Gute Seele aus dem Betreuten Wohnen

Nach langer Irrfahrt ist Roger Petersen „trocken“ und „clean“

HATTERSHEIM (pm) - Die SiT ist ein soziales Unternehmen, das 1984 von ehemals Suchtmittelabhängigen als Selbsthilfe im Taunus e.V. gegründet wurde.

Aus dieser Gruppe von zehn Leuten hat sich ein mittelständisches soziales Dienstleistungsunternehmen entwickelt, dessen Projekte teilweise in ganz Deutschland Modellcharakter besitzen. Heute ist die SiT ein bundesweit anerkannter Anbieter der Suchthilfe mit dem Schwerpunkt, für Arbeitssuchende und ehemals Suchtmittelabhängige berufliche Perspektiven aufzubauen. Pro Jahr gelingt das bei der SiT bei Hunderten von Menschen. Doch was für Schicksale und Gesichter verbergen sich hinter dieser Zahl beziehungsweise hinter der SiT, die beispielsweise auch schon lange vom ehemaligen Hessischen Ministerpräsident Roland Koch unterstützt wird?


Einer, der es nach langer Lebens-Irrfahrt und einer Odyssee aus Drogen- und Alkoholproblemen vor vielen Jahren ins Betreute Wohnen der SiT geschafft hat, ist auch Roger Petersen (65). Die gute Seele der SiT-Kantine in der Voltastraße ist vor 15 Jahren über einen Flyer auf die SiT aufmerksam geworden, als er als 50-Jähriger damals schon längst viel zu alt gewesen ist für die meisten Fördermaßnahmen. Seit seinem letzten Rückfall 1998 wohnt er ständig im Betreuten Wohnen in Hattersheim, das ihm schon die ganzen Jahre hilft, „clean“ und „trocken“ zu bleiben.


Davor ist er wie so viele andere Menschen dem Alkohol als Antistressmittel verfallen. Nach der dritten und letzten Ehe ist er auf der Straße gelandet, wo dann auch andere Drogen dazu kamen. In Berlin ist er dann endgültig „abgestürzt“, bis er dann weit weg von der Hauptstadt Deutschlands in der SiT und dem Betreuten Wohnen im Rhein-Main-Gebiet eine Art Wahlverwandtschaft gefunden hat, wo er ein bewussten Leben kennen gelernt hat.


Der Frührentner hat vor neun Jahren auch seinen Sohn in die betreute Wohngemeinschaft geholt, als seine Ex-Frau über einen jüngeren Freund und Ex-Junkie selbst drogensüchtig wurde. Bei der SiT hat auch sein Sohn eine soziale Struktur bekommen. „Hier fühlen wir uns wohl“, sagt Roger Petersen. Der alleinerziehende Vater ist froh darüber, dass sein mittlerweile 18-jähriger Sohn noch solange bei ihm und der „kleinen Familie“ aus gleichgesinnten Ex-Süchtigen im Betreuten Wohnen bleiben darf, bis er mit Schule und Lehre fertig ist.


Auch wenn Petersen durch diverse Unfälle seit 1991 schon Frührentner ist, hat der ehemals Suchtmittelabhängige immer ehrenamtlich in der Gastronomie gearbeitet. Der gelernte Koch hat so beispielsweise in Hofheim im Cafe Flot und im „Coffee Inn“ der Volkshochschule oder dem Cafe der Brühlwiesenschule gearbeitet. Seit einem guten Vierteljahr bekocht Roger Petersen 15 Mitarbeiter der SiT in der Voltastraße. Der „alte Hase“ hilft aber auch gerne Jüngeren in der betreuten WG bei Lebensfragen und übernimmt „Patenschaften“ für neue Mitbewohner. „Das macht mir Spaß und alleine kann ich nicht leben“, sagt er. Denn rückfällig ist er früher stets geworden, wenn er alleine gelebt hat.


Dass Roger schon so lange im Betreuten Wohnen lebt, ist eine Ausnahme und der Tatsache geschuldet, dass er bei seinem Einzug schon Rentner war und sich stets ehrenamtlich engagiert hat. Der WG-Senior hat die Zukunftsvision, dass mit Gleichgesinnten und Unterstützung der SiT eine neue selbstorganisierte Wohnform für Alt und Jung möglich gemacht werden kann, die unabhängig von Kostenträgern miteinander leben wollen. „Da die SiT für mich eine zweite Chance war und mir zur Heimat geworden ist, möchte ich diese Erfahrung auch anderen ehemals Süchtigen weitergeben, die zur SiT kommen“, sagt Roger Petersen.

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