"Älterwerden in Hattersheim"

Ausschuss für Soziales, Kultur und Sport: Magistrat legt Jahresbericht des Arbeitskreises vor

mpk

Seit 2019 gibt es in Hattersheim den Arbeitskreis „Älterwerden in Hattersheim". An dessen Sitzungen nehmen regelmäßig Vertreterinnen und Vertreter von 15 bis 20 beteiligten Institutionen bzw. Einrichtungen teil. Thematisiert werden dabei aktuelle Entwicklungen und Trends in der Seniorenarbeit sowie besondere Ereignisse und Veranstaltungen aus den jeweiligen Arbeitsbereichen.

Einmal im Jahr legt der Magistrat dem Ausschuss für Soziales, Kultur und Sport einen Jahresbericht über die Aktivitäten des Arbeitskreises vor, in dem die wesentlichen Themen der Sitzungen im abgelaufenen Jahr genannt werden. So ist es nun auch wieder der Fall, der neue Bericht liegt pünktlich zur Sitzungsrunde in der kommenden Woche vor.

Die „Schaltzentrale“ der Hattersheimer Seniorenarbeit

Im Mittelpunkt der Hattersheimer Seniorenarbeit steht immer wieder die Altmünstermühle. Sie befindet sich im Stadtkern von Hattersheim und verfügt über vielfältige Gruppenräume. Neben mehreren Büros und einem Gesprächsraum findet man vor Ort zwei Kursräume, einen Tanzsaal, einen Gewölbekeller, eine Holzwerkstatt sowie das beliebte Senioren-Café. Das Café ist ein gemütlicher, ebenerdiger Raum, der bei circa 35 sich regelmäßig treffenden Gruppen sehr beliebt ist und auch für die Veranstaltungen der Altmünstermühle regelmäßig genutzt wird. Die angrenzende kleine Küche rundet die Räumlichkeiten ab und könnte nach entsprechender Renovierung auch vermehrt für Gruppenaktivitäten genutzt werden. Die Altmünstermühle gilt als „Schaltzentrale“ der Hattersheimer Seniorenarbeit und vereint unter einem Dach Freizeit- und Begegnungsstätte mit Seniorenberatungsstelle, heißt es im Bericht.

Zwei neue Angebote hat die Seniorenberatungsstelle der Altmünstermühle 2024 aufgebaut. Da wäre zum einen das sogenannte „Café Auszeit“: Jenes bietet pflegenden Angehörigen einen Treffpunkt in angenehmer Atmosphäre zum Entspannen und soll eine kleine Pause im den fordernden Alltag ermögluchen. Dabei besteht auch die Gelegenheit, um sich mit anderen pflegenden Angehörigen auszutauschen, gemeinsam über Sorgen zu sprechen und bei Bedarf Tipps, Impulse und Informationen zu erhalten. Das offene und kostenfreie Angebot findet einmal monatlich statt, an jedem zweiten Mittwoch von 15.30 bis 17 Uhr im Café der Altmünstermühle. Es wird von einer Fachkraft begleitet und moderiert, der Besuch ist ohne vorherige Anmeldung möglich.

Zum anderen soll das neue Angebot des „RedeRaumes“ Einzelpersonen ab 60 Jahren mit Redebedarf ansprechen und über die sonst üblichen Beratungstermine hinausgehen. Die Gesprächstermine werden von einer qualifizierten Fachkraft der Seniorenberatungsstelle angeboten und bieten die Möglichkeit, über belastende Gefühle, Veränderungen oder Perspektivwechsel nachzudenken und beispielsweise auch familiäre Beziehungen näher zu beleuchten.

Die Gespräche sind natürlich vertraulich und kostenfrei. Jedoch stellt das Gesprächsangebot keinen gleichwertigen Ersatz für eine Psychotherapie dar: "Eine Indikation hierfür sowie akute Krisen sind für den 'RedeRaum' ein Ausschlusskriterium", wird im Bericht klar festgestellt. Die Mitarbeiterin und der Mitarbeiter der Seniorenberatungsstelle würden Interessenten in einem solchen Fall an die entsprechenden Fachstellen verweisen.

In einem begrenzten Rahmen ist es möglich, mehrere Termine wahrzunehmen. Diese müssen jeweils im Vorfeld telefonisch vereinbart werden.

