Auch am Mittwoch vergangener Woche, 30. November, standen erneut Haushaltsanträge der Oppositionsfraktionen im Mittelpunkt der Ausschusssitzungen im Hessensaal des Alten Posthofs.
So legten die Hattersheimer Sozialdemokraten einen Antrag vor, der einem Pendant aus dem Vorjahr ziemlich genau entsprach: Erneut forderte man städtische Zuschüsse in Höhe von 150.000 Euro für den öffentlich geförderten Wohnungsbau. Diesen Vorstoß begründet man mit dem hiesigen angespannten Wohnungsmarkt. Insbesondere für Bürgerinnen und Bürger mit geringem Einkommen seien öffentlich geförderte Wohnungen mit Mietpreisbindung häufig die einzige Möglichkeit, um überhaupt in Hattersheim wohnen bleiben zu können und nicht womöglich sogar ganz aus dem Rhein-Main-Gebiet verdrängt zu werden. Die SPD wittert hinsichtlich dieser Problematik gerade in den letzten beiden Jahren angesichts stark gestiegener Mietpreise eine weitere Verschärfung.
Damit Bauherren Fördermittel des Landes in Anspruch nehmen können, ist eine finanzielle Beteiligung der Kommune Voraussetzung. "Die Stadt Hattersheim kann daher durch die Gewährung von Zuschüssen für den Bau von öffentlich geförderten Wohnungen durch private Bauherren sorgen. Die Zuschüsse sollen an private Bauherren als Komplementärfinanzierung von aus Landesmitteln geförderten Wohnungen gezahlt werden", heißt es in der schriftlichen Antragsbegründung der SPD weiter.
Der FDP-Fraktionsvorsitzende Dietrich Muth zeigte sich wenig überrascht vom erneuten Antrag der SPD in dieser Sache; das einzig Neue sei der Wille zur Nutzung des Landesprogramms zur Förderung von Mietwohnungen. Und dieses sei, bei genauerer Betrachtung, ein "bürokratisches Monster". Muth kann sich kaum vorstellen, dass es in Hattersheim viele private Bauherren gäbe, die dieses bürokratische Verfahren gerne freiwillig durchlaufen würden. Und selbst wenn es so wäre und sich die Stadt daran finanziell beteiligen wollen würde, dann wäre man jederzeit dazu in der Lage. Sollte kein Geld im Haushalt übrig sein, könnte man nach den Ausführungsbestimmungen für dieses Programm sogar als Stadt eine Bürgschaft für den Bauherren aufnehmen. Man müsste dann also gar keine eigenen finanziellen Mittel zur Verfügung stellen und könnte den jeweiligen Unternehmer auch auf diesem Wege entscheidend unterstützen. Aus diesem Grund sieht man seitens der regierenden Koalition keine Veranlassung, 150.000 Euro extra hierfür in den Haushalt 2023 einzustellen und man lehnt diesen Antrag, wie schon im Vorjahr, erneut ab.
Dr. Marek Meyer, Fraktionsvorsitzender der SPD, erwiderte darauf, dass es bei diesem Antrag um die grundsätzliche Einschätzung gehe, ob man in Hattersheim weiteren öffentlich geförderten Wohnraum brauche oder nicht, und im Gegensatz zur Koalition bejaht die SPD diese Frage. Dr. Meyer wittert hier ein "Henne-Ei-Problem": Wenn es keine Haushaltsmittel für die städtische Beteiligung an solchen Bauprojekten gibt und die Stadt dementsprechend auch nicht öffentlich um die Teilnahme an diesem Förderprogramm des Landes wirbt, dann wird auch niemand auf die Idee kommen, ein solches Angebot in Hattersheim anzunehmen.
Dietrich Muth richtete daraufhin die Aufmerksamkeit auf den Umstand, dass von den verfügbaren Bundesmitteln zur Förderung des bezahlbaren Wohnraums bislang nur 30 Prozent überhaupt abgerufen worden sind. Seitens der Baubranche scheint also landauf, landab nur relativ wenig Interesse an der Errichtung neuer, bezahlbarer Wohnungen zu bestehen, und diesen Trend könne eine Kommune wie Hattersheim mit ihren bescheidenen Mitteln sicher nicht umkehren.
