Eine Aufgabe für die Terra

Herrnberg-Areal: Städtische Entwicklungsgesellschaft hat das Grundstück Kapellenstaße 3 erworben

Der vornehmlich mit gastronomischen Geschäften belegte Flachbau an der Kapellenstraße 3 soll - inklusive der fragwürdigen, im vorigen Jahr installierten Werbeanlage - abgerissen werden, die Terra will hier auf zwei Etagen Wohnungen sowie eine Geschäftszeile im Erdgeschoss errichten.

Es tut sich etwas am viel beobachteten und diskutierten Herrnberg-Areal an der Kapellenstraße. Wenn sich alles so entwickelt wie es sich derzeit abzeichnet, gewinnt Flörsheim am Pérols-Kreisel bald Wohnraum hinzu, das „Einkaufszentrum“ (EKZ) könnte vom Problemfall zur angemessenen Visitenkarte am westlichen Stadteingang werden.

Entscheidender Schritt aus Sicht der Stadt war am vergangenen Freitag die Vertragsunterzeichnung zwischen Immobilieneigentümer Yasin Sengül und der Terra Erschließungsgesellschaft mbH, ein hundertprozentiges Tochterunternehmen der Stadt, über den Verkauf des Flachbauensembles Kapellenstraße 3, an der östlichen Ecke Kapellenstraße/Bürgermeister-Lauck-Straße. Die Terra soll auf diesem Eckgrundstück ein Wohnbauprojekt verwirklichen, wobei nach ersten Planungen ein „kleines Mischgebiet“ entstehen soll: 14 bis 20 Wohnungen, aber auch Ladenräume im Erdgeschoss und eine Tiefgarage.

Die Maximallösung für die Stadt ist das nicht. Besonders von politischer Seite war die Zielsetzung eigentlich eine komplette Übernahme der drei Teile des Sengül-Besitzes: des ehemaligen Hotelbaus samt seiner Geschäfte und Etablissements, des Tankstellengrundstücks an der Bürgermeister-Lauck-Straße sowie des nun an die Terra übergehenden Eckgrundstücks auf der östlichen Seite der Kapellenstraße. Doch der Eigentümer hatte in den diversen Gesprächen mit dem Rathaus wenig Bereitschaft gezeigt, sich von seiner Immobilie zu trennen. Schließlich brachte die durchaus ihr Geld ein.

Im Hauptkomplex, längst nicht mehr als Hotel genutzt, waren immer einige Wohnungen vermietet. Seit 2015 zählte gar der Landkreis zu den „Kunden“ des Eigentümers, ein Teil des Gebäudes wurde seither als Unterkunft für Asylbewerber und Geflüchtete, seit 2022 auch aus der Ukraine, genutzt. Dass die Kreisbehörde diesen Vertrag zum 30. Juni diesen Jahres kündigte, dürfte im Vorjahr zum Umdenken Sengüls beigetragen haben.

Er stellte schon 2022 einen inzwischen genehmigten Bauantrag, laut dem er den Hauptkomplex zu einem "normalen" Wohngebäude umbauen will. „Wir sind ganz zufrieden damit, dass dort nun etwas passieren soll“, begrüßt Bürgermeister Bernd Blisch die Entwicklung. Sollten im Zuge des Umbaus die wenig geliebten Etablissements wie Wettbüro und Shisha-Bar verschwinden, hätte die Stadt am EKZ auch ohne selbst oder über die Terra als Immobilienkäufer tätig werden zu müssen ihr Ziel erreicht.

Auf dem 1.560 Quadratmeter großen Flachbau-Grundstück Kapellenstraße 3 gelten freilich noch einige Mietverträge der dort untergebrachten Läden, mit unterschiedlicher Laufzeit. Terra-Geschäftsführer Axel Braunsberger geht davon aus, dass die letzten Mieter in eineinhalb Jahren ausziehen müssen. Zeit, die die Gesellschaft sowieso brauchen wird, um die Planungen zu konkretisieren und den Bauantrag zu erstellen.

Ob den jetzigen Läden – asiatische, italienische und türkische Kochkunst, dazu ein Kiosk und eine Taxizentrale – Ersatzstandorte angeboten werden können, steht noch offen, die Terra will sich darum bemühen. Angedacht ist für den Neubau ein Mix aus Sozialwohnungen, „weil der Bedarf vorhanden ist“ und freien Einheiten. Denn auch viele, die keine Sozialleistungen erhalten, hätten auf dem engen Wohnungsmarkt aus finanziellen Gründen keine guten Aussichten, betonte Blisch.

Den Kaufpreis für das Grundstück nennt die Stadt nicht. Finanziell ist dieser Akt schon lange abgesichert. Die Terra handelt im Rahmen eines „Betrauungsaktes“, denn die Stadtverordnetenversammlung hatte der Gesellschaft im Jahr 2015 – dem Vorbild des Projekts Rathausneubau folgend – mit einer zehnjährigen Gültigkeit den Zugriff auf bis 15 Millionen Euro auf Abruf gewährt, um am Herrnberg tätig werden zu können, wenn sich etwas ergibt. Laut Prokurist Michael Bayer wird die Stadt keinen Kredit für die Umsetzung des Projekts aufnehmen müssen.

Auch die Tankstelle möchte die Stadt bekanntlich gerne von der Bürgermeister-Laux-Straße weghaben. Ziel ist die Verlegung in das künftige Gewerbegebiet West V.II, das aber erst noch entwickelt werden muss. Die Steuerung des Umzugs wäre deutlich einfacher, hätte die Terra auch das Tankstellengrundstück in ihrem Besitz, aber an diesem Geschäft zeigte sich Sengül nicht interessiert. Erst, wenn die Verlegung möglich wird, sprich West V.II entwickelt ist, soll darüber erneut verhandelt werden.

Kein großes Thema war für Flörsheim laut Bernd Blisch die Aufgabe des Herrnberg-Hauptgebäudes als Flüchtlingsunterkunft: Auf 18 Personen beschränkte sich die Aufgabe, die vom Kreis „geerbten“ Menschen in der Stadt unterzubringen, das sei komplett über private Angebote gelungen.

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