Kosten für die kommenden 39 Jahre

Gutachten beziffert den Finanzbedarf für die Nachsorge der Weilbacher Altdeponie mit neun Millionen Euro

Die rekultivierte Deponiefläche sieht fast nach einer natürlichen Umgebung aus, doch technische Anlagen und überall aus dem Boden ragende Rohre zeigen an, dass hier noch etwas am Arbeiten ist. Die RMD, die die Nachsorgephase der Weilbacher Deponie organisieren soll, hat nun die Zusage des Kreises zur kompletten Übernahme aller Kosten, die auf neun Millionen Euro geschätzt werden.

Gutachten beziffert den Finanzbedarf für die Nachsorge der Weilbacher Altdeponie mit neun Millionen Euro

Die Deponie in Wicker ist bedeutend größer als jene in Weilbach, dennoch überraschen die Zahlen auf den ersten Blick, die das Hamburger Ingenieurbüro für Abfallwirtschaft Stegmann und Partner in seinem Gutachten zu den Nachsorgekosten für die Altdeponie in Weilbach errechnet hat. Mit Aufwendungen von rund 6,775 Millionen Euro muss die Rhein-Main-Deponie (RMD) rechnen, um die Nachsorge auf der neben dem Kiesabbau für einige Jahre auch als Mülldeponie genutzten Fläche nordöstlich des Weilbacher Ortsgebietes und südlich der A 66 ordnungsgemäß zu leisten. Eine jährliche Inflation von 1,5 Prozent bis zum Jahr 2060 hinzugerechnet, ist von einem tatsächlichen Betrag von 8,956 Millionen Euro auszugehen.

Das sind doch ganz andere Beträge als die dreistelligen Kosten auf der Wickerer Deponie, bei der die Nachsorgephase im Jahr 2016 um 30 Jahre auf 2075 verlängert worden war – allein diese Entscheidung vergrößerte den Finanzbedarf der Nachsorge für die Anlage an der B40 um 32,9 Millionen Euro. Allerdings sind beide Lagerstätten nur bedingt miteinander zu vergleichen. Nicht nur bezogen auf die Fläche und die Ablagemengen – in Weilbach landeten zwischen 1969 und 1982 rund 500.000 Tonnen Hausmüll mit einem Volumen von 600.000 Kubikmeter – sondern auch auf die Problemlage etwa der Grundwassersicherung. Die wird in Wicker durch die besonderen Bedingungen des Untergrunds besonders aufwendig sein.

Der Kreistag, der sich in seiner jüngsten Sitzung vor Weihnachten mit dem Thema beschäftigte, hat die Übernahme sämtlicher Kosten beschlossen. Die Begründung: „Bei der Altdeponie Weilbach handelt es sich um eine vor Gründung der RMD vom Main-Taunus-Kreis betriebene Deponie, so dass diese Kosten auch vom Main-Taunus-Kreis getragen werden sollten.“

Per Vertrag hatte der MTK im Juni 2013 die Grundstücke, auf denen 13 Jahre lang die Hausmülldeponie betrieben wurde, auf die RMD übertragen. Der Deponiebetreiber übernahm mit den Grundstücken „vollumfänglich die gesetzlichen Nachsorgeverpflichtungen auf der Grundlage der geltenden gesetzlichen Regelungen“, wie das Kreis-Rechtsamt erläutert. Dafür erhielt die RMD 404.000 Euro aus der Kreiskasse. Damit, lautete die damalige Annahme, müsste sich die gesamte Nachsorge abdecken lassen.

Von diesem Betrag waren nach den neuesten bekannten Zahlen (Stand 31. Dezember 2019) noch 167.500 Euro übrig. Die RMD hatte in den sechseinhalb Jahren somit rund 236.500 Euro in die Sanierung der Deponie investiert. Das Unternehmen wird zunächst den Restbetrag für die Maßnahmen und die Stilllegungs- und Nachsorgekosten verwenden, erläutert das Kreis-Rechtsamt. „Wenn dieser aufgebraucht ist, verpflichtet sich der Main-Taunus-Kreis die gesamten erforderlichen tatsächlichen Kosten für die Stilllegung und Nachsorge der Deponie Weilbach mindestens bis 2060 der RMD zu erstatten.“

Anders als in Wicker, wo offiziell nicht einmal die Stilllegung erreicht ist, befindet sich die Weilbacher Deponie also bereits voll in der Nachsorge. Das Ingenieurbüro geht davon aus, dass die Oberflächenabdichtung „keine größeren Kosten mehr erfordert“ und so über die allgemeinen Pflegemaßnahmen, die auf der rekultivierte Fläche Standard sind, mit abgedeckt werden.

Die Kreistagsfraktionen erhielten eine detaillierte Auflistung der einzelnen Kostenstellen für die kommenden 39 Jahre. Demnach werde vor allem die Sickerwasserthematik einen größeren Aufwand erfordern. Hier addieren sich die Personalkosten (1,035 Millionen Euro) sowie die Investitionen in die Sickerwasserspeicherung (527.616 Euro) als größter Kostenfaktor vor Ort. Das Gutachten beziffert die über und unter der Basisabdichtung erfassten jährlichen Sickerwassermengen von 2000 bis 2019 als stark schwankend, zwischen 575 und 2.479 Kubikmeter, der Mittelwert der Jahre 2011 bis 2019 lag bei 1.080 Kubikmetern. Im Vergleich zur Deponiegröße von sechs Hektar, der Qualität der Oberflächenabdichtung und den jährlichen Niederschlägen" seien diese Mengen "sehr gering", es steht daher zu erwarten, dass die Pumpwerke längst nicht das gesamte Sickerwasser erfassten, ein Teil könne daher das Grundwasser belasten. Weitere Maßnahmen seien daher nicht auszuschließen, warnt das Gutachten. Das abgeleitete Wasser muss in jedem Fall zur Behandlung zur Deponie nach Wicker gebracht und dort verarbeitet werden, hierfür werden im gesamte Zeitraum alleine 2,83 Millionen Euro anfallen.

Nicht nur das Wasser, auch die Gase spielen bei der Nachsorge eines Deponiekörpers eine wichtige Rolle. Für die Ertüchtigung von Gasbrunnen und -leitungen sowie die Erneuerung der Fackel sind 300.000 Euro einzuplanen. Diese scheinbar nebensächliche Ausgabe zeigt, dass die 404.000-Euro-Rechnung für das gesamte Nachsorgeprojekt aus dem Jahr 2013 sehr unverständlich klingt. Im Jahr 2059, endet die Aufstellung, soll die Nachsorge in Weilbach mit 23.800 Euro Rückbaukosten abschließen.

Letztlich können selbst so detaillierte Gutachten wie das vom Hamburger Ingenieurbüro sich nur an der aktuellen Situation orientieren und hoffen, dass sie sich in all den Jahren bis 2060 nicht groß verändern. Weder ist es gesagt, dass die in den vergangenen Jahren recht stabile Inflationsrate sich nicht spürbar erhöht - der angenommene Wert von 1,4 Prozent entspricht in etwa dem Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre. Und Gesetzesänderungen gibt es auf dem Gebiet des Umweltschutzes auch immer wieder, die eine Kostenstruktur schnell entscheidend verändern können. „Grundsätzlich ist die Unsicherheit des erforderlichen zeitlichen Nachsorgeaufwands zu nennen. Die voraussichtliche Nachsorgedauer ist noch nicht verbindlich festlegbar“, warnen die Gutachter vor allzu viel Vertrauen in die Haltbarkeit ihrer Aufstellungen.

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