Kommt die Flörsheimer „GroKo“?

Koalition am Ende – dfb Gewinner des Wahlabends – Massive Verluste für CDU und GALF – FDP legt kräftig zu

Aus und vorbei: GALF-Fraktionsvorsitzende Renate Mohr (3. von links) erteilte einer Koalition mit der SPD unter Bürgermeister Antenbrink (rechts) eine überaus deutliche Absage.
(Fotos: R. Dörhöfer)

FLÖRSHEIM (drh/noe) – Nachdem von 8.135 Wählern 3.622 reine Listenkreuz-Stimmzettel ausgezählt waren, durften am Abend des 6. März die Freien Bürger (dfb) als die großen Gewinner der Kommunalwahl in Flörsheim bezeichnet werden: mit einem Stimmenanteil von 19 Prozent wurde der dfb plötzlich zur drittstärksten Kraft der Stadtverordnetenversammlung. Die Auszählung sämtlicher Stimmen wurde indes erst zwei Tage später abgeschlossen, das dfb-Ergebnis musste in der Folge um einige Prozentpunkte nach unten korrigiert werden. Gleichwohl konnten die Freien Bürger beachtliche 14,7 Prozent der Stimmen erzielen und sich im Vergleich zur Kommunalwahl 2011 um 9,7 Prozent verbessern. Rang drei im Stadtparlament belegt die GALF, auf sie entfielen – was einem Einbruch um 9,1 Prozent entspricht – 16,3 Prozent der Stimmen. Was die Anzahl der Sitze angeht – und darauf kommt es an – rangieren dfb und GALF allerdings auf Augenhöhe: beide Parteien sind fortan mit jeweils sechs Mandatsträgern im Stadtparlament vertreten.

Die CDU verlor 7,8 Prozent ihrer Stimmen und ist mit nunmehr 30,1 Prozent auch nicht mehr die stärkste Partei im Stadtgebiet – den Spitzenplatz nimmt jetzt, wenn auch nur knapp, die SPD ein, die 30,4 Prozent und einen Stimmengewinn von 2,4 Prozent verbuchen kann. Auch im Falle der beiden größten Fraktionen im Stadtparlament schlägt sich dies nicht in der Sitzverteilung nieder: sowohl SPD als auch CDU stellen jeweils elf Stadtverordnete.

Die FDP, die bei der Kommunalwahl 2011 nur auf schwache 3,8 Prozent gekommen war, konnte kräftig zulegen und landete bei 8,5 Prozent. Die im alten Stadtparlament durch lediglich einen Stadtverordneten vertretenen Liberalen erhalten drei Sitze und besitzen somit nun auch Fraktionsstärke.
Der dfb-Fraktionsvorsitzende Thomas Probst freute sich am Sonntagabend über das Ergebnis, das in seinen Augen Abbild seiner eigenen kommunalpolitischen Arbeit ist. „Ohne Thomas Probst gab es solch ein Ergebnis für die Freien Bürger nicht. Mein Wirken in der Stadtverordnetenversammlung hat sich ausgezahlt“, sagte Probst von sich selbst überzeugt. Er glaubte nicht, dass viele Protestwähler ihr Kreuz bei der dfb-Liste gemacht haben. „Wir hatten unsere Parteifarben vor der AfD gewählt“, erklärte der 51-jährige Flörsheimer. Den dfb gebe es schon seit 2006 als Flörsheimer Partei, dass die AfD in gleichen Farben plakatiert habe, habe keinen Einfluss auf das Wahlergebnis gehabt. „Bei uns findet man keinerlei rechtes Gedankengut“, sagte der dfb-Fraktionsvorsitzende, der auf sieben bis acht Sitzplätze in der Stadtverordnetenversammlung spekulierte.

In den anderen Fraktionen sah man, auch wenn niemand den Freien Bürgern ein „politisches Fehlverhalten“ vorwarf, dennoch einen Zusammenhang: der Anteil der dfb-Stimmen entspreche quasi, rein statistisch betrachtet, dem AfD-Stimmenanteil im Kreistag. „Die Stapel an dfb-Listenzettel und AfD-Listenzettel waren gleich groß“, berichteten Wahlausschussmitglieder, die in den Wahllokalen Stimmzettel gezählt hatten.

