Wie alle Theater ist auch das Showspielhaus in Kriftel seit der Coronazeit im Krisenmodus. Bernhard Westenberger betont, dass mit 30 bis 40 Prozent Auslastung zu wenig Zuschauer ins Showspielhaus kommen. „Damit kommt man wirtschaftlich nicht auf einen grünen Zweig“, meint er. Durch Rabatte gab es ein wenig Bewegung, so dass die Stimmung insgesamt „verhalten optimistisch“ sei. „Das Verhalten der Menschen hat sich geändert“, bemerkt er, „einige haben wir dauerhaft an Netflix und Lieferando verloren“. Leider haben seiner Meinung nach auch die Kreativität und Freiheit im Kopf der Künstler durch die Krise gelitten. Aber es gibt auch positive Dinge zu erwähnen: das Ensemble ist fest in der Umgebung verwurzelt und aus diesem Grund immer noch vollständig. Im Service sind zwar weniger, aber immer noch 34 Mitarbeiter beschäftigt.
Am 12. Oktober gab es einen ganz besonderen Grund sich zu freuen und zu feiern. Vor rund 100 Zuschauern fand die Uraufführung des Stückes „Applaus ist, wenn man trotzdem klatscht“ von und mit Björn Breckheimer statt. Breckheimer ist diplomierter Sänger und Schauspieler und wurde durch mehrere Preise ausgezeichnet. Er war in vielen Musical-Rollen europaweit auf unterschiedlichen Bühnen, auch in Wiesbaden, zu sehen, beispielsweise in „Elisabeth“, „Hair“, „Titanic“, „Jesus Christ Superstar“ oder „My fair Lady“. In Hofheim leitet er die Gesangschule StimmDich. Weiter coacht er mehrere erfolgreiche Künstler und übernahm die musikalische Leitung einiger Theaterprojekte. Seit 2020 unterstützt er zeitweise das Showspielhaus als künstlerischer Leiter.
Was alles hinter der Bühne passieren kann
Doch nun zum Solostück von Björn Breckheimer. Er kommt durch den Zuschauerraum auf die Bühne und verkündet, dass er der Regisseur des Stückes sei und die Zuschauer nach Hause schicken möchte, da wegen Magenverstimmung der Schauspieler keine Aufführung stattfinden könne. Dann gerät er ins Plaudern und erzählt, dass er früher selbst einmal Schauspieler gewesen sei. Nun erlebt der Zuschauer die gesamte Palette des Schauspieler- und Sänger-Daseins. Es beginnt mit einer etwas missglückten Improvisation in der Rolle des Mörders Lucheni im Musical „Elisabeth“. Schauspielerisch beeindruckend ist eine Kostprobe von Shakespeare-Stücken, für die er sich in den Zuschauerraum begibt. Natürlich kommen auch die Momente von Aufnahmeprüfungen und des Vorsprechens nicht zu kurz. Eine besondere Rolle im Schauspielerleben spielt der Theatervorhang. Dies wird sowohl von der Perspektive vor wie auch hinter dem Vorhang beleuchtet. In einer Szene ist Breckheimer sogar selbst der Vorhang, der sich am Klettverschluss löst und in die Tiefe rutscht.
Lampenfieber ist ebenfalls ein großes Thema, das den Darsteller zur Flucht motiviert. Im letzten Moment entschließt sich der Künstler aber doch, die Bühne zu betreten. Auch Größen wie Maria Callas hatten Angst, dass das Publikum darauf wartet, dass sie falsch singen. „Bei allen anderen Berufen sagt man, er hat heute einen schlechten Job gemacht, beim Schauspieler heißt es, er ist schlecht“.
Der Titel des Stückes bezieht sich auf eine Szene, als der Musical-Star Breckheimer als Jesus tot am Kreuz hängt. Die Theatergerüche, die herumschwirrenden Fussel, alles kitzelt in seiner Nase, er versucht das Niesen zu unterdrücken und dann… „Applaus ist, wenn man trotzdem klatscht“.
Mit „method acting“ schlüpft Breckheimer ganz tief in diese eine, besondere Rolle, die für ihn gemacht scheint und ist praktisch die Person, die er darstellt. Der Zuschauer kann beobachten, wie überzeugend das funktioniert. Das Fazit des Stückes ist das, was jeder engagierte Schauspieler fühlt: „Ich liebe das Leben und das Theater und den verdammten Theatervorhang.“
Stimmen der Zuschauer
Breckheimer bekam großen Beifall für seine grandiose Leistung. Er schlüpfte mühelos in die Rollen und riss das Publikum mit in die Welt der Schauspieler, Sänger und Tänzer. Sowohl sein Gesang, sein Tanz und sein Schauspiel waren erstklassig und überzeugend. Aufwühlende Momente wechselten sich ab mit ruhigeren, nachdenklichen Liedern am Klavier. Aus einer sehr persönlichen Perspektive werden die Höhen und Tiefen des Schauspielerlebens, aber auch die Leidenschaft für den Beruf dargestellt. Die begeisterten Zuschauer schafften es, durch stehenden Applaus noch eine Zugabe zu erlangen.
Salvatore Falletta war mit seiner Frau Martina von Frankfurt nach Kriftel gekommen. Der Galgen auf der Bühne, der während des gesamten Stücks „mitspielte“, war von ihm gefertigt worden. Martina Falletta bewunderte die gesangliche und schauspielerische Leistung von Breckheimer: „Man merkt, dass er ein ausgebildeter Sänger ist, er beherrscht seine Stimme und setzt sie gekonnt ein.“
Ingrid David-Eisert und Joachim Eisert sind oft Gäste im Showspielhaus. Ingrid David-Eisert bemerkte, dass das erlebte Premierenstück anders sei als die sonst aufgeführten Stücke und die Handlung zunächst durch den schnellen Szenenwechsel etwas „diffus“ erscheine. Auch sie bewunderte das Können von Breckheimer. Joachim Eisert sagte: „Ich habe mir vorher noch nie Gedanken gemacht, was hinter der Bühne passiert.“
Das Stück hat sehr viele komische Momente, bei denen man herzhaft lachen kann. Es schwingt aber auch eine ernste Komponente mit, man bekommt vor Augen geführt, wie schwierig es sein kann, sich im Schauspielberuf zu behaupten. Die Empfehlung kann nur sein: das Stück anschauen und sich selbst ein Bild machen. Es lohnt sich! Die nächsten Aufführungstermine sind: 21. und 22. Oktober und 23. bis 26. November. Auf die Tickets gibt es einen Rabatt von 30 Prozent.
Das neue Programm des Showspielhauses liegt Anfang November vor. Vielleicht käme für den ein oder anderen eine Mitgliedschaft im Club der Showspielhaus-Ritter in Frage. Die Vorteile, wie eine vorzeitige Zusendung des Spielplans, vergünstigte Resttickets, Einladung zu Generalproben und das Gewinnen von Statistenrollen, sind überzeugend. Sowohl Tickets als auch eine Ritter-Mitgliedschaft lassen sich verschenken.
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