Wie das Mainufer umgebaut werden soll

Projekt stellt sich bei Spaziergang vor - Verzögerung beim Umsetzung abzusehen

nab

Im Rahmen der „Woche der Erde“ lud die Stadt Flörsheim am Montag zu einem informativen Spaziergang ein, bei dem die geplante Renaturierung des Mainufers zwischen Artelgraben und Pappelwäldchen vorgestellt wurde. Etwa 40 Interessierte folgten der Einladung und erfuhren direkt vor Ort, wie das Projekt die ökologische Vielfalt des Flussabschnitts nachhaltig verbessern wird.

Erste Stadträtin Renate Mohr begrüßte die Teilnehmenden herzlich und betonte die Bedeutung der Maßnahme für die ökologische Aufwertung des gesamten Gebiets. Ein zentrales Anliegen der Veranstaltung sei es zudem, auch die Öffentlichkeit für die sensiblen Themen Naturschutz und Naherholung zu sensibilisieren. „Es geht darum, eine Balance zwischen ökologischen Verbesserungen und der Erholungsnutzung zu finden“, sagte Mohr und betonte, dass die neu gestalteten Flächen zwar zugänglich, jedoch nicht primär für intensive Freizeitaktivitäten vorgesehen sind.

Anschließend wurden die Teilnehmer in drei Gruppen aufgeteilt, um ausführlich über die Pläne informiert zu werden. Christian Stegner vom Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt (WSA) Main übernahm die fachliche Leitung und erläuterte anschaulich den aktuellen Stand sowie die geplanten Schritte des Vorhabens.

Im Mittelpunkt der Maßnahme steht die Schaffung naturnaher Uferstrukturen, um die Lebensbedingungen für die heimische Flora und Fauna deutlich zu verbessern. Konkret werden die bestehenden Wasserbausteine, welche das Ufer derzeit künstlich befestigen, entfernt. Durch gezielte Abgrabungen entstehen sogenannte „Schlenze“ – flache, wellengeschützte Wasserbereiche, die ideale Bedingungen für Jungfische, Amphibien und weitere aquatische Lebewesen bieten. Die neuen Bereiche sollen auch als „Kinderstube“ für Fischarten dienen, die aus dem Main hierher ablaichen und aufwachsen können.

„Es geht darum, dem Fluss wieder Raum zu geben - nicht im Sinne von Überflutungsschutz, sondern als ökologische Aufwertung“, so Stegner. Dabei sollen natürliche Prozesse wie sukzessive Vegetationsentwicklung gezielt zugelassen werden. Teilweise werden auch technisch-biologische Sicherungen eingesetzt, beispielsweise durch Weidenmatten oder Röhrichtgabionen, um besonders empfindliche Uferbereiche zu schützen.

Für den Abschnitte 1 ist vorgesehen, einen wellengeschützten Seitenarm des Mains zu schaffen. Die bestehenden Uferstrukturen werden dabei überwiegend erhalten und nur an zwei Stellen geöffnet, um eine natürliche Strömung zu gewährleisten. Durch das Einbringen von Totholz und natürlichen Steinformationen entstehen zusätzliche Lebensräume für Tiere und Pflanzen.

In einem anderen, bislang strukturarmen Abschnitt sind weitere flache Buchten geplant, um den Fluss wieder stärker an die natürlichen Auenbereiche anzubinden. Dies soll nicht nur die Biodiversität fördern, sondern auch das natürliche Hochwassermanagement des Mains verbessern.

Stegner informierte auch über die bisherigen vorbereitenden Maßnahmen, wie die Kampfmittelsondierung im Winter, und erläuterte die aktuell laufenden Bodenanalysen, deren Ergebnisse ausschlaggebend für die endgültige Umsetzung sind. Dabei sprach er offen über Herausforderungen wie mögliche Altlasten im Boden, deren Entsorgung erheblichen Einfluss auf die Kosten des Projekts haben könnte.