Bürgermeister Klaus Schindling unterstrich diese Position noch mit dem erneuten Hinweis darauf, dass es auch nicht der Wille der Stadtregierung sei, zusätzlichen öffentlich geförderten Wohnraum in Hattersheim zu schaffen - das heiße nicht, dass man gar keinen derartigen Bau betreibt, aber in Summe will man den Bestand an öffentlich geförderten Wohnungen nicht weiter erhöhen. Hattersheim habe bereits in Relation zur Einwohnerzahl das größte Maß an derartigem Wohnraum im Main-Taunus-Kreis, und damit man der Fürsorgepflicht für die gesamte hiesige Bevölkerung auch weiterhin nachkommen kann, müsse in Hattersheim eine gesunde Mixtur herrschen, sprich: Eine Balance aus ausreichend hohen Einkommensteuereinnahmen auf der einen und sozialen Unterstützungsleistungen auf der anderen Seite. Man brauche zwar sehr wohl bezahlbaren und auch öffentlich geförderten Wohnraum, "den wird es in Hattersheim auch immer geben", so Schindling. Diesen werde es "aber zumindest in dieser Zeit der politischen Zusammensetzung so geben, dass er auch ökonomisch und sozialpolitisch vernünftig ist".
Mit den Gegenstimmen von CDU, FDP und FW wurde der Antrag schließlich im Ausschuss für Soziales, Kultur und Sport (SKS) mehrheitlich abgelehnt.
Antrag Grüne: Systemrelevante Berufe in Hattersheim sichern
In eine ähnlich gelagerte Richtung zielte ein Antrag von Bündnis 90/Die Grünen ab, demzufolge 25.000 Euro in den Haushalt eingestellt werden sollen, um Wohnungen der HaWoBau für Menschen in systemrelevanten Berufen mit Belegungsrechten zu reservieren.
Momentan fehlen in zahlreichen Städten und Kommunen Pflegekräfte, Erzieherinnen und Erzieher sowie Beschäftigte in anderen systemrelevanten Berufen. Insbesondere im Rhein-Main-Gebiet erschweren die sehr hohen Mieten die Suche nach geeignetem Personal noch zusätzlich, der Wohnraum sei für in diesen Branchen Tätige in Hattersheim kaum noch bezahlbar. "Damit die Stadt ihrer Daseinsvorsorge gerecht werden kann, ist es notwendig für systemrelevante Berufe Belegungsrechte zu etablieren", heißt es in der Antragsbegründung der Grünen.
Michael Minnert, der Fraktionsvorsitzende der CDU, bestätigte, dass man diese Problematik grundsätzlich genauso sehe und die Stadt Hattersheim deshalb ja bereits auf vielfältige Art und Weise alles versuche, um dem entgegenzuwirken, beispielsweise indem man in Neubaugebieten gezielt eine bestimmte Anzahl neuer Wohnungen zu diesem Zwecke zur Verfügung stellt, so zum Beispiel allein 24 Wohnungen im Bereich "An der Ölmühle".
Seitens der Koalition sei man der Meinung, so Minnert, dass dieser Antrag "keinen Sinn macht", da die Stadt Hattersheim sehr wohl in der Lage und willens sei, sich hier intensiv um die Schaffung von ausreichend bezahlbarem Wohnraum zu bemühen. Minnert verwies an dieser Stelle auch auf die über 1.500 Wohnungen der HaWoBau und dem dort durchschnittlichen Mietpreis von 7,40 Euro pro Quadratmeter.
Die SPD würde es Dr. Marek Meyer zufolge lieber sehen, wenn man für bestimmte Berufsgruppen wie zum Beispiel Feuerwehrleute, Polizisten oder Erziehungspersonal eine bestimmte Anzahl von Wohnungen der HaWoBau reserviert anstatt hier mit Belegungsrechten zu arbeiten.
Für den Antrag stimmten letztendlich nur die Grünen selbst. Die Koalitionsparteien stimmten dagegen, die SPD enthielt sich.
Kommentare