Der Treffpunkt wird zum Gourmettempel

Die Theatergruppe Ignous servierte in der Fähre nicht nur literarische Kunst sondern auch Kulinarisches

Kein Gang ohne passende literarische Einlassungen, das ist das Konzept der Ignous-Aufführung. 

GINSHEIM (me) – Am Wochenende (31.7. bis 2.8.) war Ginsheim um eine Attraktion reicher. An drei Tagen verwandelte die Theatergruppe „Ignous“ den Treff „Zur Fähre“ in ein Theater-Restaurant. Sie servierte unter der Regie von Uli Wirtz-von Mengden und unter der musikalischen Leitung von Nora Weinand ein Viergänge-Menü von Roger Ulrich.

Das Thema war „Kulinarische Gedichte, passende Gerichte“ und zog sich durch den ganzen Abend. Dazu passte auch das Zitat von Schriftsteller François de La Rochefoucauld „Essen ist ein Bedürfnis, genießen ist eine Kunst“. Und das sprach an diesem Abend auch den Gästen aus der Seele. Das 1979 gegründete Ensemble bot seinem Publikum nicht nur einen Gaumen-, sondern auch einen Augen- und Ohrenschmaus. Dabei wurde den Zuschauern „vorgegaukelt“, in einem Restaurant zu sein. Der Gastgeber und Regisseur erklärte dem Publikum „Wir bedienen sie nur, wenn wir wollen, und es muss gegessen werden, was auf den Tisch kommt.“
Aber bevor sich die Gäste über die von Roger Ulrich gezauberten Gerichte freuen konnten, wurden diese über Benimmregeln aus dem Jahre 1534 per Schilder aufgeklärt, die jedoch nichts von ihrer Aktualität eingebüßt haben. Dann gab es den ersten Gang – kaltes Gurken- und heißes Tomatensüppchen – dazu wurde der Suppenkasper von Wilhelm Busch zum Besten gegeben. Auch während des Abtragens ging das Spiel weiter mit Zuckmayers „Lob des Essens“ und Heinz Erhardts Gedicht „Warum die Zitronen sauer wurden“.
Nicht nur der Salat mit mariniertem Schafkäse, sondern auch die schauspielerischen und gesanglichen Einlagen der Sänger, Kellner, Schauspieler und Sprecher – dargestellt von Michael Öhrlein, Juliana Fuhrmann, Christin Dietzel, Rose-Marie Schoeneseiffen, Lena Tonne, Kinus König und Gabriele Klippel – die oft aus dem Nichts, von draußen, aus der Küche und zwischen den Gästen auftauchten, waren knackig. Trotzdem hatten die Gäste genügend Zeit, das vorzügliche Menü – der Hauptgang war rosa Kalbsfilet im Stelldichein mit orangenen Vanille-Möhren und gelben Rosmarin-Kartoffeln – das ausschließlich aus heimischen Produkten hergestellt worden war, zu genießen.
Auch Christian Morgensterns „Herr Löffel und Frau Gabel“, Kästners „Die Fabel von Schnabels Gabel“ und Eugen Roths „Der Gast“, genauso wie Wilhelm Buschs geflügelte Worte rund um die Nahrungsaufnahme wurden dem Publikum nahegebracht. Der Nachtisch – heißes Apfel- und Birnen-Crumble an eiskaltem Mokka – war ebenso eine Gaumenfreude.
Damit nicht genug, die Gäste wurden nach draußen an den Kran gebeten, wo es vom Zeremonienmeister „Miraculix“ zum Neutralisieren einen „Radieschen-Shooter“ gab. In der letzten Runde wurde zu Little Richards „Tutti Frutti“ gerockt und der Zungenbrecher von der „Rhabarber-Barbara“ brachte alle zum Lachen. Mit Matthias Claudius' „Abendlied“ ging ein geselliger Abend mit Gedichten und Musik auf hohem Niveau und einem vorzüglichen Essen zu Ende. Dem Ensemble „Ignous“ ist es geglückt, Theaterkunst mit kulinarischen Genüssen zu verbinden.

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