Das Herz rast nicht heftig genug

SV 07 beerdigt mangels Spendenerfolg das Kunstrasenprojekt – Mehrheit für Naturrasen als Ersatz

07-Sprecher Manfred Lang und Finanzchef Udo Rosenthal (v. r.) erläuterten in der Außerordentlichen Mitgliederversammlung die Sachlage rund um das Kunstrasenprojekt
(gus/Foto: Steinacher)

BISCHOFSHEIM (gus) – Es ist ja nicht so, dass nichts passiert wäre seit dem Start des Projekts „Herzrasen“. Der Spendentopf der SV 07, der eigentlich noch in diesem Jahr den Umbau des Hartplatzes auf der Sportanlage „Am Ginsheimer Sand“ ermöglichen sollte, ist derzeit mit 36.000 Euro gefüllt. 4.000 weitere Euro waren das Ergebnis des Benefiz-Veranstaltung, die es vor einiger Zeit zugunsten des ehrgeizigen Vorhabens gab.

Das ist soweit schön und gut – aber es reicht beiweitem nicht. Irgendwann muss man die Wahrheit aussprechen und klarstellen, dass die Idee, innerhalb eines Jahres genügend Eigenmittel für den Bau eines Kunstrasenplatzes aufzubringen, gescheitert ist. Den Zeitpunkt sah der Vorstand der SV 07 nun gekommen und lud zur Außerordentlichen Mitgliederversammlung. Die rund 60 Mitglieder, die sich am Montagabend (31.8.) im Vereinsheim einfanden, sollten entscheiden, wie es weitergeht mit den Plänen des Umbaus. Nach ausgiebiger Diskussion war sich eine Mehrheit im Raum sicher, dass ein Umschwenken der schlaueste Ausweg ist: Statt des Kunstrasens soll nun ein wesentlich günstiger zu bekommender Naturrasen den alten Platz ersetzen, lautete das Ergebnis des Abends.
„Das ist eine Entscheidung, die der Vorstand vertreten kann“, bewertete Vorstandssprecher Manfred Lang den Beschluss, der aber auch nicht recht glücklich machte, weil der Anteil der Gegner dieser Lösung in der Versammlung nicht gerade klein war. Am Ausstieg aus dem Kunstrasenbau ging für den Vorstand allerdings nichts vorbei, die Zahlen sind eindeutig: Die Lücke zwischen Hoffnung und Realität liegt laut Finanzchef Udo Rosenthal bei 233.000 Euro, die „Herzrasen“ zusätzlich hätte erbringen sollen, es aber nicht vermochte. Sollte das Projekt dennoch im vorgesehen Zeitrahmen umgesetzt werden, müsste der Verein es fremdfinanzieren, sprich über einen Kredit, und damit einen deutlich höheren Betrag über langfristige, zusätzliche Schulden finanzieren. „Da müsste dann ein anderer Vorstand her, wir machen das nicht“, stellte Rosenthal klar. Diese Option wurde in der Versammlung auch nicht weiter diskutiert, da allgemein bekannt ist, dass der Verein schon im aktuellen Geschäft kaum finanziell vernünftig über die Runden kommt.
Dass der Zeitpunkt gekommen war, über den Fortgang der Dinge zu reden, hat mit dem Förderrahmen zu tun. Die fest zugesagten und eingeplanten Landesmittel von 163.000 Euro, die durch die Platzierung des Bischofsheimer Projekts auf Platz eins der Projektliste für den Sportanlagenbau im Landkreis möglich wurden, stehen nur für dieses Jahr zur Verfügung. „Wir haben vor rund drei Wochen einen Brief vom Land bekommen, dass wir bis Mitte September Bescheid geben sollen, ob das Projekt durchgeführt wird“, erläuterte Lang. Die Alternativen, die angesichts der geschilderten Lage zur Diskussion standen, waren zum einen, das Kunstrasenprojekt schlicht zu verschieben, bis in zwei oder drei Jahren die fehlende Summe eingeworben ist. Dann hätte der Verein schlicht den Zeitrahmen unterschätzt, in dem die benötigten Spenden einlaufen.
Das Problem bei dieser Option: Die Fördermittel würden erst einmal verfallen und müssten dann neu beantragt werden, wenn der Geldtopf gut genug gefüllt ist. Ob die SV 07 es dann wieder auf Platz eins der Prioritätenliste des Kreises schafft, ist natürlich äußerst ungewiss, „sowie ein zweiter Verein dabei wäre, der einen Kunstrasen bauen will, käme dieser vermutlich auf Platz eins, weil wir ja schon einmal zurückgezogen hatten“, vermutete Lang. Die bisherigen privaten Geldgeber der SV 07 müssten sich bei dieser wie bei allen anderen Abweichungen vom bisherigen Projektrahmen einverstanden erklären, dass sie ihre Spende auch unter den neuen Bedingungen aufrechterhalten – auch das ist ungewiss.
