Im Jahr 2012 sollen Verbindungen wachsen

Bischofsheimer Neujahrsempfang im Bürgerhaus in einem gänzlich neuen Rahmen geriet äußerst unterhaltsam

BISCHOFSHEIM (gus) – Das war für Bischofsheim einmal eine erfrischende, ganz andere Art des Neujahrsempfangs. Keine langwierigen Begrüßungen, Grußworte, keine Sportlerehrung, die den Großteil des zeitlichen Budgets beansprucht, keine reine Sitzveranstaltung, bei der sich hauptsächlich Menschen versammeln, die irgendwie halt kommen mussten.

Bürgermeisterin Ulrike Steinbach (SPD) wollte bei ihrem ersten Neujahrsempfang einen ganz anderen Weg gehen und bediente sich professioneller Hilfe bei der Planung und Organisation von dem, was wohl eher mit den neudeutschen Wort „Event“ zu beschreiben ist als mit dem Wort Empfang. Die Künstler Andrea Engler und Axel S., bestens bekannt an der Mainspitze vor allem über die Gustavsburger „Achterbahn“, bieten ein „Showpaket“ an, das die technische Organisation solcher Veranstaltungen ebenso umfasst wie die Einbindung von Künstlern in das Programm.

Steinbach stellte den Abend unter das Motto, das sie sich selbst für ihre Arbeit im Jahr 2012 gegeben hat: Verbindungen. „Wir wollen Verbindungen schaffen, pflegen und sichtbar machen“, erläuterte sie die Vorgabe an die Arbeit der Verwaltung für die kommenden zwölf Monate. Dieser Begriff zog sich dann auch durch den gesamten Abend, wenn auch manchmal vielleicht etwas gewollt hineingepresst.
Die geladenen Gäste bekamen am Dienstagabend zunächst eine halbe Stunde Zeit, sich um Bistrotischen herum zu versammeln, zu begrüßen und dem Smalltalk hinzugeben. Es trafen sich auch bei einem Neujahrsempfang zwar weitgehend dieselben Menschen aus Politik, Wirtschaft und Vereinen, die sich immer bei größeren Ereignissen in der Gemeinde begegnen, aber hier war Zeit, auch mal ein intensiveres Gespräch zu führen – worüber auch immer. Auch Landrat Thomas Will und Ginsheim-Gustavsburgs Bürgermeister Richard von Neumann waren gekommen, mussten oder durften aber auf Ansprachen an die Bischofsheimer verzichten, ohne dass etwas vermisst wurde.
Auf der Bühne, um einen Vorbau erweitert, untermalte derweil das Swing-Duo „Café Chez Nous“ die Gespräche im hinteren Teil des Saals, Ballonkünstlerin Rita Wiebe führte live das Verknoten von Luftballons zu Gebilden aller Art vor, und auf der Leinwand an der Bühne war eine Mobilfunknummer zu sehen, an die die Gäste aufgefordert waren, SMS-Mitteilungen zu senden, die dann auf der Leinwand erschienen. Da war dann der schlichte Neujahrsgruß zu lesen, Glückwünsche zum Geburtstag, das Lob für das Catering („Der Sekt ist lecker“), oder ein herausforderndes „Mal schauen, wie viele Zeilen auf der Leinwand dargestellt werden können“. Doch schließlich hieß es „Bitte nehmen Sie Platz“, damit das Programm seinen Anfang nehmen konnte. Mit Artistik: Antje Pode, die am Bahnhof auf der Bürgerhausbühne haarscharf ihre Verbindung verpasste, bewältigte beim Warten auf den nächsten Zug ihre aufkommende Langeweile an Bahnsteig mit einer Kofferjonglage. Einen auf jedem Fuß im Takt gedreht, dazu ein Handtäschchen wirbelnd und drei Bälle mit den Händen im Kreise geworfen – da werden neben der Muskulatur schon ein paar Gehirnwindungen beansprucht.
Die Moderationsaufgabe für den Abend übernahm Steinbach selbst. Traditionell ist neben der Gemeinde der Vereinsring Mitveranstalter des Neujahrsempfangs. Diesmal beteiligte sich erstmals aber auch der Ortsgewerbeverein (OGV). Beide Interessengemeinschaften leisten natürlich ihren Teil dazu, dass zwischen den Menschen in der Gemeinde Verbindungen entstehen und gepflegt werden.
