„Für Flörsheim“ lässt nicht locker

Vor Gericht: Verein erhebt Beschwerden in Karlsruhe und Leipzig / Informationen über Dachhaken

Hans Jakob Gall und Dr. Bernd Blisch (von rechts) bilden die Spitze des Vereinsvorstands. Flörsheims neuer Bürgermeister wurde bei der Mitgliederversammlung am Montagabend, 26. November, einstimmig zum Stellvertretenden Vorsitzenden gewählt.
(Foto: A. Noé)

FLÖRSHEIM (noe) – „Wir kämpfen weiter!“ Die berühmte Devise, ausgegeben vom Vereinsvorsitzenden Hans Jakob Gall, stand am Anfang und am Ende der Mitgliederversammlung des Vereins Für Flörsheim. Am Montagabend, 26. November, hatten sich rund 70 Vereinsmitglieder und auch einige an der Veranstaltung interessierte Gäste im kleinen Saal der Stadthalle eingefunden. Auf der Tagesordnung standen unter anderem die Jahresberichte des Vorsitzenden und des Schatzmeisters, die Genehmigung des Haushaltsplans für das Jahr 2019 sowie ein Vortrag des Vorstandsmitglieds Prof. Dr. Ing. Peter Hartung über Sicherheitsdachhaken. Außerdem galt es, einen Stellvertretenden Vorsitzenden und zwei Beisitzer zu wählen.

Der Abend begann mit einer Gedenkminute für die acht im Laufe des Jahres verstorbenen Vereinsmitglieder. Bei 28 Austritten und vier Neuzugängen im selben Zeitraum zählt der Verein Für Flörsheim nunmehr 683 Mitglieder. Eine stolze Zahl, die sich aber angesichts der einstigen Stärke relativiert – der sich gegen den Ausbau des Frankfurter Flughafens und für den Schutz der Lebensqualität in Flörsheim engagierende Verein war schon 1.000 Mitglieder stark. Die meisten seien wegen des Fluglärms aus Flörsheim weggezogen, so Gall. Andere wiederum seien zwar geblieben, hätten aber aufgrund der weiterhin existierenden Belastung resigniert und ihre Mitgliedschaft gekündigt. Neu Hinzugezogene hätten sich dagegen trotz oder sogar wegen der Nähe des Flughafens für Flörsheim als Wohnort entschieden, weshalb sie an einem Engagement im Verein kein Interesse hätten. Der Vereinsvorsitzende ermunterte gleichwohl zur Mitgliederwerbung. Zugleich rief Hans Jakob Gall die Anwesenden dazu auf, dem Verein weiterhin treu zu bleiben. Schließlich gebe es noch viel zu tun – und einiges zu erreichen.

Am 4. August 2017 hatte der Verein Für Flörsheim Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingereicht. Sie richtet sich gegen den Bau der Landebahn Nordwest, deren Realisierung allein aufgrund eines unseriösen, untauglichen Gutachtens und der darauf aufbauenden Umweltverträglichkeitsprüfung erfolgt sei. Laut Gutachten hätte es nur einen einzigen Wirbelschleppenschaden in 10 Millionen Jahren geben dürfen, was in Anbetracht der sich stetig wiederholenden Wirbelschleppenvorfälle nachweislich falsch sei, so Gall. Damit sei durch die Inbetriebnahme der Landebahn das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit verletzt worden. Im Falle eines Misserfolgs vor dem Bundesverfassungsgericht werde man sich an den Europäischen Gerichtshof wenden, kündigte Gall an.

Des Weiteren wurde beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig Revisionszulassungsbeschwerde erhoben. Zu diesem Mittel griff der Verein, nachdem er im September 2017 mit seiner Klage am Verwaltungsgerichtshof in Kassel gegen die Flörsheim von Westen her überfliegenden Flugzeuge der Heavy-Klasse gescheitert war. Der Verwaltungsgerichtshof hatte keine Revision zugelassen. „Wir müssen durchhalten“, appellierte Hans Jakob Gall an die Vereinsmitglieder. „Dafür brauchen wir viel Geld.“

2017 sind laut Schatzmeister Holger Scheuering 114.520 Euro an Anwalts- und Gerichtskosten angefallen. 5.411 Euro habe die Stadt Flörsheim zugeschossen. Dank dieser Zuwendung, vor allem aber dank der Beitragszahlungen und einer großen Spende des Vereins „Lebenswertes Mainz“, der selbst nicht mehr als Kläger vor Gericht auftritt, aber die juristischen Schritte der Flörsheimer Mitstreiter unterstützt, sei die „Kriegskasse“ dennoch gut gefüllt, erklärten sowohl der Vereinsvorsitzende als auch der Schatzmeister. Letzterer wurde nach seinen Erläuterungen zum Haushalt 2017 einstimmig entlastet, der von ihm vorgestellte Haushaltsplan 2019 wurde ebenfalls einmütig genehmigt.

