Zwei Jubiläen, die eng zusammengehören

Bürgerempfang am Tag der Deutschen Einheit und Partnerschaftsjubiläum in einem - Viele Ehrungen

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In diesem Jahr fielen in Flörsheim der nationale Feiertag, an dem die Stadt und die Stadtverordnetenversammlung traditionell gemeinsam zum Bürgerempfang in die Stadthalle einladen, und die Feierlichkeiten zum 20-jährigen Bestehen der Partnerschaft mit dem polnischen Pyskowice zusammen. Auf der Bühne hing daher diesmal neben der deutschen, der Flörsheimer, der Weilbacher und der Wickerer Fahne auch die des östlichen Nachbarlandes.

Die Gäste aus der Partnerstadt waren bei der Veranstaltung anwesend, da war es nur logisch, die Gelegenheit zu nutzen, einen nur selten zur Verfügung stehenden Redner die Ansprache halten zu lassen. Bürgermeister Bernd Blisch durfte bei der Begrüßung der zahlreiche Gäste aus Politik und Bürgergesellschaft auch seinen Amtskollegen Adam Wójcik willkommen heißen, der seine Ansprache in polnischer Sprache vortrug. Eine Übersetzung in deutscher Sprache lag zum Mitverfolgen ausgedruckt vor.

Am Tag der Deutschen Einheit ist es hierzulande vielen ein Anliegen, neben der Retrospektive auf die Entwicklungen im wiedervereinten Deutschland, die angesichts des 35. Jahrestages dieses Jahr besonders im Fokus stand, die europäische Orientierung unseres Landes zu unterstreichen. Da schloss sich Wójcik nahtlos an. Der Stadtpräsident, wie sein Amt in der Partnerstadt bezeichnet wird, bezeichnete den Tag der deutschen Einheit als „Symbol für den Sieg von Freiheit, Solidarität und Einheit eines Volkes, das nach Jahren der Teilung einen gemeinsamen Weg finden konnte“. Er sei zugleich eine wichtige Botschaft für ganz Europa. „Dort, wo der Wille zu Verständigung und Zusammenarbeit besteht, ist es möglich, Brücken über Grenzen hinweg zu bauen.“

In der menschlichen Dimension zeige sich der wahre Sinn von Partnerschaft. Sie mache deutlich, dass die Idee eines geeinten Europas nicht nur Politik und Entscheidungen auf hoher Ebene bedeute. „Sie ist gelebte Erfahrung in Schulen, in Kulturhäusern, in Vereinen, in Freundschaften. Sie ist Wohlwollen, Neugier auf den anderen Menschen und der Wunsch zur Zusammenarbeit.“ Im Falle der Verbindung zwischen Pyskowice und Flörsheim beruhe dies auf dem Engagement der beiden Freundeskreise Flörsheim-Pyskowice und Pyskowice-Flörsheim. „Sie waren der Keim, aus dem unsere Zusammenarbeit wuchs, und sie erinnern uns bis heute daran, dass die Bindungen zwischen Städten vor allem Bindungen zwischen Menschen sind."

Dass die Intensität der Kontakte in den jüngsten Jahren nachgelassen habe, sei der Corona-Pandemie zuzuschreiben sowie dem Überfall Russlands auf die Ukraine. „Doch selbst diesen Widrigkeiten ist es nicht gelungen, den Geist der Partnerschaft zu löschen“, betonte Wójcak. Er hob die Unterstützung hervor, die nach dem Kriegsausbruch aus Flörsheim für die ukrainische Partnergemeinde in der Ukraine, Scheptyzkyj, organisiert wurde. „Diese aus dem Herzen kommende Geste war nicht nur eine Antwort auf Bedürfnisse, sondern auch ein eindrucksvoller Beweis für Solidarität und Freundschaft zwischen unseren Gemeinschaften.“

Wójcak zeigte sich überzeugt, „dass das moderne Europa nicht die Fehler der Vergangenheit wiederholen, nicht die Augen vor dem Bösen verschließen und sich nicht von den wichtigsten Werten abwenden wird“, betonte der Stadtpräsident schließlich: Dies seien die demokratische Werte „Gleichheit, Respekt für Minderheiten und gleiche Rechte für alle Bürgerinnen und Bürger“. Und er warnte am Ende davor, dass konservative Parteien sich für Koalitionen mit rechtsnationalistischen Partnern öffnen. „Wir müssen uns unbedingt daran erinnern, dass unsere Geschichte gezeigt hat, welche Folgen dies hat und wie sehr wir das Recht auf Freiheit, Gleichheit und Vielfalt schützen und achten müssen.“

Blisch äußert Wunsch nach Verfassungspatriotismus

Bürgermeister Bernd Blisch hatte zuvor in seiner Begrüßungsrede die Idee des Jahres 2005 gelobt, den Empfang an jenem Jubiläumstag der Deutschen Einheit mit der Unterzeichnung des Städtepartnerschaftsvertrages mit Pyskowice zu verbinden. Somit werde seither am Tag der Deutschen Einheit immer auch an die Partnerschaft mit den polnischen Nachbarn und damit an die europäischen Wurzeln gedacht.

