Europa muss es von den Feldern holen Bau- und Umweltausschuss lehnt den SPD-Vorstoß gegen den Glyphosat-Einsatz auf Flörsheims Äckern ab

Ein großflächig bepflanzter Acker, eine kleinteilige Schicksalsgemeinschaft von Verpächtern, das ist wie hier im Nordwesten der Stadt die Situation auf vielen landwirtschaftlichen Grundstücken in Flörsheim. Das macht es der Stadt fast unmöglich, vertraglich unübliche Vereinbarungen wie den Verzicht auf einen Glyphosat-Einsatz durchzusetzen.

Bau- und Umweltausschuss lehnt den SPD-Vorstoß gegen den Glyphosat-Einsatz auf Flörsheims Äckern ab

Niemand kann sagen, ob dieser Antrag jemals einen praktischen Wert erfahren hätte, wäre er im Ausschuss für Bau-, Verkehrs- und Umweltfragen durchgegangen. Das ist er allerdings nicht. Die SPD-Fraktion zeigte sich besorgt wegen des Glyphosat-Einsatzes auf Flörsheims Äckern und fand für den Vorstoß gegen das Mittel nicht genügend Mitsorger – Antrag abgelehnt. „Wir wollen mit diesem Beschluss den ersten Schritt für eine gesunde Umwelt tun und unsere Kinder vor Umweltgiften schützen“, hatten die Sozialdemokraten vergeblich hohe Ziele für die Allgemeinheit als Motiv ihres Vorstoßes angeführt.

Es waren, jedenfalls den Redebeiträgen im Ausschuss nach, eher praktische Erwägungen, die bei den anderen Fraktionen zur Ablehnung des Antrags führten. Niemand wollte sich als Glyphosol-Fan outen. Den Wirkbestandteil in Totalherbiziden schätzen die Landwirte seit Jahrzehnten, weil er auf den Feldern verlässlich alles plattmacht, was gerade seine Blätter in die Höhe streckt – wenn die Saat noch im Boden ist, bereiten die glyphosathaltigen Mittel so freie Bahn für die Nutzpflanze.

Welcher Flörsheimer Landwirt auf den Stoff setzt, weiß in den Gremien niemand, weil es sich um ein zugelassenes Herbizid handelt, über dessen Verwendung kein Bauer Rechenschaft ablegen muss. Ein gutes Image hat Glyphosat in der Öffentlichkeit aber nicht gerade, besonders seit es Studien gibt, die eine krebsfördernde Wirkung des Stoffs zumindest vermuten lassen. Andere Studien sehen das anders. Man konnte sich in der rund fünf Jahre zurückliegenden Hochphase der Diskussion des Eindrucks nicht erwehren, dass es darauf ankam, wer die Untersuchung gerade finanzierte.

Auch die deutsche Regierung stimmte Ende 2017 für die damals schon umstrittene Verlängerung der Zulassung in der EU, die ursprünglich für zehn Jahre gelten sollte, aber als Ergebnis der Kontroverse halbiert wurde. Das deutsche Pro-Votum sorgte in der Großen Koalition in Berlin seinerzeit für eine kleine Krise, weil der CSU-Landwirtschaftsminister Christian Schmidt sich nicht enthielt. Das hätte er laut Bundestags-Geschäftsordnung eigentlich tun müssen, da die SPD-Umweltministerin Barbara Hendricks die Verlängerung ablehnte.

Aktuell ist die Bundesregierung um Hendricks Nachfolgerin Svenja Schulze (SPD) bemüht, den Einsatz von Pflanzenschutzmittel in der Landwirtschaft vor allem im Hinblick auf den Insektenschutz einzugrenzen. Mit dem Auslaufen der Verlängerung im Jahr 2022, so sieht es aktuell jedenfalls aus, wird es in Brüssel wohl keine neue Mehrheit für eine weitere Verlängerung der Zulassung in der EU geben. Das Ende der umstrittenen Chemikalie scheint nahe.

Diese Situation beeinflusste deutlich die lokale Diskussion des SPD-Antrags zum Glyphosat-Eintrag auf Flörsheims Feldern. Zwar scheint das Herbizid quer durch die Fraktionen keine Freunde zu haben, aber was die Sozialdemokraten anstrebten, erschien ansonsten lediglich der GALF als sinnvoller Schritt. Der Antrag ging nämlich an den Magistrat. Der soll gebeten werden, bei einer Neuvergabe von städtischen Pachtgrundstücken „eine Klausel aufzunehmen, die den Einsatz von Glyphosat grundsätzlich verbietet. Bei Nichtbeachtung kann eine Kündigung des Pachtvertrags erfolgen.“ Die Pächter, deren Verträge gerade nicht zur Verlängerung anstehen, sollen zudem schriftlich gebeten werden, „zukünftig auf Glyphosat zu verzichten“.

Doch, wenn in zwei Jahren das Aus für das Mittel kommt, welchen Sinn macht dieser Vorstoß dann noch? Pachtverträge laufen schließlich langfristig, so dass es nicht alltägliches Geschäft der Stadt ist, mit Landwirten über die Verlängerung zu reden.

„Wir haben das Recht, bei neuen Verträgen den Einsatz von Glyphosat auszuschließen“, berichtete Bauamtsleiterin Kirsten Thürmer von der juristischen Prüfung des Antrags. Sie erläuterte anschließend, was aus Sicht der Verwaltung allerdings das große praktische Problem mit dem Vorstoß werden dürfte: der Flickenteppich an Grundbesitz in der Flörsheimer Gemarkung. Thürmer zeigte auf der Leinwand die Vogelperspektive-Aufnahme eines Ackers am Bebauungsrand. An dem ist die Stadt als Grundbesitzer beteiligt – aber nur mit einzelnen Streifen.

Folglich müssten alle anderen Miteigentümer am Acker dem Beispiel zu folgen bereit sein, wenn das Verbot wirksam werden soll. Zwar könne die Stadt den Landwirten theoretisch mit einer Vertragsaufkündigung drohen, wenn sie den Glyphoast-Verzicht ablehnen. Gehen die Landwirte auf die Aufforderung ein, stelle sich aber die Frage, wie das Einhalten überprüft werden sollte.

Thomas Probst (Freie Bürger) fand den Ansatz der SPD nicht in Ordnung. „Ich hätte mir gewünscht, dass Sie die Landwirte dazu befragen, die es schließlich betrifft und sie so in die Diskussion hereinholen“, sagte der Fraktionschef. So jedoch sei der Antrag „nicht zielführend“.

Für Tobias Ruppert (CDU) wäre es in Ordnung gewesen, eine Soll-Formulierung gegen den Glyphosateinsatz in die Verträge einzufügen, „so aber ist es abzulehnen“. Und würde sowieso als Papiertiger enden, da solch eine Vereinbarung „operativ nicht umzusetzen ist“. Man unterstelle den Landwirten in den Anträgen nicht, "dass sie vertragsbrüchig werden wollen“, konnte Ausschussvorsitzender Philipp Moritz (SPD) die Argumentation der schwierigen Überprüfbarkeit nicht nachvollziehen.

Doch nur Peter Kluin (GALF) stand bei der Abstimmung im Ausschuss auf der Seite seiner Fraktion. „Das Mittel ist eine Gefahr“, ist Kluin überzeugt und hätte es gerne gesehen, dass die Stadt sich auf diese Art dazu bekennt, Glyphosat von den Flörsheimer Feldern verbannen zu wollen. CDU, FDP und dfb sahen dies bei einer Enthaltung allerdings nahezu geschlossen anders.

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