Aus aktuellem Anlass hielt Vorstandsmitglied Prof. Dr. Ing. Peter Hartung einen kurzen, informativen Vortrag über Sicherheitsdachhaken. Jene sind für eine sichere Begehung des Daches notwendig, wenn es etwa gilt, Sat-Anlagen zu warten, Photovoltaik-Anlagen zu inspizieren – oder durch Wirbelschleppen entstandene Schäden zu beheben. Prof. Hartung stellte zum einen die Notwendigkeit einer regelmäßigen Prüfung der Dachhaken fest. Dies habe der Flughafenbetreiber Fraport selbst in einem Brief an den Verein Für Flörsheim bekräftigt. Zum anderen wies der Referent auf die erforderliche Häufigkeit der Inspektionen hin, die in einer Norm klar geregelt werde: gemäß DIN EN 517 habe eine Überprüfung von Dachhaken mindestens alle zwölf Monate zu geschehen. Gleichlautendes schreibe die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) vor; sie sehe sogar eine Verkürzung dieser Frist bei Notfällen, so bei dringenden und kurzfristigen Reparaturen, vor.

In jedem Fall müsse vor jeder Begehung des Daches eine zertifizierte Untersuchung des Sicherheitsdachhakens vorliegen. Ausschlaggebend sei aber auch der Dachhaken-Typ, betonte Hartung. So seien Modelle der Firma Flender laut Herstellerangaben alle zwölf Monate zu überprüfen. Fraport habe dagegen behauptet, dass eine Inspektion generell nur alle sechs Jahre notwendig sei – das sei definitiv falsch, sagte der Professor.

Entscheidend sei zudem, wer die Überprüfung von Dachhaken vornehmen darf. Die DGUV-Vorschrift 112-198 lege unter anderem fest, dass Sachkundige mit den jeweiligen Anleitungen der Hersteller und den erforderlichen Prüfmethoden vertraut sein müssen. Auch müssen sie Abhilfemaßnahmen einleiten können. Hierzu sei eben, anders als von Fraport dargestellt, nicht jeder Dachdecker befugt.
Die (mindestens) ein Mal jährlich anfallenden Kosten seien im Normalfall grundsätzlich vom Hausbesitzer zu zahlen. Es stelle sich aber die Frage, weshalb dies auch bei Sicherheitsdachhaken der Fall sein soll, die von der Fraport zum Zwecke der Dachklammerung eingebaut wurden. Bei geklammerten Dächern könnten schnell mehrere Hundert Euro fällig werden. Hierzu konnte im Anschluss des Vortrags Vereinsmitglied Hans Walter Mohr etwas mitteilen, der sich diesbezüglich an das zuständige Hessische Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung (HMWEVL) gewandt hatte. Das HMWEVL habe schriftlich mitgeteilt, dass der Flughafenbetreiber im Zuge des ab 1. Januar 2019 laufenden Inspektionsprogramms auch die Dachsicherheitshaken überprüfen und für die anfallenden Kosten aufkommen werde.

Der Vorsitzende Hans Jakob Gall bat die Anwesenden darum, dem Verein eine beabsichtigte Prüfung von Dachhaken zu melden. Außerdem kündigte Gall eine Informationsveranstaltung des Vereins rund um das Thema Sicherheitsdachhaken an, die zwischen Fastnacht und Ostern stattfinden soll.

Neuwahlen im Vorstand
Im Rahmen der Mitgliederversammlung fanden auch Wahlen statt. Dem Verein Für Flörsheim ist es wichtig, dass das Amt des Stellvertretenden Vorsitzenden vom amtierenden Bürgermeister ausgeübt wird. Der unlängst perfekt gewordene Wechsel im Rathaus führte daher zu einer offenen Stelle im Vereinsvorstand. Hans Jakob Gall dankte dem ehemaligen Bürgermeister Michael Antenbrink für dessen großes und fachkundiges Engagement. Er habe Michael Antenbrink in seiner Eigenschaft als Stellvertretenden Vereinsvorsitzenden stets als loyalen Kollegen erlebt, sagte Hans Jakob Gall. Seine Position nimmt nun, nach einstimmigem Votum, Flörsheims neuer Bürgermeister Dr. Bernd Blisch ein. Jener versprach, sich für die Belange des Vereins einzusetzen und ließ auch eine Fortsetzung der jährlichen Bezuschussung seitens der Stadt durchblicken.

Ansonsten gab es keine personellen Veränderungen im Vereinsvorstand. Susanne Wagner und Prof. Dr. Ing. Peter Hartung wurden einstimmig als Beisitzer, Cäcilia Steube und Roland Schäfer als Kassenprüfer bestätigt.
 

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