Eine echte Bereicherung für die Stadt

EVIM feiert: „Campus Schlocker-Stiftung“ erweitert – Neue Tagesförderstätte soll Strukturen eines Arbeitstages erlebbar machen

Ein echtes und dazu noch sehr nützliches Schmuckstück ist die neue Tagesförderstätte der EVIM.?(Fotos: A. Kreusch)

 

HATTERSHEIM (ak) – „Neben Wiesbaden ist Hattersheim unser bedeutendster Standort“, erklärte Matthias Loyal, Vorstandsvorsitzender der EVIM (Evangelischer Verein für Innere Mission), ganz offensichtlich sehr zufrieden bei der Einweihung des „kleinen, schicken Gebäudes zwischen Werkstatt und Wohnanlage“ auf dem Gelände der Schlocker-Stiftung in der Hattersheimer Dürerstraße.

 

Der eigentlich gar nicht so kleine, gleichwohl aber tatsächlich sehr „schicke“ Neubau beherbergt nun 24 Plätze in einer Tagesförderstätte, in der behinderte Menschen, die nicht oder noch nicht in den EVIM-Werkstätten tätig sein können, die Strukturen eines Arbeitstages erleben können. „Es ist wichtig, dass in unserer Gesellschaft alle Menschen, unabhängig von ihren Möglichkeiten, Förderung erfahren. Es geht dabei nicht nur um Arbeit, sondern darum, jeden einzelnen individuell zu fördern“, ist Loyal überzeugt. Er freute sich sehr darüber, dass seit Inbetriebnahme der Schlocker-Werkstätten sich die Anzahl der Tagesförderungsplätze von damals nur dreien, über (bis vor der Fertigstellung des Neubaus) zwölf auf nun 24 erhöht hat.
Die Baukosten für die neue Tagesförderstätte beliefen sich auf 1,3 Millionen Euro, EVIM wurde bei den Kosten unterstützt vom Landeswohlfahrtsverband Hessen, dem Land Hessen und der „Aktion Mensch“. Für Thomas Knieriem, dem im Landeswohlfahrtsverband unter anderem für den Main-Taunus-Kreis zuständigen Regionalmanager, steht nach der langen und sorgfältigen Planungsphase für den Neubau (die schon 2007 begann) fest, dass man bei EVIM nicht leichtfertig mit Millionen-Investitionen umgeht. Mit den Worten: „Wir halten die Investition in die Tagesförderstätte für würdig und notwendig, daher unterstützen wie EVIM hier gerne mit 120.000 Euro“, überreichte er während der Einweihungsfeier einen Förderbescheid an Renate Pfautsch, die Geschäftsführerin der EVIM Gemeinnützige Behindertenhilfe GmbH.
Thomas Knieriem hält den Standort des Neubaus zwischen der Schlocker-Wohnanlage und den -Werkstätten für gut gewählt. „Das ist eine gute Ergänzung hier auf dem immer ja weiter wachsenden Campus Schlocker-Stiftung, denn auch in Sachen Inklusion ist manchmal der Weg das Ziel. Nicht die Defizite der Menschen sollen im Vordergrund stehen, sondern ihre Möglichkeiten – der Wunsch danach, Tagesstruktur zu bekommen, ist allen gemeinsam. Die einen haben es leichter, ihre Wünsche zu formulieren, die anderen können das nicht, aber das rechtfertigt nicht, ihre Wünsche zu ignorieren.“ Knieriem sprach bei dieser Gelegenheit auch den Mitarbeitern der Schlocker-Stiftung seine Anerkennung aus: „Das ist ein sensibles Thema – Selbstverwirklichungsrecht und professionelle Unterstützung, da ist das Verhältnis immer geprägt von Ungleichheit. Hier werden hohe Anforderungen an die Mitarbeiter gestellt, aber ich bin überzeugt davon, dass Sie diesen gerecht werden!“