Der Vorstand legte den Mitgliedern daher eine ganz andere Alternative vor, deren Diskussion den Abend prägen sollte. Statt des Kunstrasenprojekts, das insgesamt rund 500.000 Euro kosten würde – konkrete Angebote darf die SV 07 vor dem definitiven Baubeschluss keine einholen – wäre es denkbar, den Hartplatz durch ein weiteres Naturrasenfeld zu ersetzen. Kostenpunkt: rund 211.000 Euro. Die Fördermittelzusage könnte problemlos auf das Naturrasenprojekt übertragen werden, sinkt dann zwar entsprechend auf 69.000 Euro, aber die Finanzierungslücke würde auf 58.000 Euro schrumpfen, „das kann der Vorstand vertreten“, betonte Lang, denn dem Verein liegen Zusagen über weitere 10.000 Euro an Spenden und 20.000 Euro für Privatdarlehen vor, die erst im Fall der konkreten Umsetzung des Projekts gemacht wurden – und nun abgerufen werden können.
Die verbleibende Summe ließe sich bis zum Baubeginn im Frühjahr wohl noch einwerben, eine verbleibende Lücke wäre für die SV 07 wohl auch noch zu stemmen. Allerdings muss der Verein nun in vielen Einzelgesprächen klären, ob die bisherigen Spender ihre Zuwendung unter der neuen Sachlage aufrechterhalten, denn in der Versammlung zeigte sich schon, dass längst nicht alle Fußballer den Naturrasen lieben. „Das wäre der schleichende Tod des Vereins“, formulierte dies Jugendleiter und Nachwuchstrainer Frank Schock besonders krass. Ein weiterer dieser nicht winterfesten Naturrasen bringe dem Verein gar nichts außer Nachwuchs, der zu Konkurrenzvereinen mit Kunstrasenangebot wechsle. „Was ist daran so schlimm, nochmal zu warten?“, fragte Schock.
Schon die Pflege des Hauptplatzes gelinge dem Verein nicht recht, wandten andere zudem ein. Das Vertrauen in die Fähigkeit der SV 07, dann zwei solcher Naturplätze mit ihrem hohen Aufwand an Arbeitskraft in Schuss zu halten, ist nur schwach ausgeprägt. Doch eine Garantie, dass sich die Lücke beim Kunstrasenprojekt in den nächsten Jahren geschlossen hätte, gibt es natürlich nicht, ist eher sehr zweifelhaft. Rund 5.000 Euro im Monat hätten hereingeholt werden müssen, um in den kommenden drei Jahren den Fehlbedarf abzudecken. Das klingt schon wieder reichlich utopisch. Warum sollte die Spendenbereitschaft sich in Zukunft so deutlich verbessern, stellt sich die Frage. Zumal der Verein die aussichtsreichsten potenziellen Spender längst angesprochen und „abgegrast“ hat, es würde immer schwerer werden, neue Spender zu finden.
Lang verhehlte nicht, dass er das Ergebnis der „Herzrasen“-Aktion enttäuschend findet. Für zum Großteil 25 Euro, zum kleinen Teil 50 Euro (für die prägnanten Flecken wie Strafstoßpunkt) pro Quadratmeter werden die 6.000 Quadratmeter des Rasenplatzes angeboten, bei einem Verkauf aller Vierecke kämen weit über 150.000 Euro zusammen. Selbst, wenn der Verkauf der Quadratmeter perfekt funktioniert hätte, hätte der Verein daher beim Kunstrasenprojekt nun vor einer vergleichbaren Situation gestanden, weil auch dies weit vom Bedarf der Eigenmittel entfernt wäre. Ohne großzügige Zuwendungen potenter Quellen wie Unternehmen konnte also gar nichts zu gehen. „Wir haben versucht, Großspenden zu erhalten, bei zwei, drei Kandidaten sah es auch ganz gut aus“, schilderte Lang die Bemühungen. „Aber trotz Nachbohrens ist da bisher nie etwas draus geworden.“
Der Verein kann den Fußballern weder derzeit noch in den kommenden Jahren entscheidend helfen, stellte Rosenthal klar. „Die Beteiligung der Abteilung muss deutlicher werden“, betonte der Finanzchef. Denn die SV 07 besteht zwar zu einem guten Teil, aber eben nicht ausschließlich aus den Fußballern. Die Tennisabteilung hat den Bedarf für eine grundlegende Sanierung ihrer Anlage angezeigt, das bindet für 2016 oder 2017 mindestens 80.000 Euro, möglicherweise werden aber auch 100.000 Euro benötigt, gab der Vorstand zu bedenken. „Wir haben ja jetzt schon Probleme, die Raten für die Hütte zu bezahlen“, warf Eric Eichberger, Ex-Vorsitzender und Pressechef der Tennisabteilung, ein und meinte damit den Schuldendienst für das Vereinsheim. Beim finanziellen Rahmen für das nun beschlossene Naturrasenprojekt besteht vorerst noch die Hoffnung, dass sich der Verein ganz aus der Finanzierung durch die eigene Substanz heraushalten kann. Das wäre durchaus angezeigt, zumal der Pflegeaufwand, den die SV 07 auf ihrer Anlage stemmen muss, mit dem zweiten Naturrasenfeld in Zukunft naturgemäß noch einmal deutlich ansteigen wird.

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