Steinbach darf mit verlässlicher Mehrheit rechnen

SPD-Ortsvereinschef Andreas Soliga, GALB-Fraktionsmitglied Jürgen Hasper, SPD-Fraktionschef Andre Rüggeberg, GALB-Chef Wolfgang Bleith und GALB-Beigeordneter Dieter Beorchia (v.l.) haben einen Themenkatalog zusammengestellt, der die Ziele der vereinbarten Zusammenarbeit in der Gemeindevertretung formuliert.
SPD und GALB vereinbaren Kooperation in der Gemeindevertretung – Gemeinsame Ziele formuliert  
BISCHOFSHEIM (gus) – Wer die bundespolitischen  Trends betrachtet, bemerkte zuletzt ein verstärktes  Zusammenrücken von SPD und Grünen,  die Kräfte gegen die parlamentarische Mehrheit  von Schwarz-Gelb bündelnd. Daher verwunderte  es im Frühjahr schon ein wenig, dass SPD und  GALB sich nach der Kommunalwahl am 27.  März, bei der sie in der Bischofsheimer Gemeindevertretung  eine rot-grüne Mehrheit erreichten, so  gar nichts verlauten ließen von einer wie auch immer  gearteten Zusammenarbeit.  Das war nur aufgeschoben, aber nicht aufgehoben,  wie sich nun zeigt. Fast fünf Monate später –  Oster- und Sommerferien sind vorüber, der Amtswechsel  im Rathaus ist vollzogen – luden die Fraktionsspitzen  und Vorstände von SPD und GALB zu  einer Presseveranstaltung und verkündeten eine  enge Zusammenarbeit der beiden Fraktionen in der  Gemeindevertretung. Nicht als Koalition, sondern  als „Vereinbarung“ konkreter Ziele für die laufende  Wahlperiode.  Dadurch soll nicht zuletzt Ulrike Steinbach  (SPD), die seit 1. Juli den Sozialdemokraten nach  zwölf Jahren Unterbrechung wieder den gewohnten  Bürgermeisterposten bescherte, für ihre Arbeit  eine verlässliche Mehrheit erwarten dürfen, zumindest  so lange es die in dem Papier aufgeführten  Themen betrifft.  Es ist in gewisser Weise natürlich ein Konsenspapier,  das SPD und GALB da gebastelt haben,  aber die Übereinstimmung in den Themengebieten  ist zwischen den Parteien doch so groß, dass eine  recht umfassende Themensammlung entstanden  ist. Die allerdings auf zwei DIN A 4-Seiten passt  und somit nicht gerade mit Details glänzt.  Es sind grobe Überschriften, die mit Leben zu  füllen sind“, stellt GALB-Vorsitzender Wolfgang  Bleith klar, dass die Tiefe der inhaltlichen Festlegungen  bei den einzelnen Themen noch nicht sehr  groß ist. Dass Steinbach die Direktwahl für das Bürgermeisteramt  gewann, bestärkte die Fraktionen in  ihrer Zusammenarbeit. „Mit dem Wechsel an der  Spitze können wir jetzt wesentlich mehr erreichen“,  betont SPD-Fraktionschef Andre Rüggeberg.  Nicht nur über die Inhalte sprachen die Fraktionen  und Parteien, auch den Politikstil. „Bürger und  Bedienstete sollen stärker beteiligt werden“, erläutert  Bleith. Besonders deutlich wird dies beim  Haushalt auffallen. Steinbach war bereits mit dem  Ziel der Einführung eines „Bürgerhaushaltes“ in  den Wahlkampf gegangen und findet damit die  volle Unterstützung der Grünen. Ab dem geplanten  Doppelhaushalt 2013/14 bedeutet dies konkret,  werden die Änderungen an den Etatentwürfen der  Verwaltung nicht mehr im stillen Kämmerlein zwischen  den Faktionen ausverhandelt, sondern bei  Bürgerversammlungen mit denen, die das Ganze   letztlich zu bezahlen haben – eben den Bürgern –  ausdiskutiert.  