Mit Spaß uff de Gass‘

Römer, Cowboys, Clowns und Hippies auf der Straße: Großer Besucherandrang beim Hattersheimer Fassenachtsumzug

Achtung am Wegesrand: Die römische Galeere des CCM bahnte sich ihren Weg.

91 Zugnummern, eine gewaltige närrische Zuschauerzahl am Straßenrand, und das Wetter spielte - bis auf ein paar kaum erwähnenswerte Regentropfen - auch mit: Die Wiederauferstehung des traditionellen Hattersheimer Fassenachtsumzugs hätte kaum schöner und erfolgreicher ausfallen können. Auch Bürgermeister Klaus Schindling zog ein positives Fazit: „Es war schön zu sehen, dass nicht nur die Hattersheimerinnen und Hattersheimer mit so viel Spaß und guter Laune am Wegesrand standen, um den närrischen Lindwurm anzuschauen, sondern auch viele Närrinnen und Narren aus dem Umland“.

Pünktlich um 14.11 Uhr ging es los, und es ist kaum möglich, in einem Bericht allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern des bunten, fröhlichen Umzugs gerecht zu werden. Nach der Polizei als Vorhut brachte die FZO Brass Band Firebirds Okriftel mit Pauken und Trompeten den nötigen Schmiss auf die Straße, bevor mit dem 1. Sindlinger Karnevalverein von 1925 die ersten waschechten Närrinnen und Narrhallesen gute Laune verbreiteten.

Dann wurde es kurz amerikanisch: Den Cowboys, Trappern und Bürgerkriegs-Truppen aus dem "Indian Valley" waren auch deutsche "Helau!"-Rufe nicht fremd, ebenso den Cheerleadern von Frankfurt Universe, dem in der German Football League (GFL) spielenden American-Football-Team aus der nahegelegenen Mainmetropole.

Aus dem benachbarten Kriftel bereicherten gleich mehrere Akteure den Fassenachtsumzug: Die verkleideten Mitglieder der Krifteler Heimat- und Festwagengesellschaft sparten wahrlich nicht mit dem Schmeißen von Bonbons & Co., und das renommierte Brass & Drum Corps Kriftel gab den "strengen" Takt vor, bevor der Krifteler Karneval Klub (KKK) mit seinem diesjährigen Kampagnenmotto "Mit Flower-Power, Love & Peace hinein ins Fastnachtsparadies" einen lässigeren Gegenpunkt setzte und enthusiastisch Hippiekultur und das Flair der sechziger und siebziger Jahre verbreitete - inklusive Bürgermeister Christian Seitz, verkleidet als Pril-Flasche. Und auch die Handballabteilung der TuS Kriftel ließ sich nicht lumpen: Diese feiert in diesem Jahr ihr 100-jähriges Jubiläum, und zum Auftakt des Festjahres waren die Handballer beim Hattersheimer Umzug mit einem großen Tross präsent. Die TuS Kriftel grüßte mit einem dreifach donnernden „Handball helau, TuS helau, Kriftel helau“.

Superhelden, Aliens und Cheerleader

Auch Hattersheimer Sportvereine waren natürlich nicht zu knapp vertreten: Die SG DJK Hattersheim präsentierte ihre "verbündete" Superhelden-Schar von Batman über Thor bis hin zu Super Mario, während sich der TV Okriftel "überirdisch gut" zeigte: Silber-glitzernde, mit Fühlern und Sonnenbrillen ausgestattete Außerirdische waren bestens aufgelegt und versorgten die Kinderschar am Wegesrand freudig mit Naschmaterial. Der TVH zog "mit dem Football in der Hand durch das Narrenland": In Trikots und Fanbekleidung amerikanischer NFL-Teams begrüßte man die Hattersheimer Narrenschar. In diesem Jahr besonders beliebt, und das sicher nicht zuletzt dank des Superbowl-Gewinns eine Woche zuvor: Die Kansas City Chiefs. Passend dazu zeigten sich im weiteren Zugverlauf auch noch die Cheerleader der American Football Crusaders aus Rüsselsheim.

Auch der Hattersheimer Tennisclub ist in Jubiläumsstimmung: "50 Jahre Tennis am Main - schöner kann's nichts ein!" hieß es dort. Verkleidet als schneeweiße Tennisengel bereicherte man den Umzug.

Galeere ahoi!