Notfallseelsorge MTK

Auch mit der Notfallseelsorge (NFS) MTK hat sich der Arbeitskreis im vergangenen Jahr beschäftigt. Jene ist Teil der Psychosozialen Notfallversorgung, wurde 2012 gegründet und untersteht dem Dekanat Kronberg in Bad Soden. Sie ist rund um die Uhr erreichbar.

Das Motto der Notfallseelsorge lautet: „Wir können bleiben, wenn alle anderen gehen müssen.“ So betreut die NFS alle Personen, die unvorhergesehen in eine schwierige oder existenziell bedrohliche Situation geraten sind. Sie betreibt beispielsweise Krisenintervention nach plötzlichen Todesfällen oder begleitet Einsatzkräfte bei der Überbringung einer Todesnachricht. Ebenso sind die Aktiven der NFS für Einsätze bei Unglücken und Katastrophen geschult.

Zwei ehrenamtliche Mitarbeiterinnen der NFS haben dem Arbeitskreis ihre Arbeit vorgestellt. Die derzeit etwa 40 ehrenamtlichen Notfallseelsorgerinnen und -seelsorger werden durch die hauptamtliche Leitung von Pfarrerin Christine Zahradnik koordiniert und absolvieren jährlich etwa 170 Einsätze. Diese variieren zuweilen in Dauer und Art massiv und richten sich jeweils ganz nach den Bedürfnissen der Betroffenen. Manche haben ein großes Redebedürfnis, andere benötigen eher das gemeinsame Schweigen, heißt es im Bericht. Im Durchschnitt dauert ein Einsatz circa drei bis vier Stunden.

Das Ziel dieser Einsätze ist es, die Betroffenen wieder handlungsfähig zu machen und niemanden in der Krise allein zu lassen.

"Je nach individuellen zeitlichen Kapazitäten wird im Vorfeld ein Dienstplan erstellt. Hierbei muss miteinkalkuliert werden, dass auch kurz vor Schichtende noch ein Einsatz eingehen kann. Die örtliche Leitstelle der Feuerwehr aktiviert anhand des Dienstplans zum Einsatz. Um den jeweiligen Einsatzort erreichen zu können, ist ein eigener Pkw erforderlich. Die Einsatzkräfte der NFS durchlaufen eine Schulung und nehmen über das Jahr an Fortbildungen, regelmäßigen Supervisionen und Intervisionen teil. Innerhalb der NFS gibt es verschiedene Arbeitsgruppen, unter anderem zur Schulung für die Betreuung von Kindern und Jugendlichen oder für Großschadenslagen, aber auch für die Betreuung von dementiell erkrankten Menschen", wird im Bericht des Arbeitskreises das Wirken der Notfallseelsorge näher beschrieben.

In der Arbeitsgruppe Demenz werden zudem die Ehrenamtlichen zum Thema Umgang und Kommunikation mit dementiell erkrankten Menschen sowie den Anzeichen zum Erkennen einer Demenz geschult. Wichtig sei es, Menschen mit Demenz nicht alleine zu lassen, was in der Realität leider häufig nur schwierig umzusetzen ist, wenn beispielsweise bei einem Ehepaar ein Partner verstirbt und der dementiell erkrankte Partner zurückbleibt.

Ein wichtiges Anliegen und Ziel ist deshalb die Vernetzung zwischen Anlaufstellen und der Einrichtung der Notfallseelsorge. Eine Vernetzung mit den Seniorenberatungsstellen habe hier teilweise schon stattgefunden, allerdings können die Seniorenberatungsstellen keine akuten Fälle abdecken und sind lediglich tagsüber Montag bis Freitag erreichbar. Häufig sei eine akute Einweisung ins Krankenhaus die letzte Option. Angesichts des damit verbundenen Ortswechsels und der Tatsache, dass Krankenhäuser nicht auf die Betreuung dieser Personengruppe eingerichtet sind, erschwere dies den Menschen mit Demenz die Situation zusätzlich.

Versorgungslage dementiell erkrankter Menschen

Die Erfahrungen des Arbeitskreises zeigen leider, dass die Versorgung von dementiell erkrankten Menschen deutliche Defizite aufweist: "Im gesamten Gebiet des Main-Taunus-Kreises können nach wie vor keine beschützten Plätze (ehemals geschlossene Station) für zum Beispiel dementiell erkrankte Menschen mit Hinlauftendez (ehemals Weglauftendenz) vorgehalten werden. Diese Tatsache, sowie nicht eingehaltene Pflegestandards und der massive Fachkräftemangel, stellen in der Praxis eine enorme Herausforderung dar." Bei Verdacht auf pflegerische Mängel sei die Hessische Betreuungs- und Pflegeaufsicht die richtige Anlaufstelle.

