Heiß begehrt und kühl getrunken

Feiern und genießen auf dem Wickerer Weinfest / Von der Sonne (zu sehr) verwöhnt: Winzer hoffen nun auf Regen

Kenner haben sich das Wickerer Weinfest im Kalender rot angestrichen: Auch in diesem Jahr strömten zahlreiche Besucher aus Nah und Fern in den Weinort.
(Fotos: R. Dörhöfer)

WICKER (drh) – „Wein schenkt Freude“ – war auf im Weinberg abgestellten Holzkisten zu lesen, die mit leeren Weinflaschen gefüllt waren. Beim Wickerer Weinfest von Freitag, 31. Juli, bis Sonntag, 2. August, zeugten viele freudige Gesichter von Einheimischen wie Auswärtigen von einer gelungenen 42. Auflage. Dennoch aber, so stellten einige Winzer fest, sei der Andrang aufs Festgelände doch auch nicht allzu groß gewesen. Gerade am Samstagabend hatte sich der sonst schon von einer Menschenmenge verstopfte Straßenzug noch vor Mitternacht wieder gelichtet. Nicht wenige Weinfestbesucher genossen ihre Weine wohl lieber im grünen Ambiente der Weinberge. Die vielen Tischgarnituren entlang der Reben am Ortseingang waren jedenfalls noch lange dicht besetzt. Alles in allem sind die Winzer aber dennoch zufrieden, denn der Wettergott belohnte ihre Mühen nach einer extrem schwierigen Ernte im vergangenen Jahr mit bestem Genießer-Wetter.

„In diesem Jahr findet die Lese wohl nicht vor Oktober statt, und so hoffen wir auf eine ruhigere Ernte“, meinte der Hochheimer Winzer Sascha Lauer, der in der Lage Wickerer Mönchsgewann Reben bewirtschaftet und somit seit drei Jahren auch auf dem Wickerer Weinfest einen Stand betreiben darf. „Jeder Winzer des Wickerer Weinfestes muss mindestens zwei eigene Wickerer Weine auf der Karte haben“, nennt Lauer die Bedingungen. Der 32-jährige Winzer hat 2010 das kleine 4,5 Hektar große Familienweingut übernommen, wo er zu 90 Prozent Riesling anbaut. Etwas Spätburgunder und Scheurebe runden sein Angebot ab. „Wir hoffen, dass sich das Wespenproblem noch legt“, sagte Lauer. Auch Winzer Martin Mitter sorgt sich um die Folgen des Treibens der aggressiven Gesellen, die sogar jetzt schon an noch völlig unreifen Pergeln in manchen Lagen die Trauben anbeißen. „Die Wespen scheinen wirklich auf den letzten Rest Zucker aus zu sein“, meint Mitter, der sonst eher zufrieden auf das aktuelle Weinjahr blickt. Der falsche Mehltau (Peronospera) sei kein großes Thema gewesen und so sei er mit seiner Biobewirtschaftung gut zurechtgekommen. Den gewöhnlichen Mehltau habe er mit Backpulver in Schach gehalten.

„Wir müssen wachsam sein“
Neben dem Weingut Mitter-Velten strebt nun auch ein zweites Weingut in Hochheim die Biozertifizierung an. Ganz gleich, ob Bio oder konventionelle Bewirtschaftung, alle Winzer sehnen sich nach Regen. Gerade die Junganlagen sind sehr gefährdet, da ihre Wurzeln noch nicht tief genug ins Erdreich reichen, um an tiefere Wasservorkommen zu gelangen. „Die Stiele der jungen Rebstöcke drohen zu verholzen“, erklärte Winzer Michael Hück, der deshalb auch schon viele seiner jungen Rebstöcke wässerte. Manch Winzer hatte zu großen Weinstöcken sogar schon Wasser in den Weinberg gefahren. „Bei Temperaturen über 40 Grad und null Niederschlag sind alle Jungreben unter fünf Jahren in Gefahr“, meinte Hück. Martin Mitter hat bei seinen Kontrollen der Jungreben noch ein zusätzliches Problem entdeckt, denn in den Verbisshülsen der jungen Reben nisteten in diesem Jahr auch jede Menge Wespen. Ein weiteres Thema wird die Kirschessigfliege sein, denn auch hier gibt es noch keine neue Idee, wie die Winzer diesem Schädling wirklich wirkungsvoll begegnen können. „Da müssen wir einfach wachsam sein“, meinte Sascha Lauer.
Michael Hück bot an seinem Stand neben dem gewöhnlichen weißen auch einen roten Riesling an. Der Wein an sich ist zwar auch ein Weißwein, wird aber aus roten Rieslingtrauben gekeltert. „Die roten Trauben geben aber in keinem Fall Farbe an den Wein ab“, erklärte Hück Junior. Der rote Riesling ist quasi der Vater des weißen, die Rebsorte ist erst vor wenigen Jahren wiederentdeckt worden. Sie zeichnet sich durch etwas weniger Säure und einen höheren Fruchtgehalt aus. Einst war die rote Rieslingstraube ins Hintertreffen geraten, da Vögel die roten Trauben mit Vorliebe fraßen. Heute sind es aber weniger die Vögel, eventuell jedoch die Kirschessigfliege, die der alten Rebsorte zusetzen könnte. „Im vergangenen Jahr hatten wir hier noch keine Kirschessigfliege am roten Riesling. Doch im Badischen gab es schon Schäden. Das müssen wir beobachten“, meinte Michael Hück.

Rundum gelungen
Am Freitagnachmittag hatten die Weinmajestäten, allen voran Weinkönigin Jennifer Flick, das Wickerer Weinfest eröffnet. Jennifer Flick ist die 40. Wickerer Weinkönigin, ihr steht Weinprinzessin Marie Langer zur Seite. Jennifer Flicks Vater und Bruder bewirtschaften gemeinsam ein 6 Hektar großes Familienweingut in Wicker. „Thanks God for Riesling“ ist das Motto der Flicks, die pünktlich zum Wickerer Weinfest neue Auszeichnungen des Wettbewerbes „Best of Riesling 2015“ in ihrem Weinstand präsentieren konnten. Neben den Weinmajestäten begrüßten Winzervereinsvorsitzender Wilhelm Hück, Staatsminister Axel Wintermeyer, Bürgermeister Michael Antenbrink, für den Main-Taunus-Kreis Wolfgang Kollmeier und Ingrid Hasse sowie Ortsvorsteher Christopher Willmy die ersten Weinfestbesucher. Mit dem Ausspruch „Auf dem Weinfest gehts rund“ schlug Bürgermeister Michael Antenbrink den Bogen zum noch nicht ganz fertigen Wickerer Kreisel, in dem man pünktlich zum Weinfest dennoch schon erste Runden drehen konnte. „Beachten Sie beim Heimweg aber, dass über die Kreiselgestaltung noch nicht entschieden ist und es in jedem Fall aber kein Autowrack werden soll“, meinte Antenbrink.
Bereits der schöne Auftakt, bei dem das Wickerer Weinmajestätenduo royale Unterstützung von gekrönten Häuptern aus Hochheim, Martinsthal, Erbach und Kiedrich erhielt, wurde unter Begleitung des Flörsheimer Musikvereins zu einem ersten Höhepunkt des Festes. Am Sonntagmorgen schließlich spielte der Musikverein zum Frühschoppen auf und trug somit dazu bei, dass auch der dritte Tag des rundum gelungenen 42. Wickerer Weinfestes in bester Erinnerung bleiben wird.

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