aber in der Hauptsache ist man sich in den Reihen des TuS-Vorstands einig: "Wir gehen kein Risiko ein", so Jirasek. Jeder ist zur Vorsicht angehalten, jeder muss persönlich einschätzen, was er für sich selbst guten Gewissens verantworten kann. Dazu gehört auch, dass man - abhängig von der persönlichen Situation - nicht jede Lockerung während der Pandemie automatisch mitmacht. Hierüber seien sich alle einig, das ist die klare Devise in der ganzen TuS, betonte der Vorsitzende.

Leider ausfallen wird in diesem Jahr die traditionelle und höchst beliebte Nikolausfeier der TuS Kriftel. Normalerweise stellt dort der Nachwuchs der Abteilungen Breiten- und Fitnesssport, Rhythmische Sportgymnastik und Leichtathletik sein Können unter Beweis, sehr zur Freude des Publikums in der Großen Schwarzbachhalle. Aber es wird auch schon darüber nachgedacht, mit welcher Geste man zum Jahresende ein Zeichen der Anerkennung zum Ausdruck bringen kann. Denn letztendlich sind es die Faktoren Solidarität, Zusammenhalt, Respekt und Hilfsbereitschaft, die einen Verein erfolgreich durch die Krise steuern können. Und wenn das funktioniert, dann ist das aller Ehren wert.

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