Kurz aber heftig durch Bischems Gassen

Überraschend schnell beendeter Bischemer Umzug schlängelte sich am Sonntag auf gewohnter Route durch die Gemeinde

BISCHOFSHEIM (gus) – Das Erstaunliche am 56. Bischemer Fastnachtsumzug am vergangenen Sonntag war sein unvermitteltes Ende. Rund 1400 Teilnehmer schickte der Bischofsheimer Carneval Club (BCV) als Veranstalter der Parade nach Schätzung von Zugmarschall Jörg Karbowki durch die Gassen, nur etwa rund 100 weniger als im Vorjahr. Doch die 63 Gruppen wählten wohl im Vergleich zu den Vorjahren das Motto, „schneller, aber heftiger“.

 

Nur rund 40 Minuten brauchten die Teilnehmer, um an den Zuschauern am Straßenrand zu defilieren und ihre heiß begehrten Mitbringsel, vornehmlich Süßigkeiten, unter die Leute zu bringen. Da kam auch schon die Bischemer Variante der „Zug-ente“ vorbei, das von Bauhofleiter Ulrich Claas höchstpersönlich gelenkte „Entenmobil“ des Bauhofs.
Über die bekannte Route, ausgehend vom Südende der Schulstraße über die Darmstädter Straße, Rheinstraße, August-Bebel-Straße zur Feierhochburg Feuerwehr, Weisenauer Gasse, Frankfurter Straße und zurück auf der Schulstraße bis zum Bürgerhaus, schlängelten sich die rund 30 Wagen und noch einmal so viele Fußgruppen an den erwartungsfrohen Narren am Straßenrand vorbei. Die Mischung stimmt bei diesem Zug, der sowohl sämtliche lokalen Kräfte der Fastnacht aufbietet – neben den Fastnachtsvereinen sind vor allem die Sportvereine und Kitas mit eigenen Gruppen vertreten – als auch befreundete Fastnachtsvereine aus der Umgebung einbindet.
Mit den „TM-Lederquäler“ und der „Guggemusik Haybachfetzer“, zwei Gruppen aus Klein-Winternheim, sowie dem Hörnerzug der „Roten Herolde“ aus Mainz, war sogar die andere Rheinseite vertreten. Die weiteste Anreise hatten die Offenbacher Gruppen des Konzertorchesters und des Dachvereins „Karnevalverein“. Sie, wie alle anderen Gruppen, wurden beim Einbiegen auf den letzten Streckenteil in der Schulstraße vom Horst Nemeth vorgestellt, der vom NAB-Wagen herab am Straßenrand die Nummern moderierte. Eine Ehrentribüne, die in den vorigen Jahren am Rathausvorplatz die lokale Prominenz versammelte, gab es diesmal nicht – und wurde auch nicht vermisst.
Der Flörsheimer Narren Club gönnte sich mit gleich zwei großen Komiteewagen und zwei Fußgruppen den gewaltigsten Auftritt des Zuges, unter den Fußgruppen gab es hingegen auch kleine Abordnungen von nur wenigen Aktiven. Auffällig auch: Bischofsheim mag sich bei der Fastnachtstradition an der Mainzer Straßenfastnacht orientieren, auf die politischen Einsprengsel müssen die hiesigen Zuschauer allerdings verzichten. Lediglich die Kita Klinker griff mit einem Schild die „Eiszeit im Erzieherland“ auf, das die steigenden Anforderungen an den Beruf bei gleichbleibend schlechter Bezahlung kritisiert. Und die Kita Birkenweg mahnte auf einem Transparent aus gleichem Anlass: „Wir sparen unsre Zukunft tot.“
Gute Laune zu verbreiten steht im Vordergrund der Aktiven. Polizei und Rotes Kreuz, die schon beruflich bedingt am Zug beteiligt sind, bilden vor und nach dem eigentlichen Zug die Klammer und nutzen dies, um sich auch selbst aktiv einzubringen. Bunt bis wild kostümiert zeigen sich vor allem die Fußtruppen, einheitlich und in Uniformen dagegen die Musikgruppen, wie die fest zur Bischofsheimer Fastnacht zählenden Trewwerer Drummler oder die Kostheimer Gecken. Aus Astheim, Raunheim, Mörfelden-Walldorf kamen weitere Gästeteilnehmer – und natürlich aus Ginsheim und Gustavsburg, von wo aus es erprobte Gruppen wie „Set up“, aber auch die Vereine der Nachbargemeinde nicht weit haben.
Bei Bürgermeisterin Ulrike Steinbach führte die Tradition der symbolischen Verhaftung durch die BCV-Gardisten übrigens im Vorfeld zu einer interessanten Erkenntnis. Seit dem Einbruch in das Rathaus I kurz vor dem Jahreswechsel war gerätselt worden, was die nächtlichen Besucher eigentlich außer herausgerissener Türen und ein wenig Unordnung in den Räumen von ihrer Aktion hatten.
„Wir haben jetzt festgestellt, dass die Einbrecher die Kordel, die bei der Verhaftung benutzt wird, mitgenommen haben“, berichtete die Bürgermeisterin, die demzufolge selbst für die Aufbewahrung der Werkzeuge ihrer Pein zuständig ist. So mussten die Garden sich am Sonntagmittag mit Ketten aus Luftschlangen behelfen, als sie die Rathauschefin für die nächsten Tage festsetzen wollten. Kein Wunder, dass Steinbach derzeit längst wieder eigenständig in der Gemeinde unterwegs ist.
Nach dem Umzug verteilten sich die Narren in den verschiedenen Treffpunkten zur Umzugs- „Nachbereitung.“ Der BCV hat mit seiner Party im Bügerhaus längst nicht mehr das Monopol inne für die Einkehr bis zum Abwinken.
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