Flörsheims Wald geht's vergleichsweise gut

Forstamtschef Klaus Velbecker stellte im Haupt- und Finanzausschuss den Waldwirtschaftsplan 2023 vor

Verluste mit Auslichtungen als Folge der Klimaproblematik gibt es auch im Flörsheimer Wald hier und dort, das Forstamt sieht die Besitzung der Stadt im Wald bei Raunheim aber als nicht sehr gefährdet.

Beim Thema Wald und Holzwirtschaft darf man in diesen Zeiten eigentlich keine guten Nachrichten erwarten. Umso erfreuter nahm der Haupt- und Finanzausschuss der Stadtverordnetenversammlung in seiner jüngsten Sitzung den Sachstandsbericht des Groß-Gerauer Forstamtsleiters Klaus Velbecker entgegen, der ein keineswegs problembeladenes Bild vom Zustand und den Rahmenbedingungen des Wirtschaftens im Flörsheimer Wald malte.

Velbecker kommt, wie er zwischendrin betonte, immer wieder gerne in die Stadt auf der anderen Mainseite, um von deren abgelegenem Besitztum im Bannwaldstreifen westlich der Startbahn West zu berichten. Er habe den Eindruck, dass sich die Flölrsheimer Politikerinnen und Politiker sehr für ihren Wald interessierten, begründete er dies. Dabei war der Anlass seines Besuches eher noch trockener als der Boden rund um die Baumansammlung zwischen Raunheimer Waldsee und Startbahn, denn der Ausschuss hatte über den Waldwirtschaftsplan 2023 zu entscheiden.

Wobei das mit dem Entscheiden ein bisschen schwierig ist. Was sollen die Fraktionen, nachvollziehbarerweise eher selten im für manchen kuriosen, aber eben jahrhundertealten Besitz im Nachbarlandkreis unterwegs, bei dem Thema schon anderes tun als zur Kenntnis zu nehmen und abzunicken, was der Fachmann und seine Mitarbeiter ihnen auflisten. Erst, wenn die Zahlen über längere Jahre bedenkliche Verluste ausweisen würden, müssten Stadt und Politik ernsthaft überlegen, ob man das Kuriosum tatsächlich weiterführen oder sich doch eher einen Abnehmer suchen sollte.

Die weithin bekannten schwierigen Bedingungen, in die die Forstwirtschaft durch die großen Schäden in Folge der klimabedingten Trockenheit geraten ist, schlagen auf den Flörsheimer Besitz zumindest noch nicht so durch wie es in anderen Gebieten zu beobachten ist. Eine der Botschaften, die Velbecker den Fraktionen mitgebracht hatte und manchen überraschte.

Eingeschlagen wurde im Flörsheimer Wald in diesem Jahr ausschließlich „Kalamitätsholz“, das nach einem Sturm, wegen der Trockenheit oder Schädlingsbefalls beseitigt werden musste. Lediglich 620 Kubikmeter Flörsheimer Bäume sollten auf diese Weise in diesem Jahr an Nutzholz geerntet werden, es wurden aufgrund des Kalamitätslage 1531 Kubikmeter. Wirtschaftlich profitieren die Waldbesitzer trotz der ökologischen Krisensituation zuletzt sogar von der Marktentwicklung. „Die Nachfrage nach Holz ging nach oben, die Preise auch“, berichtete Velbecker. Nachdem 2021 die Erträge pro Festmeter in den Keller gegangen waren, weil Massen an Holz von geschädigten Bäumen den Markt überschwemmten, seien sie 2022 so hoch wie sie vor Corona nicht gewesen seien. „Das ist gut für den Wald – und gut für die Waldeigentümer“, sagte Velbecker.

Und so verbesserte sich die Bilanz für dieses Jahr deutlich. Statt seines leichten Minus laut Wirtschaftsplan von 526 Euro gab es in der Kasse einen Überschuss von 12.815 Euro. Der Umsatz fiel mit über 36.000 Euro gut 16.000 Euro höher aus als geplant, das wurde nur zum Teil durch erhöhte Kosten aufgefressen.

Diese positiven Zahlen werden sich im neuen Jahr nicht wiederholen lassen, erwartet Velbecker allerdings. Der Wirtschaftsplan 2023, über den alleine der Ausschuss zu beschließen hatte und dies mit positivem Votum tat, sind 31.804 Euro Einnahmen zu erwarten, darunter 23.134 Euro aus Holzverkauferlösen. Weitere 4.500 Euro bringt die Waldjagdpacht ein, eine Entschädigung nach der Verlegung von Erdkabeln bringt 3.000 Euro, schließlich zahlt der Energiekonzern RWE 1.170 Euro als Leitungsentgelt.