Der Weg bis zur Umsetzung ist jedoch nicht einfach. Die Planung ist durch eine Vielzahl gesetzlicher Vorgaben, Umweltauflagen und technischer Hürden geprägt. Der ursprünglich angestrebte Baustart im Jahr 2025 ist laut aktueller Einschätzung nicht mehr realistisch. Frühestens im Frühjahr 2026 ist laut Stegner nun mit dem Beginn der Arbeiten zu rechnen.

Ein Grund dafür: die laufenden Genehmigungsverfahren und zahlreiche Voruntersuchungen. So wurden im Winter bereits Kampfmittelsondierungen durchgeführt – an 133 Stellen im Gelände wurde gebohrt, geprüft und wieder verfüllt. Nun steht die Bodenanalyse an. Denn: „Erst wenn wir wissen, welche Bodenarten vorliegen, können wir belastbare Kosten kalkulieren – und wissen, ob Boden entsorgt oder wiederverwendet werden kann“, erklärt Stegner.

Gerade die Entsorgung von Boden mit Schadstoffbelastung sei kostenintensiv – ein möglicher Risikofaktor für das gesamte Projektbudget. „Das kann darüber entscheiden, ob wir das Vorhaben in vollem Umfang realisieren oder abspecken müssen.“

Die Maßnahme ist Teil des Programms zur Umsetzung der europäischen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL). Sie verfolgt das Ziel, den ökologischen Zustand des Mains zu verbessern, der in diesem Abschnitt als „erheblich verändert“ eingestuft ist. Zuständig ist die Bundesverwaltung – konkret das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Main in Zusammenarbeit mit der Generaldirektion Wasserstraßen (GDWS).

Die geplanten Bauarbeiten umfassen unter anderem den Abtrag von rund 20.000 Kubikmetern Boden, die Entfernung von 200 Tonnen Wasserbausteinen sowie die Neugestaltung von Uferlinien mit abgeflachten Böschungen. In besonders strömungsgefährdeten Bereichen ist der Einbau von sogenannten Weidenspreitlagen oder Gabionen vorgesehen – das sind ökologisch wirksame, technisch-biologische Sicherungen.

Ein wichtiges Anliegen ist der Artenschutz. Zwar mussten bereits einige Bäume weichen, um die künftigen Flachuferbereiche überhaupt ermöglichen zu können. Doch die Planung sieht ausdrücklich vor, wertvolle Gehölzstrukturen möglichst zu erhalten. Bereits im Februar wurden mehrere Nistkästen installiert, um Ersatzquartiere für Höhlenbrüter wie Meisen, Spechte oder Fledermäuse zu schaffen.

Auch das Thema Landschaftsbild spielt eine Rolle. Die Eingriffe erfolgen innerhalb des Landschaftsschutzgebiets „Hessische Mainauen“, das zwar keine strikten Einschränkungen vorsieht, aber eine naturschonende Ausführung verlangt. Laut Umweltverträglichkeitsprüfung sind durch das Projekt keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen auf Natur und Landschaft zu erwarten. Vielmehr wird von einer ökologischen Aufwertung ausgegangen.

Der Spaziergang endete mit einem optimistischen Ausblick auf die zukünftige Entwicklung: „Wir schaffen hier eine echte Chance für die Natur“, resümierte Stegner. Genau darin liegt der Wert dieses Renaturierungsprojekts – in der nachhaltigen Rückkehr des Lebens und der Verbesserung der ökologischen Vielfalt am Flörsheimer Mainufer.

Kommentare

Der Inhalt dieses Feldes wird nicht öffentlich zugänglich angezeigt.
Sicherheitsprüfung
Diese Frage hat den Zweck zu testen, ob Sie ein menschlicher Benutzer sind und um automatisierten Spam vorzubeugen.
Bild-CAPTCHA
Geben Sie die Zeichen ein, die im Bild gezeigt werden.


X