Baumschutzsatzung findet keine Zustimmung

Ausschuss für Umwelt, Bauen und Verkehr lehnt Antrag von Bündnis 90/Die Grünen mehrheitlich ab

Bäume haben auch in Hattersheim einen positiven Einfluss auf die Lebensqualität, wie hier an der Wasserwerkchaussee. Nach Ansicht der Grünen könnte eine neue Baumschutzsatzung einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der Bäume im Stadtgebiet leisten.

Der Ausschuss für Umwelt, Bauen und Verkehr (UBV) debattierte in seiner jüngsten Sitzung am Dienstagabend im Haus der Vereine einen Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, demzufolge der Magistrat der Stadt Hattersheim am Main damit beauftragt werden soll, bis zur Sommerpause einen Satzungsentwurf vorzulegen, der sich an der Musterbaumschutzsatzung der deutschen Gartenamtsleiter-Konferenz (GALK e.V.) im Auftrag des Deutschen Städtetages (DST) orientiert.

Die Musterbaumschutzsatzung im Auftrag des DST

Grundlage der vom GALK-Arbeitskreis Stadtbäume erarbeiteten und vom Deutschen Städtetag bereits vor zehn Jahren verabschiedeten Musterbaumschutzsatzung war das im März 2010 in Kraft getretene Bundesnaturschutzgesetz, demzufolge die Kommunen nach eigenem Ermessen Baumschutzsatzungen erlassen können. Die Kommunen sollen so in die Lage versetzt werden, die Musterbaumschutzsatzung als Leitfaden für die Erstellung einer eigenen Baumschutzsatzung zu verwenden.

Die in der Musterbaumschutzsatzung vorgeschlagenen Kriterien sind frei wählbar und sollen den jeweils regionalen Gegebenheiten unter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben angepasst werden. Vom Erlass einer Baumschutzsatzung verspricht man sich, dass Kommunen so einen gesunden, vitalen und verkehrssicheren Baumbestand zukunftsfähig schützen und nachhaltig sichern können. Die besagte Musterbaumschutzsatzung ist auf dem Weg dorthin als beratendes und unterstützendes Werkzeug zu verstehen.

Andere MTK-Kommunen als Vorbild

In Ihrer Antragsbegründung verweisen die Hattersheimer Grünen auf die MTK-Städte Bad Soden, Kelkheim und Hochheim, in denen es jeweils schon entsprechende Baumschutzsatzungen gibt. Die Nutzung der GALK-Musterbaumschutzsatzung als Grundlage für ein auszuarbeitendes Hattersheimer Pendant sei sinnvoll, da in diesem Rahmen sowohl die Belange des Naturschutzes als auch die Interessen der Kommunen Berücksichtigung finden sollen.

Die Grünen verweisen auf die belebende Wirkung von Bäumen auf das Stadtbild: Diese haben einen "positiven Einfluss auf die Luftqualität, sie sorgen für Schatten, verringern das Aufheizen von versiegelten Flächen, kühlen die Luft durch Verdunstung und mindern die Feinstaubbelastung." Und gerade Stadtbäume würden das innerstädtische Mikroklima wesentlich beeinflussen.

Selbst gesunde, alte Bäume leiden unter dem Klimawandel, häufiger auftretenden Dürreperioden und dem sinkenden Grundwasserspiegel. Umso wichtiger sei es, "Bäume zu erhalten und zu schützen, bei notwendigen Fällungen adäquaten Ersatz zu pflanzen und auch die Bevölkerung dafür zu sensibilisieren", so die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Eine Baumschutzssatzung gebe der Stadt Hattersheim die Möglichkeit, klare Regeln zu schaffen, um in diesem Bereich "ökologisch und gestalterisch Einfluss zu nehmen", erläuterte Dirk Staudt (Bündnis 90/Die Grünen) den Antrag seiner Fraktion weitergehend. Schutz und Erhalt des Baumbestands stünden dabei im Vordergrund. Für Bauträger und weitere Betroffene liefere eine Baumschutzsatzung eine Grundlage, die Planungssicherheit bieten kann.

