Das Geld soll gerecht verteilt werden

Deutliche Worte am 1. Mai – Redner bekräftigen ureigene sozialdemokratische Forderungen

OKRIFTEL (idl) – Sommerliches Wetter – wer denkt da schon an einen Schirm? Zwar waren bei der traditionellen Maifeier der Hattersheimer SPD in der Radfahrerhalle „Schirme“ nicht das allein umfassende Thema. Doch zumindest der kommunale Rettungsschirm, unter den Hattersheim angesichts einer defizitären Haushaltslage wird schlupfen müssen, spielte in der Rede von Bürgermeisterin Antje Köster eine tragende Rolle.

 

Ausgesprochen zufrieden durften die Genossen über das Interesse an ihrer Veranstaltung sein.
Die Radfahrerhalle war bestens besucht, bereits eine gute halbe Stunde vor Beginn des offiziellen Programms trugen fleißige Hände noch Tische und Bänke in die Halle.
Nach der Begrüßung der Gäste durch SPD-Ortsvereinvorsitzenden Ralf Meik, der unter anderem die Stellvertretende Landesvorsitzende der SPD, Hofheims Bürgermeisterin Gisela Stang, Landtagsabgeordnete Nancy Faeser (Stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD im Hessischen Landtag), sowie den amtierenden Bürgermeister von Flörsheim, Michael Antenbrink und die „Alt-Bürgermeister“ Hans Franssen und Adi Schubert willkommen heißen durfte, warb Rathauschefin Antje Köster in ihrer Rede um Verständnis für die Sparmaßnahmen, die die Stadt Hattersheim in der nächsten Zeit wird umsetzen müssen.
„Wir haben den klaren Auftrag und die Verpflichtung, alle so genannten freiwilligen sozialen Leistungen auf ihre Notwendigkeit hin zu überprüfen“, so die Hattersheimer Bürgermeisterin. „Eine besondere Aufmerksamkeit kommt dabei den Themen Gebührenerhöhungen und Freibad zu. Dazu möchte ich betonen: kein Hattersheimer Kommunalpolitiker will das Freibad schließen. Aber das Schwimmbad ist ein gutes Beispiel dafür, worum es im Kern geht. Es geht um die Frage, was sind freiwillige Leistungen? Was sind Pflichtaufgaben? Und wie steht es um die Ausstattung der Kommunen mit den dafür notwendigen Finanzmitteln?“ So übersteige in 2012 das Defizit im Bereich Kinderbetreuung in Hattersheim erstmals die Schwelle von 7 Millionen Euro und entspricht damit stolzen 75 Prozent des gesamten Haushaltsdefizits. Köster forderte ein klares Bekenntnis zum Konnexitätsprinzip, was vereinfacht nichts anderes bedeutet als: „Wer bestellt, der zahlt.“
Die auf Landesebene beschlossene Verpflichtung der Kommunen in Sachen Bereitstellung von Kindergarten- und Krippenplätzen sei im Grunde nichts Verwerfliches. Aber man müsse auch die entsprechenden finanziellen Mittel zur Verfügung stellen, so die Rathauschefin. „Über was reden wir denn, wenn wir über freiwillige Leistungen der Stadt sprechen? Sind sie nicht auch notwendig in unserer Stadt?“, führte die Hattersheimer Bürgermeisterin aus. „Tut die öffentliche Hand – tun wir genug für die Menschen, die weniger privilegiert sind? Wir würden gerne mehr tun, denn es ist notwendig mehr zu tun. Aber die Sparzwänge, die wir auferlegt bekommen, wenn wir unter den Rettungsschirm gehen, werden uns dazu keinen Spielraum mehr geben.“
So sehr man sich über eine annähernde Vollbeschäftigung in Hessen auch freuen könne, den Preis für die reichlich eingefahrenen Gewinne der Unternehmen zahle der kleine Mann. „Tatsache ist, wir haben in Deutschland einen Reallohnverlust zu verzeichnen, was nichts anderes bedeutet, dass auf Kosten der Menschen, die im Niedriglohnsektor beschäftigt sind, satte Gewinne eingefahren werden.“ Wenn der Staat Geld brauche, dann solle er es sich von denen beschaffen, die reichlich davon haben. „Es ist eine alte sozialdemokratische Forderung, die heute so aktuell ist wie vor hundert Jahren“, so Antje Köster bei der 1. Mai-Feier der SPD. „Das Geld soll gerecht verteilt werden.“
Auch der Hauptredner der Veranstaltung, der Fraktionsvorsitzende der SPD im Hessischen Landtag, Thorsten Schäfer-Gümbel, hatte die Entsolidarisierung zum Kernthema seiner Rede gemacht. „Was nutzt uns die annähernde Vollbeschäftigung, wenn der Preis dafür ist, dass Arbeitnehmer zunehmend ausgebeutet werden“, so Schäfer-Gümbel, der das Thema Leiharbeit in diesem Zusammenhang als Beispiel nannte. Schäfer-Gümbel forderte: „Gleichen Lohn für gleiche Arbeit.“ Seit Jahren werde das Thema Mindestlohn diskutiert, so Schäfer-Gümbel. „Dazu gibt es nur eines zu sagen. Mindestlöhne müssen sofort durchgesetzt werden.“ Der Fraktionsvorsitzende der Hessen-SPD unterstrich seine Forderung mit einer griffigen Rechnung: „Wer heute für sechs oder sieben Euro die Stunde einer Vollbeschäftigung nachgeht, der landet im Alter zwangsläufig in der Grundsicherung.“ Nach Jahren der Lohnzurückhaltung habe er deshalb vollstes Verständnis für die aktuellen Forderungen der Gewerkschaften. Ein Blick in die Geschichte belege, dass der „wirtschaftliche und soziale Aufstieg einer Gesellschaft dauerhaft nur zu sichern ist, wenn der gesellschaftliche Zusammenhang gewahrt bleibt und Solidarität geübt wird.“
Im Zusammenhang mit dem kommunalen Rettungsschirm sprach Schäfer-Gümbel von einer unbefriedigenden Lösung. „Nicht der Rettungsschirm für ausgeblutete Kommunen ist die Lösung, sondern die Rücknahme der von der Hessischen Landesregierung vorgenommenen Streichung von 344 Millionen Euro an Fördermitteln für die hessischen Kommunen.“
Schäfer-Gümbel erteilte der Privatisierungwelle im Gesundheitswesen eine Absage, bezeichnete die Energiewende als „Riesenchance für Wirtschaft und Konjunktur, wenn man sie denn endlich professionell managen würde“ und äußerte sein vollkommenes Unverständnis bezüglich der Haltung der Hessischen Landesregierung in Sachen Flughafenausbau. „Koch und seine Landesregierung haben über Jahre das Ja zum Ausbau an das Nachtflugverbot gekoppelt – und dann selbst dagegen geklagt. Das ist beim besten Willen nicht nachvollziehbar. Deshalb fordern wir als Hessische SPD die Umsetzung aller im Mediationsverfahren gemachten Zusagen. Die betroffenen Bürger müssen sich auf eine rechtssichere Umsetzung verlassen dürfen.“
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