„Nur positive Resonanz“
Liane Grewers vom Hessischen Sozialministerium überbrachte Grüße von Sozialminister Grüttner. Das Land Hessen hat den Bau mit 564.000 Euro unterstützt. „Wir unterstützen EVIM gerne, weil wir die Arbeit schätzen, die hier geleistet wird“, lobte sie.
Architekt Marcus Born aus Wiesbaden blickte sichtlich stolz auf das von ihm entworfene neue Gebäude. „Ich erinnere mich noch genau an den Tag vor etwa einem Jahr, als wir hier auf dem Rasen die Räume mit Kreide eingezeichnet haben. In der Zwischenzeit haben uns zwar der Estrich und die Kelten einen Strich durch die Rechnung in Bezug auf die Bauzeit gemacht; auch ein Wasserschaden in der Küche zu einem Zeitpunkt, zu dem wir eigentlich dachten, jetzt ist alles fertig, hat uns noch mal eines Besseren belehrt. Und natürlich waren die großen Bäume immer genau da, wo auch die Versorgungsleitungen waren. Aber seitdem das Haus nun in Betrieb ist, haben wir nur positive Resonanz bekommen“, freute er sich. Er überreichte Renate Pfautsch und Peter Griebel, dem Leiter der Werkstatt der Schlocker-Stiftung, symbolisch einen großen Schlüssel. „Eigentlich ist das eine 'Schlüsselblume'“, lachte Born dabei, „denn daran hängt noch eine Baumpatenschaft, die wir hier auf dem Gelände gerne übernehmen möchten.“
Auch Hattersheims Erste Stadträtin Karin Schnick war zur Einweihung der Tagesförderstätte gekommen, sie lobte die seit vielen Jahren „wunderbare Zusammenarbeit“ mit der EVIM. „Dieser Geländetausch war auch für die Stadt ein Glücksfall, die 'Schlockers' sind aus Hattersheim nicht mehr wegzudenken, sie sind eine echte Bereicherung für unsere Stadt“, sagte Schnick. „Wir sind froh darüber, dass EVIM hier noch einige Projekte in der Pipeline hat!“
Renate Pfautsch hält das neue Gebäude nicht nur für eine architektonische Bereicherung des Wohnviertels: „Auch hier im Gebäude wird auf die Situation der Menschen, deren Leben oft von innerer Unruhe und Gespanntheit geprägt ist, besonders eingegangen.“ Die Geschäftsführerin bedankte sich bei den Gästen und lud alle nach der zum Mitswingen anregenden Tanzvorführung der „Schlocker-Tigers“ zu einem Rundgang durch das neue Haus und zu einem kleinen Buffet in einem der großen, lichten Aufenthaltsräume ein.
Auch Angehörige von Nutzern der Tagesförderstätte waren an diesem Tag zum Mitfeiern eingeladen, sie nahmen gerne die Möglichkeit wahr, das neue Gebäude kennenzulernen. Friedegunde Kowalski war mit ihrem Mann Hans-Jürgen nach Hattersheim gekommen, um sich die neuen Räume, in denen ihre Tochter Susanne nun tagsüber betreut wird, anzusehen – und beide waren begeistert. „Mir gefällt vor allem besonders gut, dass durch die großen Fenster so viel Licht in das Haus kommt. Das ist ja beinahe, als ob man mitten in der Natur ist“, freute sich Friedegunde Kowalski. „Wir sind sehr froh, dass unsere Tochter hierherkommen kann. Allein, dass sie jeden Tag in Eschborn um 7.30 Uhr abgeholt wird und um 16 Uhr wieder nach Hause gefahren wird, bringt eine Struktur in ihren Tagesablauf, die sie braucht.“

„In guten Händen“
Susanne hatte mit 18 Monaten einen Unfall, der unter anderem ihr Sprachzentrum schädigte. „Susanne kann jedes Lied singen – aber halt ohne Worte“, erzählt ihre Mutter liebevoll. „Uns ist es damals sehr schwergefallen, Susanne aus dem Haus zu geben. Aber manchmal ist es wirklich besser. Sie lebt nun bei der Lebenshilfe in Eschborn, aber am Wochenende holen wir sie nach Hause, so lange wir das noch können. Und wir sind wirklich sehr froh, dass sie auch hier in der Tagesförderstätte so gut aufgehoben und in guten Händen ist. Sie ist dadurch sehr diszipliniert geworden.“
Im barrierefreien neuen Gebäude der Tagesförderstätte gibt es auf zwei Etagen drei große Gruppenräume, die farblich sehr schön gestaltet, durch bodenhohe Fenster sehr hell und mit großen Tischen und bequemen Sitzmöbeln ausgestattet sind. Jedem Gruppenraum ist noch ein Ruheraum, ein Pflegebad sowie ein zusätzliches Duschbad mit WC zugeordnet. Daneben gibt es den mit einem Wasserbett, einem Bällchenbad und besonderer Lichtinstallation ausgestatteten „Snoozel-Raum“, eine eigene Küche und Räume für wechselnde Angebote.

 

 

 

 

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