Dagegen werden nach Velbeckers Kalkulation 32.486 Euro Ausgaben stehen, was ein Defizit von 682 Euro ergäbe. Vorgesehen sind 530 Kubikmeter Holzeinschlag, auch dies wird sich hauptsächlich durch die Nutzung des Kalamitätsholzes einholen lassen. „Wir konzertieren uns 2023 darauf, das Schadholz zu minimieren“, betont der Forstamtsleiter. Wie es auch vom städtischen Haushalt bekannt ist, sind solche Planvorgaben aber eher Spekulation, weil die Preisentwicklungen, im Falle des Waldwirtschaftsplans vor allem auf dem Holzmarkt, entscheidende Abweichungen verursachen können.

Etwas klarer konnte sich Velbecker zu den Themen äußern, die die Fraktionen interessierten. Dass der Flörsheimer Wald nicht die ganz großen Probleme mit dem Baumsterben zeigt, wie andernorts auch im Groß-Gerauer Gebiet zu beobachten, hat mit der vielfältigen Struktur des Bestandes zu tun, erläuterte er. „Der Ausfall einzelner Baumarten führt bei Ihnen daher nicht zu flächigen Ausfällen.“ Kleine Lücken in den Beständen schmälerten die ökologische Qualität des Waldes nicht. Eine einzige, etwa ein Hektar große Fläche im Flörsheimer Bestand, an der Grenze zum Bischofsheimer Wald an der Autobahn zu finden, wird derzeit komplett entwaldet.

Eine Neubepflanzung mit einem den veränderten Klimabedingungen angepassten Bestand wird es dort natürlich geben, allerdings ist diese erst für 2025 vorgesehen. Nicht etwa Lieferschwierigkeiten bei den Setzlingen sind dafür verantwortlich, sondern der legendäre Maikäfer. „Neupflanzungen, die wir jetzt machen würden, wären dem Tode geweiht“, verdeutlichte Velbecker. Denn der Zyklus, in dem die gefräßigen Käfer sich koordiniert aus dem Boden hervorarbeiten und dabei als Engerlinge vor wie als Käfer nach dem Schlüpfen bevorzugt über junge Setzlinge herfallen, steuert auf 2025 zu. „Wir warten dieses Hauptflugjahr daher ab“, sagte der Revierförster.

2021 wurde im Boden nachgeschaut, und es gab einiges zu zählen. Mit 40 bis 70 Maikäfer-Engerlingen pro Quadratmeter ist im Flörsheimer Wald zu rechnen. Etwas ältere Bäume kämen auch mit dem Aufkommen in dieser Größenordnung klar, Jungbäume hingegen nicht, „es wäre fachlich daher nicht zu vertreten, jetzt großflächig Neuanpflanzungen vorzunehmen“.

Peter Kluin (GALF) bekam auf Nachfrage von Velbecker eine zurückhaltende Einschätzung des Fortwächters zu hören, inwieweit der Flörsheimer Wald sich als Schutzgebiet eigne, in dem die Bewirtschaftung zugunsten einer sich selbst überlassenen Naturfläche aufgegeben wird. Solche Areale könne es zwar durchaus geben, sie dürften aber nicht willkürlich festgelegt werden, sondern nur dort, wo es ökologisch Sinn mache.

Generell sieht Velbecker solche Bestrebungen kritisch, gerade aus der Ökobilanz heraus. „Deutschland ist einer der größten Holzimporteure“, verdeutlichte er. Und das ist eben keine gute Situation, wenn für den hohen Bedarf hierzulande Holz aus den Tropen oder aus dem borealen Wäldern, sprich dem Nadelwaldgürtel vor allem Nordeuropas, auch noch mit schlechter CO2-Bilanz nach Deutschland transportiert werde. Finanziell immerhin stünden bei einer Stilllegung dem Verzicht auf die Einnahmen aus dem Holzverkauf die Zuweisung von Ökopunkten entgegen, die bei Projekten an anderen Stellen letztlich geldwerten Vorteil bringen könnten. "Es bedarf dabei einer sorgfältigen Abwägung zwischen den Vorteilen für die heimische Biodiversität und den eventuellen ökologischen Nachteilen bei weltweiter Betrachtung“, heißt es dazu in einer Publikation von Hessen Forst. „Ein Gewinn hier darf nicht mit einem Verlust in anderen Regionen der Welt einhergehen.“

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