Zum Einbau der neuen Glocke und zur Qualität des historischen Mauerwerks der Gallus-Kirche Flörsheim

Beim Einbringen der neuen Glocke in den Turm von St. Gallus musste eine Fensteröffnung erweitert und anschließend die Öffnung wieder zurückgebaut werden. Am Bau Beteiligte äußerten sich dabei mit Recht über die solide Qualität des historischen Mauerwerks. Gleichzeitig wird die jüngere Nachverfugung des Turmmauerwerks als verunstaltend kritisiert. Ich sehe dieses graue Zementgeschmiere genauso kritisch. Es ist aber auch noch technisch nicht in Ordnung; denn die Zementfugen sind viel zu hart und außerdem dampfdicht.
Das betrifft zum Glück nur den Turm und nicht das Kirchenschiff. Warum? – Die letzte große Restaurierung von St. Gallus wurde in den 1990er Jahren von mir geleitet. Auftraggeber war die Kirchengemeinde, unterstützt vom Bistum Limburg. Der Turm war ausgenommen, denn die Baulast dafür lag bei der Stadt Flörsheim.

Das Bruchsteinmauerwerk des Kirchenschiffs musste in erheblichem Maße nachgefugt werden. Dazu hat Maurermeister Martin Kilb eine ganze Serie von Kalkmörtelmischungen mit verschiedenen gelblichen Sanden entwickelt, Probeverfugungen angelegt und wir haben uns gemeinsam für eine Verfugungsmethode entschieden. Man kann sich das ansehen, es ist nach Jahrzehnten noch technisch völlig intakt und gestalterisch unauffällig. Kalkmörtel ist weicher als Zementmörtel und das ist wichtig für den Feuchteausgleich. Die fehlerhafte Verfugung am Turm ist nicht „von Restauratoren früherer Tage“ durchgeführt worden – wie jetzt geäußert wurde – sondern von schlechten Handwerkern. Wer das war und wer die Bauleitung dafür hatte, ist mir nicht bekannt. Es geschah nach meiner Zeit, ich war jedenfalls nicht beteiligt.

Vielleicht waren es dieselben, die etwas später die Bruchsteinmauer südlich der Kirche neu verfugt haben. Ist das Nachfugen am Turm ein zementgraues Geschmiere aber wenigstens eben hergestellt, so wurden an der Stützmauer „Krampfaderfugen“ ausgeführt, die absolut falsch und genauso verunstaltend sind. Als ich das der Stadt damals erschrocken mitgeteilt hatte, war es schon zu spät. Die „Krampfadern“ sind immer noch da.

Professor Horst Thomas
Architekt und Denkmalpfleger

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