Einsamkeit und Mobilität von Seniorinnen und Senioren

Auch die Einsamkeit und eingeschränkte Mobilität von älteren Menschen ist ein Thema, das die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des "Älterwerden in Hattersheim" unvermindert beschäftigt. Stark eingeschränkte Mobilität von Seniorinnen und Senioren verstärkt zunehmend die Problematik der Vereinsamung; vielen älteren Bürgerinnen und Bürgern sei es hierdurch nicht oder nur schwer möglich, an Angeboten und Veranstaltungen teilzunehmen und soziale Kontakte zu pflegen.

Für ein Mindestmaß an sozialen Kontakten können telefonische Gespräche sorgen. Die Altmünstermühle hat hier beispielsweise in der Vergangenheit bereits erfolgreich Telefonpartnerinnen und -partner vermittelt. Das Angebot der „Silbernetz Hotline“, einer gemeinnützigen Organisation, bietet Seniorinnen und Senioren überregional telefonische Kontakte an.

Zusätzlich wird aber auch festgehalten, dass in Ergänzung zu solchen Lösungsansätzen auch Realisierungen zur Mobilität für Seniorinnen und Senioren entwickelt und umgesetzt werden müssen, um die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben sowie die Versorgung im alltäglichen Bereich zu fördern und überhaupt gewährleisten zu können.

Und dies umfasse ausdrücklich nicht nur die Nutzungsmöglichkeiten des ÖPNVs, eines „Bürgerbusses“ oder einer „Mitfahrbank“, sondern auch die Sanierung und Beleuchtung von Gehwegen, barrierefreie Zugänge sowie Möglichkeiten zur Nutzung einer Toilette oder das Pausieren auf einer Sitzgelegenheit, um Strecken fußläufig sicher bewältigen zu können.

Fachkräftemangel

Der Arbeitskreis diskutierte auch die allgegenwärtige Problematik des Fachkräftemangels: "Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer kritisieren die generalistische Pflegeausbildung. Diese habe zwar zunächst zu einem Anstieg an begonnenen Ausbildungen geführt, allerdings gefolgt von einer großen Zahl an Abbrüchen. Die Grundstruktur sei etwas besser gestaltet, die Auszubildenden werden aber zum Beispiel zusätzlich zum Personalschlüssel eingerechnet. Gleichzeitig sei es aber fachlich schwierig, drei Ausbildungsberufe in einem zu vereinen. Zahlreiche Themen könnten hierbei lediglich oberflächlich behandelt werden. Hinzu kämen Hürden durch Sprachbarrieren und Migrationshintergründe."

Zunehmend problematisch sei es auch, die Auszubildenden im jeweiligen Betrieb zu halten, und Pflegehelfer und Pflegehelferinnen gebe es auch kaum noch. Der Arbeitskreis fast zusammen, dass sich die Arbeitsbedingungen insgesamt verbessern müssen: "Pflege ist körperlich schwere Arbeit im Schichtsystem bei gleichzeitig hoher Verantwortung und psychischer Belastung. Die Ausbildungsvergütung und das Gehalt müssten darüber hinaus angepasst werden."

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Arbeitskreises halten ein verpflichtendes soziales Jahr bzw. Sozialpraktikum für erstrebenswert: "Ein Teil der Interessierten könne hierbei das Tätigkeitsfeld für sich entdecken und bleiben und der andere Teil würde zumindest Wertschätzung für das Berufsfeld entwickeln können. Aus der Praxis wird berichtet, dass es einen signifikanten Zulauf durch Quereinsteiger, die eine sinnstiftende Tätigkeit suchen, zu verzeichnen gibt. Gewünscht wird überdies, die Verbesserungen politisch zu verankern, um Verbindlichkeit zu schaffen."

Bezahlbarer Wohnraum

Den Bedarf an bezahlbarem Wohnraum erachtet der Arbeitskreis als hoch. Nach dessen Ansicht müssten die Angebote "dringend weiter ausgebaut werden und hierbei gleichzeitig bezahlbar bleiben. Neubauten müssen inzwischen nicht nur barrierearm, sondern barrierefrei sein."

Gewarnt werden müsse zudem unbedingt vor sogenannten „Sharing“-Anfragen: "Hierbei handelt es sich häufig um private, unseriöse Anbieter, an die die Seniorinnen und Senioren in vielen Fällen weitreichende Rechte abtreten."

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