Natürlich hätten SPD und GALB sich auch in einer  förmlichen Koalition zusammentun können.  Besonders für Steinbach wäre das eine noch solidere  Basis, denn das dazugehörige Koalitionspapier  hätte wesentlich konkreter und detaillierter als  die jetzt vorliegende Vereinbarung Zielsetzungen  für die kommenden Jahre beschrieben.  So könnte bei der jetzigen Basis der Zusammenarbeit  zum Beispiel niemand der GALB politisch  an den Karren fahren, sollte sie in der Gremienarbeit  die konkrete Ausgestaltung, die die SPD sich  zu einem der bisher nur grob umrissenen Punkte  ausdenkt, ablehnen. Die GALB, die keine Bürgermeisterin  zu stützen hat, ist bei der jetzigen Konstruktion  deutlich weniger abhängig vom Funktionieren  der Kooperation als die Sozialdemokraten.  Das könnte als ungesundes Interessen-Ungleichgewicht  interpretiert werden.  Die Akteure der beiden Parteien sehen derzeit  freilich keinen Grund, Zerwürfnisse herbeizuahnen.  Bei den im Papier festgehaltenen Themen gehen  sie zudem fest davon aus, dass es keine Probleme  geben wird, sie im breitem Konsens mit Inhalten  zu füllen.  Wir haben unsere Programme übereinander gelegt  und festgestellt, dass die Themen sich weitgehend  decken“, betont Bleith eine solide Basis der  Zusammenarbeit. Und Koalition, sagt etwa SPDChef  Andreas Soliga ganz ehrlich, das ist sowieso  eher etwas für professionelle Landes- oder Bundespolitiker  als für Feierabendpolitiker einer  12.000-Einwohner-Gemeinde.  Die GALB hat zudem bei einem Koalitonsversuch  mit der CDU Mitte der 90er-Jahre deutlich  Schiffbruch erlebt, ist auch Wolfgang Bleiths Lust  auf eine politische Ehe begrenzt.  Klar, dass wir uns zu dem einen oder anderen  Thema streiten werden“, sagt Soliga voraus. Und bei den nicht vereinbarten Themen haben beide  Fraktionen in ihrer Haltung zu den Anträgen des  Partners sowieso Narrenfreiheit. Beide wollen  auch die beiden anderen Fraktionen bei der Ausarbeitung  der Anträge keineswegs ausgrenzen. „Das  wird der Unterschied zu den vergangenen Jahren  sein, als die Entscheidungsfindung nicht so transparent  war“, sagt Soliga.  Die Mehrzahl der Anträge im politischen Alltag  kommt gewöhnlich aus dem Rathaus. Es ist die politische  Praxis, dass Steinbach künftig keine Papiere  vorlegen wird, die nicht zuvor von ihrer Fraktion  gesehen und gegebenenfalls auf mehrheitsfähig  getrimmt wurden. „Ich werde alle anderen Fraktionen  genauso informieren“, verspricht Steinbach,  zumindest bei der Grundlagenarbeit, trotz der Bindung  an die Fraktion keine Ungleichbehandlung  der vier Gruppierungen im Parlament.  Und nicht zuletzt das ist es, was die Grünen hoffen  lässt, dass Bischofsheim künftig besser vorbereitete  Politik erleben wird. „Der bisherige Bürgermeister  hat nicht informiert, und er hat sich keine  Mehrheiten gesucht“, schiebt Bleith Reinhard  Bersch die Verantwortung für die bisweilen  äußerst zähe Gremienarbeit in Bischofsheim zu.  Das Vertrauen der GALB, dass dies unter Steinbach  besser laufen wird – und das nicht nur mit ihrer  eigenen Partei – scheint bei den Grünen stark  ausgeprägt.
Noch keine Bewertungen vorhanden


X