Auf ein Wort Fastnacht – Zeit für Narretei

Liebe Leserinnen, liebe Leser!

Fastnacht – Zeit für Narretei

Liebe Leserinnen, liebe Leser!

Traditionelle Fastnachtsgebiete sind häufig in kernkatholischen Gebieten zu finden. In den Städten rund um den Rhein und den Main, in Teilen Bayerns, in den schwäbisch-alemannischen Gebieten, aber auch außerhalb Deutschlands in Venedig, Québec, Südamerika, in Teilen Belgiens und Spaniens hat die Fastnacht einen festen Platz im kulturellen Leben.

Dabei liegen die Ursprünge der Fastnacht (althochdeutsch: fasta, Fastenzeit und naht, Nacht/Vorabend) in der Vorbereitung auf die Fastenzeit, als eine Zeit der Abstinenz und Vorbereitung auf das Leiden, Sterben und Auferstehen des Herrn. Die für Christen wichtigste Zeit im Kirchenjahr will besonders vorbereitet werden. Man übt sich durch den Verzicht in seinem Konsumverhalten (meist durch den Verzicht bestimmter Speisen), durch das Almosengeben und durch das vertiefte Gebet.

Rechnet man 40 Tage (exklusive der Fastensonntage) von Ostern zurück, dann ist der Aschermittwoch der Beginn jener Zeit, in der wir in besonderer Weise eingeladen sind, dem Herrn zu begegnen. Die Zahl „40“ steht in der Bibel für eine Zeit besonderer Begegnung. Vierzig Jahre wandern die Israeliten mit Gott durch die Wüste, vierzig Tage begegnet Mose Gott auf dem Sinai, vierzig Tage fastet Jesus in der Wüste, vierzig Tage erscheint der Herr den Jüngern nach Ostern bis zu seiner Himmelfahrt. In der Fastenzeit übt sich der Mensch darin, ein „neuer Mensch“ nach dem Evangelium zu werden.

Die Fastnachtszeit dagegen ist in der Abstraktion jene Zeit, die uns spielerisch den „alten Menschen“ – den Narren – vor Augen hält. Während man in der Fastenzeit Gott sucht, stellt die Narrenzeit die existentielle Frage: Was passierte eigentlich, wenn wir nicht nach Gott suchen?

„Dixit insipiens in corde suo: Non est Deus – Es spricht der Narr in seinem Herzen: Es gibt keinen Gott“

ist im Psalm 53 zu hören. Wenn man Gott und sein Gesetz der Gottes- und Nächstenliebe nicht kennt, dann bleibt man ein Narr, der versucht ist, seine Erfüllung allein bei sich und der Welt zu finden. Der Narr lebt nur in und für diese Welt. Aber die wahre Weisheit ist eben nicht in den Gesetzmäßigkeiten dieser Welt zu finden, sondern liegt verborgen dahinter.

„Wenn ich in den Sprachen der Menschen und Engel redete, hätte aber die Liebe nicht, wäre ich dröhnendes Erz oder eine lärmende Pauke“,

schreibt der Apostel Paulus in einem Brief an die Korinther (1 Kor 13, 1). In Anlehnung an diesen Vergleich, ziehen die Narren mit Schellen und Pauken durch die Straßen. Wer die Liebe zu Gott und seinem Nächsten nicht kennt, der macht im Leben nichts anderes als „viel Lärm um nichts“. Das Gute und Wahre macht kein großes Aufhebens von sich, sondern ist in der Liebe zu entdecken. Jeder, der nicht aus der Liebe her lebt, kennt im Letzten eben nicht Gott, seinen Nächsten und nicht mal sich selbst. In so einem närrischen Leben geht es wirklich drunter und drüber. Die Fastnachtszeit entlarvt quasi in pädagogischer Weise diese Sicht der Welt und möchte unseren Blick auf das Wesentliche hin lenken.

Deshalb ist die Fastnachtszeit erst vollkommen mit der Fastenzeit. Als Christen wissen wir, dass wir zwar in dieser Welt, aber nicht für diese Welt leben. Manchmal brauchen wir aber diesen Kontrast der Dinge, um aufs Neue zu erfahren, was wirklich im Leben zählt.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine gesegnete, frohe und gute Fastnachts- und Fastenzeit mit einem herzlichen „HALL DIE GAIL“.

Ihr Kaplan Robert-Jan Ginter

St. Gallus, Flörsheim

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