Detlef Gärtner (Vereinsring) und Ulrich Kühlburg (OGV) sind Steinbachs „Verbindungsmänner“ zu den Vereinen und Unternehmen in der Gemeinde, hob die Bürgermeisterin hervor. Gärtner erläuterte, dass die 43 im Bischofsheimer Vereinsring organisierten Vereine rund 7000 Mitglieder repräsentierten, davon etwa 3700 in den Sportvereinen. „Der Vereinsring moderiert die Vereine, redet ihnen aber nicht hinein“, stellte Gärtner klar. Das unterscheide das Bischofsheimer Modell von dem in vielen anderen Gemeinden.
Kühlburg sieht das Gewerbe in Bischofsheim immer noch recht gut aufgestellt, besonders im handwerklichen Bereich. „Unsere Unternehmen sorgen dafür, dass es sich in Bischofsheim ganz gut leben lässt.“ Freilich sei der Mottospruch seines Vorgängers als OGV-Chef, Norbert Haus, schwierig einzuhalten. „Wir geh'n nicht fort, wir kaufen im Ort“ sei durch die Angebote auf der Grünen Wiese ein bedrohter Anspruch. Damit die Bischofsheimer die Verbindungen zu ihren örtlichen Betrieben und Dienstleitern behielten oder knüpfen könnten, forderte er die Kunden auf: „Wenn Sie zufrieden sind mit den Unternehmen, tragen Sie es weiter.“
Ein absoluter Spezialist für Verbindungen ist zweifelsohne Justin Zongo. Der Mann von der Elfenbeinküste ist nämlich Busfahrer in Rüsselsheim und jüngst zu einiger Berühmtheit gelangt. Eine Tageszeitung, das HR-Regionalmagazin „Maintower“ und RTL hatten über seine Begabung berichtet, nicht einfach nur einen Bus von A nach B zu bringen, sondern den Kunden, hauptsächlich Schüler, dabei beste Unterhaltung durch seine Ansagen und Sangeskünste zu bieten.
Natürlich verbindet er so die Menschen über alle Nationalitäten und Lebensumstände hinweg, wie Steinbach und Zongo hervorhoben. Dass für ihn alle Fahrgäste gleich willkommen sind, wie er betonte, ist freilich etwas, was die Buskunden hoffentlich von jedem Busfahrer erwarten dürfen.
Zongo gab den Bischofsheimern eine kleine Vorstellung seiner Sangeskunst, dann vertieften Steinbach, Zongo, Gärtner und Kühlburg ihre Verbindungen zum Thema Verbindungen noch ein paar Minuten bei einer Gesprächsrunde auf dem roten Sofa und roten Sesseln.
Gärtner forderte dabei, dass besonders die ehrenamtliche Arbeit in den Vereinen von der Politik weiter gewürdigt werden müsste. Zongos Traum für weitere Fortschritte in der Gesellschaft in Sachen Verständigung der Menschen über alle Schichten und Herkünfte hinweg lautet „Mehr Arbeit für junge Leute und Spielplätze.“
Die Verleihung des Bürgerpreises für 2011 war wie gehabt eine Aufgabe für Hugo Berg. Der Vorsitzende der Gemeindevertretung ist Vorsitzender des Auswahlgremiums, das im vergangenen November die eingegangenen Vorschläge sichtete und sich auf Edelgard Rabe einigte (siehe Seite 3).
Am Schluss des offiziellen Teils ging es noch einmal hoch her. Monsieur Chapeau aus Berlin beliebt auf Tische zu steigen, auf die er wacklige Metallrohre und schließlich ein Brett stapelt um darauf herumzuturnen, Seil zu springen und ähnlichen Unfug. Gut und gerne hätte der Neujahrsempfang mit einem Notarzteinsatz enden können, aber der Mann beherrscht sein „Rola Bola“ eben perfekt.
Ganz entspannt ging es so bei weiteren Swingtönen von „Cafe Chez Nous“ an das inzwischen aufgebaute Buffet, das aber während den verbleibenden knapp eineinhalb Stunden bis zum offiziellen Ende des Abends nicht die Hauptrolle spielte. Wer weiß, wie viele Bischofsheimer Verbindungen bei den Gesprächen neu geknüpft oder aufgefrischt wurden. Jedenfalls macht solch ein Rahmen für eine hochoffizielle Veranstaltung wie einen Neujahrsempfang der Gemeinde deutlich mehr Spaß als die gediegene Variante vergangener Jahre. In diesem Urteil dürften die Bischofsheimer allemal eins sein.

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