Ein besonders markantes Highlight des Fassenachtsumzugs war freilich der Beitrag des Carneval Clubs Mainperle Okriftel, der, wie schon vor drei Jahren, wieder mit seiner großen Römergaleere namens "Verschüttnix" angereist war. Flankiert von Senatorinnen und Senatoren, einer Vielzahl an römischen Legionären und auch ein paar widerspenstigen Galliern bahnte sich das antike Schiff seinen Weg. Landrat Michael Cyriax lief übrigens als Senator mit, während der Hattersheimer Bürgermeister Klaus Schindling eher bodenständig als Centurio unterwegs war - wäre er bei dieser Verkleidung geblieben, hätte er sich womöglich besser gegen den Rathaussturm im Anschluss an den Umzug zur Wehr setzen können. So jedoch fielen einmal mehr die Stadtkasse und der Schlüssel zum Rathaus den närrischen Rebellen in die Hand - eine erfolgreiche Revolution für wenige Tage, bis eben am Aschermittwoch wieder alles vorbei ist.

Weitere willkommene Zugbeiträge aus dem Umland lieferten unter anderem die als Clowns verkleideten Wiesbadener Taunusmusikanten, eine Abordnung des Flörsheimer Narrenclubs FNC und der Hofheimer Fastnachtszug e.V. mit seinem großen Motivwagen in Form einer riesigen Narrenkappe.

Erst Süßigkeiten, dann frischer Fisch

Die Wilden Weiber aus Okriftel ließen keinen Zweifel an ihrem diesjährigen Slogan: "Süß und wild im Candy-Land", wie im Rahmen ihrer Fassenachtssitzungen, zeigten sich die Damen in quietschbunten Kostümen. Natürlich witterte da der eh schon kurz vor dem Zuckerschock stehende Nachwuchs besonders fette Beute - und wurde nicht enttäuscht.

Für "Musik und Tanz" steht der Gesangverein Liederkranz Eintracht Eddersheim, und das nun schon seit stolzen 150 Jahren. Angelehnt an das Fischerfest nahm der Verein in Friesennerzen und mit vielen frisch gefangenen Meeresbewohnern aus Plüsch und Papier am diesjährigen Umzug teil, zusammen mit seiner beliebten Showtanzgruppe, den Candy-Girls.

Eine besondere Premiere feierte die Gemeinschaft Hattersheimer Tagesmütter, die erstmals an einem Fassenachtsumzug teilnahm. In variantenreichen Kostümen, vom Bajuwaren über ägyptische Pharaos bis hin zu bunten Clowns, lief die Chorgemeinschaft Hattersheim beim Umzug mit, und der Spielmannszug der Freiwilligen Feuerwehr Okriftel wusste auch mit fröhlich-schönen Klängen zu überzeugen.

Einsatz für Menschenrechte im Fokus

Natürlich wurden auch in diesem Jahr die besten Zugnummern vom Zugkommitee ausgezeichnet, und dabei räumten zwei Privatgruppen besonders ab: Zum einen bei den Fußgruppen die "Recycled Dancers", die knallrote Kostüme aus Plastikgeschirr zur Schau trugen, sowie bei den Fassenachtswagen die "Privatgruppe Krüger", die sich optisch ganz dem mexikanischen Feiertag "Dia de Muertos" verschrieb, zu deutsch: "Tag der Toten". Und dabei gedachte man ganz besonderen Persönlichkeiten aus der Menschheitsgeschichte, die sich in Sachen Menschenrechte außerordentlich verdient gemacht haben. Der Motivwagen war gesäumt mit Porträts und Zitaten von Sophie Scholz über Rosa Parks bis hin zu Martin Luther King. Die Privatgruppe stellte damit eindrucksvoll unter Beweis, dass man gleichzeitig ausgelassen feiern und zum Nachdenken anregen kann.

Bei den Fußgruppen holten die Wilden Weiber Okriftel Silber und der Gesangverein Liederkranz Eintracht Eddersheim Bronze, während bei den Wagen auch die Clowns der Privatgruppe Lindner und die CCM-Galeere Plätze auf dem Podest ergattern konnten.

Mit dieser Preisverleihung und der bereits erwähnten Erstürmung des Rathauses durch die Narrenschar fand auch dieser Umzugssamstag schließlich ein Ende - jedoch natürlich noch lange nicht die Feierlust aller Freunde der fünften Jahreszeit, die nach der jahrelangen Pandemiepause zweifellos besonders ausgehungert waren. Und auch Bürgermeister Klaus Schindling zeigte sich sehr zufrieden mit dem Ablauf: „Mein besonderer Dank gilt dem Organisationskomitee des Fastnachtsumzuges für die tolle Organisation und den reibungslosen Ablauf dieser Großveranstaltung. Weiterhin möchte ich mich bei allen Helferinnen und Helfer der Polizei, des Ordnungsamtes, des Deutschen Roten Kreuzes und der Freiwilligen Feuerwehren ganz herzlich bedanken.“

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