"Bürokratisches Monster"

Andreas Endler (CDU) gab in seiner Reaktion auf den Antrag der Grünen direkt zu verstehen, dass es seitens der Hattersheimer Christdemokraten keine Zustimmung geben wird. Zwar erachte man den Schutz der Bäume auch als wichtig, jedoch glaube man vor allem an den "mündigen und vernünftigen Bürger", und zudem sehe man keine angemessene Notwendigkeit zum Erlass einer solchen neuen Satzung: Solche Regeln seien nur dann potenziell vonnöten, wenn sie ein konkret ausgemachtes Problem bekämpfen sollen. "Wir sehen diese Notwendigkeit so hier in Hattersheim nicht gegeben", formulierte Endler die Position seiner Fraktion.

Zudem erachte man eine solche Baumschutzsatzung auch potenziell als kontraproduktiv wenn es um den Schutz und Erhalt der Bäume geht: In Kommunen, in denen eine solche Baumschutzsatzung vor der Einführung stand, sei in der Vergangenheit zu beobachten gewesen, dass Grundstückseigentümer auf den vermeintlich letzten Drücker nochmal besonders viele Bäume ohne besondere Notwendigkeit gefällt haben - einfach weil sie befürchteten, dass ihnen hier in Kürze die Hände gebunden sein würden.

Ähnlich verhalte es sich bei anderen Kriterien einer solchen Satzung: Würden demnach Bäume ab einem bestimmten Baumstammdurchmesser unter den Schutz der Satzung fallen, könnte dies Grundstückseigentümer dazu verleiten, gesunde Bäume kurz vor dem Erreichen dieses Grenzwertes zu fällen und durch neue zu ersetzen, um weiterhin die gestalterischen Möglichkeiten selbst in der Hand zu halten.

Dietrich Muth (FDP) führte zudem noch die Gefahr eines aufkommenden Denunziantentums unter Nachbarn auf: Man würde mit dem Erlass einer solchen Baumschutzsatzung die Leute schier dazu auffordern, genau zu beobachten, ob mit dem Baumbestand auf benachbarten Grundstücken korrekt umgegangen wird und im Zweifelsfall die Stadt zu verständigen. Man würde so einer totalen Überwachung "Tür und Tor öffnen" und sollte deshalb ein derartiges "bürokratisches Monster" in Hattersheim nicht anwenden, so Muth.

Erörterung erwünscht

Dem Antrag der Grünen mehr abgewinnen konnte Kolja Franssen (SPD). Er verwies darauf, dass die exakte Gestaltung der angedachten Satzung im Antragstext bewusst offen gelassen wurde, so dass die Verwaltung umfassende gestalterische Möglichkeiten hätte, um eine letztendlich rundum positive und auf die Stadt Hattersheim zugeschnittene Baumschutzsatzung formulieren zu können.

Bäume hätten zudem nicht nur auf die Temperatur und das Mikroklima in Hattersheim einen positiven Einfluss, sondern auch auf den Wasserhaushalt und die Artenvielfalt.

Bezüglich der Mündigkeit der Bürgerinnen und Bürger verwies Franssen auf die jüngst gemachten Erfahrungen im Zuge der Corona-Pandemie: Auf einer rein freiwilligen Basis kam man auch da meistens nicht angemessen zurecht, und deshalb solle man ruhig auch bei diesem Thema einmal genau prüfen, an welchen Stellen konkret verbindliche Vorgaben sinnvoll sein könnten.

Alessio Dale (Grüne) machte schließlich noch den Vorschlag, den Antrag seiner Fraktion bezüglich der Fristsetzung bis zur Sommerpause zu lockern, damit alle Beteiligten mehr Zeit hätten um verschiedene Gedanken und Wünsche zur Satzung einzubringen. Zudem sei die Erstellung sicher auch ein geeignetes erstes Projekt für die noch zu besetzende Stelle der oder des neuen Klimaschutzbeauftragten der Stadt.

Aber auch dieses Zugeständnis änderte letztendlich nichts am Abstimmungsverhalten: Nur die Grünen und die SPD stimmten für den Antrag, dementsprechend wurde er im Ausschuss UBV mehrheitlich abgelehnt.

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