Korsagen und der Duft von Lavendel 150 Jahre Waschen in Wicker – Historische Kleidung und Waschmaschinen im Katholischen Pfarrzentrum

Irene Fendt, Erste Vorsitzende des Historischen Vereins: „All die alten Wäschestücke sind viel zu schade und zu wertvoll für die Altkleidersammlung“.

150 Jahre Waschen in Wicker – Historische Kleidung und Waschmaschinen im Katholischen Pfarrzentrum

Mit einer umfangreichen Wäscheausstellung im Katholischen Pfarrzentrum St. Katharina widmete sich der Historische Verein Wicker am vergangenen Wochenende der guten alten Zeit. Der Kunstfertigkeit von Frauen in Bezug auf das Stricken, Sticken, Nähen und Klöppeln, aber auch der historischen Betrachtung über einen Zeitraum von mehr als 150 Jahren war viel Raum gegeben worden.

All die alten Wäschestücke sind viel zu schade und zu wertvoll für die Altkleidersammlung. Omas und Uromas alte Bettwäsche, die Tischtücher und Nachthemden aus Leinen oder Halbleinen haben beim historischen Verein einen Platz gefunden. Meist handelt es sich um Erinnerungsstücke aus alteingesessenen Wickerer Familien. Die Weißwäsche, die Frauen damals als übliche Aussteuer in die Ehe einbrachten, ist ein Andenken an die Großeltern oder Urgroßeltern, oft mit fein gesticktem Monogramm versehen.

Im großen Raum des Pfarrzentrums standen rundum historische Waschmaschinen, Wäscheschleudern, alte Bügeleisen, und Nähkästchen. Babywäsche, Stricksocken und mit Sprüchen bestickte Wandschoner zierten den Raum, Pumphosen, Nachtwäsche und Hemden hingen ordentlich sortiert und mit Holzklammern befestigt an meterlangen Wäscheleinen. Ein langer Tisch voller korrekt zusammengelegter Wäsche, feinster Lavendel- und Fliederseife, alter Markenwaschmittel, Rasiercreme und einer Flasche "4711" bot einen Rückblick auf längst vergangene Zeiten. Besonderer Anziehungspunkt waren die Korsagen, Büstenhalter und Strapse aus der „guten alten Zeit“. Interessant war zudem die „Leib-und-Seel-Hose“. Die im Schritt offene Hose für Kleinkinder hatte den Vorteil, dass diese jederzeit schnell auf den Topf gesetzt werden konnten. Doch auch für Erwachsene fanden sich diverse Exemplare. Sogar antike Vorhänge konnte man im Pfarrhaus sehen.

Die ausgestellten Wäschestücke befinden sich ausnahmslos im Besitz des Historischen Vereins und werden sorgfältig verwahrt. „Die Leute bringen uns immer wieder Sachen, die sie auf dem Speicher finden. Wir hatten sogar das Glück, eine komplette Aussteuer übernehmen zu können, unbenutzt und noch mit einem blauen Band gebunden. Leider hat manchmal ein Seifenstück mitsamt der Verpackung im Laufe der vielen Jahre hässliche Abdrücke auf einzelnen Wäschestücken hinterlassen“, bedauerte Marcel Anthes. Für die Ausstellung mussten von den fleißigen Helfern 13 Maschinen Wäsche gewaschen und gebügelt werden, denn zur Ausstellung sollte alles perfekt sein. Die Gäste kamen schnell miteinander ins Gespräch über Dinge, „die die Großmutter noch wusste“ und erkannten das eine oder andere Stück sogar noch aus der eigenen Kindheit.

Es zeigte sich: Ein Waschtag in alter Zeit war mit viel Arbeit verbunden. Allerdings wuschen die Leute längst nicht so oft wie heute. Am Abend vor dem Waschtag holte man mit Eimern Wasser aus dem Bach, Wasser aus der Leitung gab es ja noch nicht. In großen Bottichen, Zubern und Trögen weichten die Frauen die Wäsche über Nacht ein. In aller Frühe ging der eigentliche Waschtag los. Rubbeln, Kochen, Waschen, Stampfen – dabei halfen sich die Nachbarsfrauen meist gegenseitig. Währenddessen wurde der Waschkessel auf dem Holzfeuer aufgeheizt. Nach der Kochwäsche wurde zuerst die helle und dann die dunkle Wäsche gewaschen, wenn die Lauge im Kessel nur noch lauwarm war. Die Wäschekörbe waren aus Weiden geflochten, aber auch Zink- und Emaille-Wannen kamen zum Einsatz.

Als Waschmittel verwendete man selbst hergestellte Kernseife und Schmierseife. Revolutionär war 1907 die Entwicklung des ersten Vollwaschmittels von Henkel. Später kamen anstelle der Waschbretter einfache Waschmaschinen zum Einsatz. Mit der Hand angetrieben musste über Hebel und Kurbeln die Wäsche „geschaukelt“ werden. Erst nach 1920 gab es elektrisch betriebene „Wäscheschaukeln“. Diese einfachen Waschmaschinen waren alle aus Holz gefertigt, und wenn mal längere Zeit nicht gewaschen wurde, konnte es vorkommen, dass sie nicht mehr dicht waren.

Das Spülen und vor allem das Auswringen der Wäsche war anstrengende Arbeit, die meist gegenseitige Unterstützung erforderte. Die Bügeleisen von damals waren Hohlkörper, in die mit Hilfe einer Zange heiße Bolzen eingeführt werden konnten. Die richtige Temperatur der Bügelfläche wurde mit Speichel geprüft. „Wenn’s zischte, war’s gut“. Viel schneller als heute konnte das Eisen zu heiß sein. Als Bügelfläche diente in der Regel der Küchentisch mit einer dicken Decke als Unterlage und darüber einem weißen Tuch.

Kleine, recht zart wirkende Kupferschablonen, nur ca. 5 x 5 cm groß, hätte man in der Ausstellung fast übersehen können. Sie stammen in etwa aus der Zeit um 1900, wurden früher benutzt, um die Aussteuerwäsche mit einem Monogramm zu besticken. Die auswaschbare Farbe wurde durch die Schablone aufgetragen und dann nachgestickt.

Als treuer Garant für edle Wäsche und feinste Aussteuer stand die Emil Grünewald Manufaktur für Weißwaren und Wäsche. Dies belegen zahlreiche Rechnungen aus der Zeit um 1927.

„Im Anschluss an die Ausstellung muss alles wieder in Kopfkissenhüllen und in Kisten verstaut werden. Das Lager in der alten Schule ist längst schon zu klein geworden, wir bräuchten dringend mehr Platz“, wünscht sich Irene Fendt, Erste Vorsitzende des Vereins. Trotzdem werden weiterhin „alte Schätze“ in die Wäschesammlung aufgenommen.

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