Landwehr aus Leibern

Montagsdemo soll Auftakt zu kontinuierlich geleistetem Widerstand sein

 

FLÖRSHEIM (drh) – In Anlehnung an die legendären Montagsdemonstrationen in der ehemaligen DDR wurde am Montagabend im Neubaugebiet von der Stadt Flörsheim, dem Verein Für Flörsheim e.V., der Bürgerinitiative WIDEMA, den Kirchengemeinden und den Parteien der Stadtverordnetenversammlung zur ersten Großdemonstration aufgerufen. Mehr als 900 Menschen füllten den Platz am Mammutbaum, von der Rheinallee bis fast ans Ende der Werner-von-Siemens-Straße, und taten ihren Unmut über die Verlärmung der Stadt kund. Trommelschläge und die in der Dunkelheit leuchtenden Fackeln und Kerzen führten die Demonstranten zu jenem Baum, der am 8. Mai 2009 zeitgleich mit dem ersten Spatenstich zum Bau der Landebahn gepflanzt worden war.
Hans-Jakob Gall, Vorsitzender des Vereins Für Flörsheim, erinnerte in seiner Rede an die Errichtung des Landwehrgrabens zum Schutze vor räuberischen Bergvölkern durch Berthold von Henneberg im Jahre 1484. „Auch wir werden heute angegriffen. Bilden wir eine Landwehr aus Leibern und kämpfen wir gegen Fraport“, lautete Galls leidenschaftlicher Appell. Auch am Landwehrgraben sei ein Feuer entzündet worden, um der Erinnerung an die Geschichte Nachdruck zu verleihen. „Wir kämpfen nicht mit Mistgabeln und Hellebarden, aber mit Anwälten, Briefen und E-Mails und geben erst Ruhe, wenn aus der Landebahn wie aus der Wackersdorfer Atomanlage ein Freizeitgelände geworden ist“, rief Gall der applaudierenden Menge entgegen.
Bürgermeister Michael Antenbrink kritisierte die Verantwortlichen sowohl in Wiesbaden als auch in Berlin unabhängig davon, ob sie sich nun über die Ausmaße und Konsequenzen dieses gigantischen Bauprojektes im Klaren gewesen waren oder nicht. Die Politiker hätten die Pflicht gehabt, sich vor der Entscheidungsfindung über die Folgen des Ausbaus ausführlich zu informieren. Das Mindeste jedoch sei nun die Bewahrung des Nachtflugverbots. Es dürfe nicht sein, dass Minister nun versuchen würden, das Fluglärmschutzgesetz weiter aufzuweichen.
Pfarrer Frank-Peter Beuler berichtete von seinen Fürbitten im Sonntagsgottesdienst für die Schlaflosen, die Wütenden und die Verzweifelten. Er entsandte am Montag den finalen Bittruf: „Oh Herr, schmeiß Hirn vom Himmel, dass die Richter wenigstens das Nachtflugverbot garantieren.“ 
Pfarrer Martin Hanauer gab bekannt, dass die evangelische Kirchengemeinde die Dekanatssynode mit einem Protestbeschluss um Unterstützung gebeten habe, sollte doch auch die Landeskirche menschenunwürdiges Handeln und Verhalten wegen wirtschaftlicher Interessen verurteilen. Ha?nauer hofft nach eigenem Bekunden darauf, dass die an sich christlich geprägte Landesregierung den Buß- und Bettag zur Einsicht und Umkehr nutzen und den Fraport-Fluch für die Menschen beenden möge.
Erster Stadtrat Markus Ochs äußerte Forderungen wie eine Ausdehnung des Nachtflugverbotes von 22 bis 6 Uhr, eine Novellierung des Fluglärmschutzgesetzes oder einen Soli-Euro von jedem Fluggast für die Lärmgeschädigten, die die CDU an die Landesregierung sende. SPD-Fraktionschef Gerd Mehler forderte die Solidarität der Nachbarstädte ein, könnten sie selbst doch morgen schon von weiteren Belastungen betroffen sein. „Die Region rückt zusammen“, bemerkte GALF-Sprecherin Renate Mohr. Sie verstehe nicht, wie ein Unternehmen alle Auflagen missachten könne und Terror und Gewalt ausüben dürfe. Die Hochheimer Bürgermeisterin Angelika Munk schließlich verkündete, dass ein Kampf gegen Fraport ein Kampf ums Prinzip sei, denn was wäre, wenn beispielsweise Chemieunternehmen ähnlich verfahren würden? 
Fast zeitgleich demonstrierten einige Vertreter der Bürgerinitiative auch direkt am Flughafen im Terminal 1, Bereich B. „Auch hier werden wir jeden Montag um 18 Uhr demonstrieren. Hier tut es der Fraport am meisten weh“, so der Sprecher. Aber auch in Flörsheim soll nun an weiteren Montagabenden, zumindest bis zum Entscheid über das Nachtflugverfahren, demonstriert werden. 

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