Kulinarisches Kabarett

Kabarettist Clajo Herrmann zu Gast in der Wiesenmühle

FLÖRSHEIM (ak) – „Sind sie so nett und gebe mir mal den Spundekäs?“ – kaum hatte man Platz genommen an der schön gedeckten, Ton in Ton festlich rosa geschmückten und mit Kerzen beleuchteten langen Tafel im geschmackvoll gemütlich eingerichteten Obergeschoß des Gasthofes Wiesenmühle in Flörsheim, konnte man auch schon mit seinen Tischnachbarn kommunizieren. Die vielen blinkenden Gläser in verschiedenen Größen, die Teller und Tellerchen und die Reihen von Besteck vor jedem Platz ließen jeden Gast ahnen, dass hier tatsächlich nicht nur sein Geist mit einem kabarettistischen Vortrag „gefüttert“ werden würde, sondern dass auch sein körperliches Wohlbefinden hier nicht zu kurz kommen würde.

 

Das gemeinsame Brötchen und Brezeln mit Spundekäs und Kräuterschmand bestreichen und mit einem guten Wein vom Weingut der Wiesenmühle zu genießen, brachte die Gäste einander gleich näher, das Ehepaar aus Hochheim und die Dame aus Leipzig, die bei ihrer Tochter aus Kelkheim zu Besuch war, tauschten schnell Urlaubserlebnisse aus, es wurde geplaudert und gelacht, bis die Wirtin der Wiesenmühle das Wort ergriff und ihre Gäste herzlich begrüßte.
Sie kündigte den Künstler des Abends an – Clajo Herrmann, den Mann, der früher Pfarrer war und der nun seit einigen Jahren „nur noch“ Kabarettist ist. Der keine Bühne aufgebaut haben möchte, keinen Vorhang und auch kein besonderes Licht auf ihn ausgerichtet haben möchte. „Das will ER so, und bei fremden Männern hör‘ ich ja meistens“, sagt sie augenzwinkernd entschuldigend. Als sie von der Menü-Folge des Abends erzählt, wird klar, wie untertrieben die Ankündigung eines „barmherzigen Süppchens mit anschließendem Vesperteller“ auf den Plakaten zur Veranstaltung war: Nach dem Aperitif dampfte eine wunderbare Riesling-Kräuterrahm-Suppe vor jedem der Zuschauer, danach eine Quiche Lorraine mit Rucola.
Die Stimmung unter den zufrieden speisenden Gästen war so schon vor dem Auftritt von Clajo Herrmann allerbestens. Man hätte denken können, dass alles gar nicht mehr besser werden könnte. Aber es kam doch noch besser – als Clajo Herrmann sich selbst mit dem Glöckchen ankündigte, sich dann einfach zum Publikum gesellte, um mit seinem typischen, in der Region so vertrauten, Frankfurter Zungenschlag seinen schlagfertigen, trockenen Humor um sich herum zu verbreiten. Mag sein, dass zunächst die Damen im Publikum mehr gelacht haben – über die Männer, die dabei sitzen und so „mitgenommen“ aussehen.
Über die Männer, die T-Shirts aus ihrer Jugendzeit nun –im Alter über 50– als „spannende Sache“ betrachten und für die ihre Jeans aus dieser Zeit heute „Zölibats-Hosen“ sind. Über die Männer, die in diesem Alter in den Spiegel schauen und sich sagen: „Gut, des erste Drittel ist vorbei.“ Oder auch über die „Männer-Diät“ vor Ostern – 7 Wochen ohne Gedanken.
Doch die Art des Vortrags brachte wohl in jedem männlichen Gast nach und nach die Fähigkeit hervor, so wie Clajo Herrmann, sich selbst mit Humor zu betrachten. Es ist ja auch so viel Wahres dran, auch an dem, was er über Frauen so herausgefunden hat. „Frauen werden gebraucht, die Arbeit muss ja gemacht wern!“ Jeder Ehemann weiß schon, was er an seiner „Mutti“ und auch an seiner Frau hat. Trotzdem eine Warnung, die Clajo Herrmann weitergibt: „Sache se nur nit Schatz zu ihrer Frau, das kann teuer werden. Mir hat mal ein Anwalt gesagt, im BGB steht, ein „Schatz“ wär ein Gegenstand, der schon sooo lang verborgen war, dass der Eigentümer gar net mehr festgestellt wern könnt!“
Spätestens an dieser Stelle waren alle Männer auch auf Clajo Herrmanns Seite, es wurde an allen Tischen laut Tränen gelacht, die Pointen folgten in einer Geschwindigkeit, in der es fast unmöglich war, dazu zu klatschen. Mit dem Bild vom Mann als „Geisel in der Sushi-Bar“, an dem das Essen einfach „vorbeifährt“ und der statt ordentlichem Besteck nur zwei „so Stäbcher“ in die Hand bekommt, ließ der Kabarettist sein Publikum für den zweiten Teil des abendlichen Wiesenmühle-Menüs allein.
Der „Vesperteller“, der nun serviert wurde, entlockte den Gästen reihum Kommentare wie „Wunderbar!“ und „Sehr schön gemacht!“, die Speisen darauf waren nicht nur schön angerichtet, sondern schmeckten auch allen vorzüglich. Das brachte sicher auch den nach der „Essenspause“ mit Beifall wieder begrüßten Künstler dazu, für das Küchenteam um die Wiesenmühle-Wirtin ebenfalls einen ganz besonderen Applaus einzufordern, der von den Gästen auch unverzüglich und mit Begeisterung gewährt wurde.
Im zweiten Teil seines Programms nahm Clajo Herrmann auch wieder viele Dinge mit „Wiedererkennungswert“ für seine Zuschauer auf’s Korn: Ob er über die langen Öffnungszeiten im Einzelhandel („da geh‘ ich abends nur mal hin, um zu gucke ob die auch wirklich was schaffe, ich hab‘ ja sonst ach Zeit“), das „Gelbwurst“-Trauma aller Kinder seiner Generation vor der Fleischtheke („Und wie sagt mer dann?“), über seine „Mutti“ oder über „die Fachzeitung Brigitte“ laut sinniert, man merkt, fast jeder im Saal erkennt sich, oder andere, die er gut kennt, in seinen Schilderungen wieder, es wird immer wieder laut schallend gelacht. Leo Korte aus Kelkheim bringt es schmunzelnd auf den Punkt: „Er hat so viel Wahrheit erzählt – ich fühl‘ mich, als ob er über mich geredet hat!“, sagt er mit einem Blick über den Tisch zu seiner Frau, mit der er seit 46 Jahren verheiratet ist, „aber so lange es mir gut geht dabei, warum soll ich mich beschweren?“
Auch das Ehepaar Heinrich aus Hochheim ist zwar vor Lachen fast erschöpft, aber begeistert: „Das hat sich wieder gelohnt hier her zu kommen – wir sind schon zum dritten Mal hier, waren schon im letzten Jahr beim Heinz-Erhardt-Abend und beim „Lustigen Gänse-Essen“, es war jedes Mal klasse!“
Für Oktober und November plant die Chefin der Wiesenmühle auch in diesem Jahr wieder Veranstaltungen, die man sich vielleicht jetzt schon vormerken und rechtzeitig buchen sollte: Im Oktober wird das „Theater der Generationen“ dort auftreten und im November wird es ein „Weihnachtsspecial“ mit Gerlinde Fink geben.
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