Blisch erinnerte daran, dass die Verschwisterungsfeier in Polen 2005 am Verfassungstag Polens am 3. Mai begangen wurde, „kein nationalistischer Tag, sondern einer, an dem eine Verfassung gefeiert wird, die zu den ersten auf der ganzen Welt gehörte“ und dabei Maßstäbe gesetzt habe. Seinerzeit, 1791, waren bis dahin lediglich auf Korsika (1755) und in den USA (1787) vergleichbare Werke entstanden.

Blisch wünschte sich den Verfassungspatriotismus, den die Polen in den schwierigen folgenden Zeiten mit zeitweise verlorenem Staatsterritorium gezeigt hätten, für manche andere Länder unserer Zeit. Stattdessen zeige sich auch in Deutschland und Flörsheim eine Abgrenzung verschiedener Gruppen voneinander. Manche von ihnen kennen keinen Verfassungspatriotismus und allgemeine Grundrechte. Gerade deshalb wähle die Stadt den Bürgerempfang, um sich um das Gemeinwohl verdient machende Flörsheimerinnen und Flörsheimer hervorzuheben und auszuzeichnen.

Kröhle betont Wert europäischer Einigung

Das Schlusswort, dass traditionell Stadtverordnetenvorsteher Michael Kröhle hält, wird ebenso traditionell zu deutlich mehr als einem "Tschüss" und "Danke schön". Er erinnerte an die Entwicklungen zur Wendezeit 1989/90, die zu der Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 führten, deren Jubiläum nun begangen wird. „Wir Deutsche neigen dazu, die Wende in der DDR als rein deutsche Errungenschaft zu sehen“, sagte er.

Doch ohne die vorausgegangenen Freiheitsbewegungen in Osteuropa, besonders in Ungarn und mit der polnischen Solidarnosc „hätte es den Mauerfall wohl nie gegeben“, vermutet Kröhle. Auch Polen habe daher Steine aus der Mauer gerissen. Das Land haben gezeigt, dass die Freiheit kein Geschenk sei, sondern immer wieder erkämpft werden müsse. Er bat daher Wójcak, seinen Bürgerinnen und Bürgern in Pyskowice den Dank der Flörsheimerinnen und Flörsheimern auszurichten.

Das Europa der gemeinsamen Werte und offenen Grenzen sei gerade für seine Generation zu so etwas wie einer Selbstverständlichkeit geworden, „doch genau da liegt die Gefahr“, betonte er. Die europäische Idee sei ein Schatz und eben nicht selbstverständlich. Es gebe Spannungen und Misstrauen, was bei 27 Mitgliedsstaaten in der EU aber normal sei. Doch geschichtlich einmalig sei die lange Friedenszeit auf dem Kontinent, die viele der Nationen noch nie zuvor genossen hätten.

Diese „zivilisatorische Meisterleistung“ gelte es in den nun schwierig gewordenen Zeiten zu verteidigen. Die auf der Aufklärung beruhenden, werteorientierte Demokratie dürfe nicht den Nörglern, ewig Gestrigen von links und rechts oder religiösen Ideologen überlassen werden. Geschlossenheit sei auch gegenüber der Herausforderung gefragt, die die aggressive russische Außenpolitik mit sich bringe. „Europa muss ein Ort sein, an dem Kultur und Demokratie gelebt werden – von uns allen“, forderte er. Die Städtepartnerschaft wie zwischen Pyskowice und Flörsheim trügen Europa auf Stadtfesten mit persönlichen Begegnungen.

Ehrungen und Auszeichnungen

In verschiedenen Kategorien zeichnet das Rathaus bei dem Bürgerempfang verdiente Bürgerinnen und Bürger der Stadt aus. Diesmal gingen Urkunden, Medaillen und Co. an 30 Personen, zwei Unternehmen und drei ehrenamtlich tätige Gruppen. Erstmals hob die Stadt die Arbeit des neuesten parlamentarischen Gremiums in der Stadt hervor.

