Auf der Suche nach Seelenfrieden

346. Verlobter Tag: Mit Gottvertrauen und christlichem Engagement die Krise meistern

FLÖRSHEIM (drh) – „Wir haben hier keine bleibende Stadt, vielmehr die kommende suchen wir.“ Dieses Motto des 346. Verlobten Tages lenkte fast zwangsläufig den Blickwinkel auf die Belastung durch den Flughafen. Sowohl in der Bürgermeisteransprache im Vermächtniskonzert am Vorabend zum Verlobten Tag, als auch in der Predigt des Festgottesdienstes und in vielen Redebeiträgen bei den vier Prozessionsaltären kam der Flughafenausbau zur Sprache. 

 

Bezirksdekan Klaus Waldeck, der in Flörsheim drei Jahre als Kaplan tätig war und sich bis heute der Stadt verbunden fühlt, predigte im Dialog mit Pastoralreferentin Susanne Schuhmacher-Godemann, die in Flörsheim geboren und aufgewachsen und heute in Schwalbach tätig ist. Im Rückblick der Geschichte hätte Flörsheim viele Krisen und Gefahren überstehen müssen, doch den Flörsheimern sei es stets gelungen, den Ort vor dem völligen Untergang zu bewahren. Die Prediger fragten, ob die Flörsheimer wirklich „keine bleibende Stadt“ haben und fanden zahlreiche Gründe, weshalb sich Flörsheim als Wohnort eigne. Pfarrer Klaus Waldeck betonte, dass irdische Städte immer nur vorläufig seien, wären sie doch stets unvollendet, wenngleich sich die Bürger auch im Vorläufigen nach einer Bleibe und Heimat sehnten. In den Augen der Pastoralreferentin sei Flörsheim heute nicht mehr existentiell von Krieg und Krankheit bedroht; die Bedrohung durch die Pest sei nicht mit der Bedrohung durch den Flughafen gleichzusetzen, auch wenn der Fluglärm Auswirkungen auf das Wohlbefinden und wahrscheinlich auch auf die Gesundheit der Menschen habe. „So sehr wir im Rhein-Main-Gebiet den Flughafen Frankfurt in unserer Nachbarschaft als möglichen Arbeitgeber und als Verkehrsknotenpunkt schätzen, so sehr sind wir aber auch von dem Lärm betroffen“, so die Pastoralreferentin, die sich für die Einhaltung des Nachtflugverbotes aussprach. Christen hätten die Aufgabe, sich mit Gott an der Seite auf die Suche nach der zukünftigen Stadt aufzumachen und so dürften sie auch nicht in der Kirche sitzen bleiben, sondern müssten sich aufmachen und auf die Menschen zugehen. Jede noch so zahlenmäßig starke Prozession würde nicht ausreichen, wenn nicht auch das Handeln im Alltag so ernst genommen werde, dass der Auftrag Gottes, Gutes zu tun, erfüllt werde. Christen fänden den Bauplan ihrer zukünftigen Stadt in der Bibel. „Wir sollen Gutes tun – darauf kommt es an“, mahnte Schuhmacher-Godemann, die in Frömmigkeit und gesellschaftlicher Verantwortung keine Gegensätze sieht. Auf Flörsheim bezogen bedeute dies auch, dass sich die Menschen für die Ausweitung des Nachtflugverbotes und gegen weitere Lärmbelastung einsetzen müssten. „Fluglärm stört den Seelenfrieden“, zitierte Waldeck Ortspfarrer Beuler. Als Christen dürfe man nicht aufgeben, müsse Verantwortung für die Stadt erkennen und übernehmen. „Gott verlässt uns nicht. Das ist die Erfahrung unserer Vorfahren von 1666. Diese Erfahrung wünschen wir auch uns“, schlossen die Prediger ihre Ausführungen. 
Auch Bürgermeister Michael Antenbrink zeigte die Entwicklung unter der Belastung des Flughafens auf und stellte fest, dass in den letzten 24 Monaten 2.200 Menschen, mehr als zehn Prozent der Gesamtbevölkerung, aus Flörsheim fortgezogen, gleichzeitig aber auch 2.400 neue Menschen nach Flörsheim gekommen seien. „Unsere Stadt ist also gewachsen, aber sie verändert sich“, stellte Antenbrink fest, der das Motto des Verlobten Tages somit nicht als Aufforderung zum Gehen oder zur Flucht verstand, sondern darin eine Aufforderung sah, sich um die Zukunft der Stadt zu kümmern. „Reichen wir den Neubürgern die Hand. Integration bekommt einen ganz individuellen Stellenwert“, meinte Antenbrink, der überzeugt ist, dass die Flörsheimer in der Tradition des Verlobten Tages und mit dem Wissen um ihre Stärke auch die Verlärmung der Stadt meistern werden. „Es scheint dennoch nahezu unmöglich, dass die Landebahn wieder wegkommt“, so der Bürgermeister, der zwar auch den letzten Strohhalm nicht verloren geben, sich aber dennoch auch um das Kommende kümmern möchte. Er forderte Zusammenhalt, um im Kampf für besseren Lärmschutz und rechtsverbindliche Lärmobergrenzen erfolgreich zu sein. Antenbrink sieht nichts Verwerfliches darin, wenn sich Vereine und Verbände für ihre Arbeit der finanziellen Unterstützung durch die Fraport bedienen und nahm mit dieser Aussage Bezug zur aktuellen Diskussion um die Spendenannahme der DJK von der Fraport. Zu fairen Konditionen sei die Spendenannahme genau ein Teil von dem, was die Betroffenen des Lärms unter Teilhabe am regionalen Nutzen des Flughafens verstehen dürften. Niemand sollte daher unterstellen, dass man sich das Recht nach Ruhe abkaufen lasse. 
Die musikalische Gestaltung des Vermächtniskonzertes lag zum 66. Mal in den Händen des Gesangsvereines „Sängerbund“, der zum siebten Mal vom Musikverein unterstützt wurde. Traditionelle Werke wie „Die Himmel rühmen“ und „Großer Gott wir loben Dich“ wurden mit modern klingenden Stücken wie „Jupiter Hymn“ und „Scandinavia – A Symphonic Rhapsody“ ergänzt. 
Die erbetenen Spenden am Ausgang der Kirche sollen dem Laurentius-Münch-Haus zugutekommen. 
Nach dem Vermächtniskonzert zogen die Gläubigen zur Feier eines ökumenischen Gottesdienstes zum Pestkreuz. Die Prozession am Montag zog zunächst zur Christkönigskapelle, wo der Caritasausschuss für die Gestaltung des Altares verantwortlich war. Der erste Altar stand unter dem Thema „Wohne unter uns, dass Liebe wachse, die langmütig ist“. Der Altar am Pestkreuz trug die Überschrift „Wohne unter uns, dass die Hoffnung blühe, dann wird uns nicht bang“ und wurde vom evangelischen Kirchenvorstand und den katholischen Pfarrgemeinderäten gestaltet. Die Meditation am dritten Altar war von der KAB gestaltet worden und lief unter dem Thema „Wohne unter uns, dass dein Reich komme, wie du es verheißt“. Der Jugendaltar am Mainufer beeindruckte vor allem mit seinem ganz aus Rosenblättern gestalteten Blumenteppich. Das Motiv des Teppichs zeigte passend zum Motto „ein Zelt der Begegnung mit Gott“. Den sakramentalen Schlusssegen spendete Pfarrer Frank-Peter Beuler in der St. Galluskirche. 
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