„Erzkatholisch ist vorbei“
Die CDU-Fraktion machte die Flüchtlingsthematik für ihr schlechtes Ergebnis verantwortlich. „Wir werden die Flinte trotz des schlechten Ergebnisses aber dennoch nicht ins Korn werfen“, meinten der Fraktionsvorsitzende Marcus Reif und Parteivorsitzender Steffen Bonk unisono. Die beiden führenden Köpfe der CDU sahen in ihrem Personalangebot kein Manko, denn schließlich seien viele verschiedene Personengruppen auf der CDU-Liste zu finden gewesen. „Flörsheim hat sich aber einfach gewandelt. Erzkatholisch ist vorbei und auch von unseren klassischen Listenkreuzwählern gibt es immer weniger“, so die Analyse von Reif, der daraus den Schluss zog, dass auch die CDU sich wandeln müsse. „Wir hatten das Wahlziel mitzugestalten, und so werden wir Gespräche mit allen Parteien führen“, sagte Reif am Wahlabend. „Es darf keine Denkverbote geben.“

Für den bisherigen Stadtverordnetenvorsteher Wolfgang Odermatt stellte der offensichtliche Verlust seines Amtes, das üblicherweise aus den Reihen der stärksten politischen Kraft besetzt wird, keine große Überraschung dar. „Da hat sich der Bürgermeisterbonus durchgesetzt“, kommentierte Odermatt kurz.

Mohr kritisiert Antenbrink
Die Fraktionsvorsitzende der GALF Renate Mohr hatte zwar mit einem schlechteren Wahlergebnis als 2011 gerechnet, war aber über 15,3 Prozent dennoch enttäuscht. „2011 profitierten wir vom ,Fukushima-Effekt' und dem Bürgerentscheid, doch haben wir es in der Koalition wohl dennoch nicht geschafft, unsere Haltung eindeutig rüberzubringen“, sagte Mohr, die somit am Wahlabend auch eine weitere Koalition mit der SPD gänzlich ausschloss. „Auch wenn wir mehr als 20 Prozent geholt hätten: wir wollen keine Koalition mehr mit Bürgermeister Michael Antenbrink“, sagte Mohr. Sie warf dem Bürgermeister vor, dass er stets zuerst an seine Person, dann an seine Partei und nur zuletzt an seinen Koalitionspartner gedacht und die GALF über viele Planungsschritte erst spät oder gar nicht informiert habe. „Wir haben stets eine anständige und faire Politik gemacht. Wenn wir jetzt aber nur dem Wähler die Schuld geben, wäre das zu einfach“, so Mohr.

Erster Stadtrat Sven Heß (GALF) werde trotz der großen GALF-Verluste seinen Posten im Rathaus nicht einfach aufgeben. „Er ist gewählt und setzt sich mit größter Motivation für die Flörsheimer Bürger ein. Solange der Bürgermeister ihm seine Dezernate nicht entzieht, wird er sich nicht in die Schmollecke zurückziehen und wird seinen Job für Flörsheim weiterhin gut machen“, versicherte Mohr, der dennoch bewusst ist, dass Heß ohne die GALF als Koalitionspartner kein Druckmittel für politische Vorhaben in Händen hat. „Sven Heß ist einfach der richtige Mann am richtigen Platz“, sagte Mohr.

„Große Koalition liegt nahe“
Bürgermeister Michael Antenbrink deutete den Gewinn von 2,1 Prozentpunkten für die SPD, die nun stärkste Fraktion im Stadtparlament, als Bestätigung zum Weitermachen. „Für die GALF tut mir das Ergebnis leid. Die GALF hat eine gute Arbeit gemacht und der Umgang ist fair gewesen“, meinte der Bürgermeister, der sich neben einer großen Koalition auch eine „Ampel-Regierung“ vorstellen kann. „Dass die GALF am Wahlabend eine mögliche Fortsetzung der Koalition ausschließt, sorgt bei uns Sozialdemokraten nur für ein Stirnrunzeln und Verständnislosigkeit“, sagte Antenbrink. „Eine große Koalition liegt daher nahe.“ Kommt also die Flörsheimer „GroKo“? Nur eine Zusammenarbeit mit dem dfb schloss Antenbrink gänzlich aus.

Die FDP begründete ihren Stimmenzuwachs durch ihr „Fragenstellen zur Flüchtlingsthematik“. „Wir versuchten, mit den Menschen über ihre Sorgen bezüglich der Flüchtlinge zu reden und sie ins Boot zu holen“, argumentierte Michael Guske, der für den Wickerer Ortsbeirat auf der FDP-Liste kandidierte.

Die Wahlbeteiligung lag bei 51 Prozent und damit 3,5 Prozentpunkte höher als bei der Wahl 2011.

 

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