Kategorie Flörsheimer Schulen

Schülerinnen und Schüler des Kinderparlamentes: Das Flörsheimer Kinderparlament war erst vor einem Jahr erstmals zusammengekommen und ist somit noch im Pionierstatus. Und doch schieden im Sommer die ersten Mitglieder altersbedingt aus, da sie das Grundschulalter hinter sich gelassen haben. Auf die Bühne durften alle anwesenden Mitglieder des Gremiums kommen, die ausgeschiedenen Julius Allendorff, Emiliy Kleffmann, Elias Siemens, Mila Mayer, Edna Gautsche und Mathilda Sophie Buch wurden jedoch namentlich hervorgehoben und mit einer Urkunde geehrt.

Mit den Schuljahr 2024/2025 nahm das Kinderparlament der Stadt Flörsheim seine Arbeit auf. Alle vier Flörsheimer Grundschulen hatten zuvor je zwei Schülerinnen und/oder Schüler der 3. und 4. Klassen für die Aufgabe ausgewählt. In nichtöffentlichen Sitzungen wurden Vorschläge diskutiert und Beschlüsse gefasst, "die sich um die Interessen der Flörsheimer Kinder drehen". Die Beschlüsse werden zur wohlwollenden Prüfung an das "große" Parlament weitergereicht.

„Da wird mir warm ums Herz – zu sehen, dass die Flörsheimer Stadtverordnetenversammlung auch 2050 und 2060 gut besetzt sein wird“, sagte Stadtverordnetenvorsteher Michael Kröhle, der die Urkunden zusammen mit Bürgermeister Bernd Blisch verlieh. Er dankte dem Nachwuchsparlament für die erarbeiteten Vorschläge und Anregungen an das Stadtparlament.

Die Mitglieder im ersten Jahr waren:

Goldbornschule: Emily Genzler, Julius Allendorff, Emiliy Kleffmann und Nick Luger.

Paul-Maar-Schule: Milia Molinari, Oscar Mateja, Elias Siemens und Miran Anik.

Riedschule: Amanda Magastena, Leo Waldheim, Mila Mayer und Edna Gautsche.

Schule am Weilbach: Mathilda Sophie Buch, Jack-Kenny Windolf, Toni Press und Emil Groeschke.

Sophie-Scholl-Schule - Schulguides

Carola_Nestler, Merve Turgut und Lea Rau wurden stellvertretend für die Schülerinnen und Schüler an der Sophie-Scholl-Schule ausgezeichnet, die im vergangenen Schuljahr als „Schulguides" mit den neu in die Schule gekommenen 5. Klassen gearbeitet haben. Ihre Aufgabe ist es, Streitigkeiten zu schlichten, aber auch generell alle wichtigen Themen zu besprechen. Alle seien stets präsent gewesen und hätten auch gut mit den Lehrerinnen und Lehrern zusammengearbeitet

Dank und Anerkennung

Britta Kluin leitet seit 2010 den einst von Ruth Winkler ins Leben gerufenen Erlebnistanzkreis „Tanz mit - bleib fit“. Treffpunk ist alle zwei Wochen das Pfarrheim St. Josef. Zielgruppe sind alle an Tanz und Bewegung Interessierten "ab der zweiten Lebenshälfte". Unter fachgerechter Anleitung sollen körperliche und geistige Beweglichkeit durch rhythmische und tänzerische Bewegung erhalten bleiben. Kluin lud das Publikum ein, einfach mal auszuprobieren, ob das etwas für sie oder ihn wäre.

Team der ökumenischen Fundgrube: Seit über 30 Jahren veranstaltet die Gruppe im Rahmen eines Projektes der Flörsheimer Kirchengemeinden regelmäßig Flohmärkte im evangelischen Gemeindezentrum, wo eigene Räume zur Verfügung stehen. Zu erwerben gibt es dabei gut erhaltene Waren "von Geschirr bis hin zum Elektroartikel". Alles, was angeboten wird, wurde dem Projekt gespendet. Gerhild Krichbaum ist für Spender die Ansprechpartnerin.

Christian Melchior: Der Polizeibeamte wurde von Ministerpräsident Boris Rhein auf dem Hessentag mit der Hessischen Rettungsmedaille ausgezeichnet. Lohn für "seinen vorbildlichen und couragierten Einsatz bei der Rettung von Menschenleben", wie es in der Begründung heißt, denn als er und ein Kollege im September 2024 nachts auf der A 66 zwischen Diedenbergen und dem Wiesbadener Kreuz ein umgekipptes Fahrzeug entdeckten, sicherten sie die Unfallstelle mit ihrem Streifenwagen, riskierten anschließend einiges, um die Fahrzeuginsassen aus der Gefahrenzone zu bringen, weil sie bei fließendem Verkehr die Fahrbahn queren mussten.

Ernennung Sport-Coaches

Mohammad Nabeel Al Hamad und Christian Backes: Am Förderprogramm „Sport integriert Hessen“ nimmt die Stadt Flörsheim schon seit dem Jahr 2016 teil. Es unterstützt Kommunen, "die sowohl die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund, als auch von sozial benachteiligten Personen in ihrer Kommune fördern möchten".

Dazu gehören auch "Sport Coaches", die die Angebote koordinieren und mit den beteiligten Vereinen absprechen. Backes ist bereits seit 2017 als Sport-Coach tätig. In seiner Funktion übernimmt er die Koordination etwa auch der Materialbeschaffung und deren Abrechnung.

Mohammad Nabeel Al Hamad, 2015 aus Syrien nach Deutschland gekommen, stieß 2019 dazu, ist aber auch als Integrationslotse für neu angekommene Geflüchtete tätig, hilft den Ankömmlingen, in der Stadt zurechtzukommen, etwa bei Behördengängen.

Stadtplakette

In dieser Kategorie wurden zwei verdiente Flörsheimer Unternehmen anlässlich ihres Firmenjubiläums ausgezeichnet, wie es die Ehernordnung der Stadt vorsieht

Das Haushaltswarengeschäft Häbe, im Mai 1950 gegründet, wird heute in der dritten Generation von Bärbel Müller geführt. Es "hat inzwischen in der näheren Umgebung ein Alleinstellungsmerkmal", heißt es in der Erläuterung. Zum 75-jährigen Bestehen erhielt das Haushaltswarengeschäft die Stadtplakette in Silber.

Firma Hofmann + Ruppertz Natursteinwerk: 1925 in Frankfurt vom Großvater von Firmeninhaber Stefan Ruppertz gegründet, bietet das seit 1996 in der Weilbacher Industriestraße angesiedelte Unternehmen Küchenarbeitsplatten und Waschtische, aber auch Marmor- und Granitfließen an. Zum 100-jährigen Bestehen steht dem Betrieb nach der Ehrenordnung die Stadtplakette in Gold zu.

Bürgermedaille

Lothar Göttge war über 35 Jahre lang, zwischen April 1990 und Mai 2025, vom Amtsgericht bestellter Ortsgerichtsschöffe des Ortsgerichtes Flörsheim am Main I (Stadtmitte). Er wurde im Frühjahr durch den Vizepräsidenten des Amtsgerichtes Wiesbaden, Stefan Althaus, aus dem Ehrenamt verabschiedet. "Mit der Verleihung der Bürgermedaille in Gold wird sein langjähriges ehrenamtliches Engagement für das Ortsgericht gewürdigt", betont die Ankündigung.

Hans-Joachim Greb: Viele werden den verdienten Fastnachter in Anzug und unmaskiert auf der Bühne vielleicht nicht gleich erkannt haben, aber die rote Nase ließ der Anfang der 1990er-Jahre in den Vorstand des Flörsheimer Carneval Verein (FCV) gewählte Greb diesmal zu Hause. Zunächst Stellvertretender Vorsitzender, übernahm er im Jahr 2000 den Vorsitz des FCV. Am Jahresbeginn trat er vom Amt zurück. Mit der Verleihung der Bürgermedaille in Gold ehrt die Stadt Grebs ehrenamtliches "Engagement zur Förderung der Fastnacht und Wahrung des Brauchtums"

Peer-Eric Neugebauer war über 30 Jahre ehrenamtlich als Wehrführer der Freiwilligen Feuerwehr Weilbach tätig, ehe er im Februar sein Amt abgab. Von März 2020 bis März 2025 war Neugebauer zusätzlich als Stadtbrandinspektor der Stadt Flörsheim am Main aktiv. Damit war er für die Einsatzbereitschaft der Flörsheimer Feuerwehren verantwortlich und beriet den Magistrat "in allen Fragen des Brandschutzes". Mit der Verleihung der Bürgermedaille in Gold werde sein langjähriges Engagement und sein Einsatz für die Freiwillige Feuerwehr gewürdigt.

Preis für bürgerschaftliches Engagement

Organisatorinnen und Organisatoren des St. Martinszuges: Die Kolpingfamilie Flörsheim übernahm 1977 von der katholischen Kirchengemeinde die Organisation der von dieser seit Anfang der 1960er-Jahre nicht mehr durchgeführten Sankt-Martins-Züge. Stellvertretend für die Orga-Gruppe nahmen die Vorstandmitglieder Sven Hofmann, Christian Diehl und Waltraud Diehl den Preis entgegen. Seitdem die Kolpingfamilie Organisation und Durchführung des Martinszugs sichert, hat sich der Flörsheimer Laternenumzug zu einem der größten Martinsumzüge in der Region entwickelt. Dieser Preis für bürgerschaftliches Engagement ist mit einem Scheck über 600 Euro dotiert.

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