Klimaschutz und Digitalisierung im Fokus

Ausführliche Diskussionen zu Haushaltsanträgen der Fraktionen im Ausschuss für Umwelt, Bauen, und Verkehr

Im Mittelpunkt der Sitzung des Ausschusses für Umwelt, Bauen und Verkehr (UBV) am Dienstagabend standen erwartungsgemäß vor allem intensive Debatten über die eingereichten Anträge der Fraktionen zum Haushalt 2022.

Das "Internet der Dinge" kommt

Die SPD-Fraktion präsentierte zunächst einen Antrag zum Haushalt 2022 bezüglich eines stadtweiten Ausbaus der sogenannten "IoT-Infrastruktur". "IoT" steht hier für "Internet of Things", zu Deutsch das "Internet der Dinge". Dies ist ein Sammelbegriff für eine Informations-Infrastruktur, die die Vernetzung von physischen und virtuellen "Dingen" ermöglicht. "Beispielsweise können Straßenlaternen, Parkplatzsensoren, Fahrzeuge, aber auch Wasser- oder Wärmezähler digital vernetzt werden", heißt es in der Antragsbegründung der SPD. Das "Internet der Dinge" werde als notwendige Infrastruktur angesehen, um Smart-City-Anwendungen in Städten umzusetzen.

Vor einem guten Jahr votierten die Hattersheimer Stadtverordneten einstimmig für einen entsprechenden SPD-Antrag, demzufolge der Aufbau einer stadtweiten IoT-Infrastruktur geprüft werden sollte. Als Technologie käme im städtischen Umfeld insbesondere das Netzwerkprotokoll LoRaWAN in Frage, der Magistrat erhielt jedoch vor einem Jahr den Auftrag, verschiedene Technologien zu prüfen. Dies sei nach dem Wissensstand der SPD bislang noch nicht erfolgt und deshalb ergreift man mit diesem Haushaltsantrag nun wieder die Initiative und beantragt eine jährliche Mehrinvestition in den Aufbau einer stadtweiten IoT-Infrastruktur in Höhe von 10.000 Euro bis 2025. Davon erhofft man sich ein Vorankommen der Digitalisierung der Stadt Hattersheim.

Bürgermeister Klaus Schindling lieferte daraufhin aktuelle Informationen aus der Verwaltung: Man habe sich in den vergangenen Monaten bereits mit dem Thema beschäftigt und die LoRaWAN-Technologie im gesamten Stadtgebiet ins Leben gerufen, "die letzten Antennen werden jetzt noch verschraubt". Man sei daher "fast fertig" mit der Implementierung dieses LoRaWAN-Netzwerkes in Hattersheim und die neu geschaffene Stabsstelle zum Thema Digitalisierung wird sich dann intensiv mit der Umsetzung der neuen Möglichkeiten beschäftigen.

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Dr. Marek Meyer freute sich über diese Nachricht und zog vor diesem Hintergrund den Antrag zurück, da dessen Inhalt nun als erledigt zu betrachten sei. Er bemängelte jedoch, dass das Ergebnis der Prüfung noch schon vorher präsentiert wurde.

Mobilität: Grüne fordern attraktivere Gestaltung

Sehr vielschichtig war der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen zum Haushaltsprodukt "Räumliche Planungs- und Entwicklungsmaßnahmen". Das Ausschussmitglied Stefan Ehrecke präsentierte die Vorstellungen seiner Fraktion, die zu einer attraktiver gestalteten Mobilität führen sollen.

So sollen nach Ansicht der Grünen Gelder eingestellt werden, um ein integriertes Mobilitätskonzept für das Stadtgebiet zu entwickeln, in dem Fußverkehr, Radverkehr, motorisierter Individualverkehr und der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) gleichberechtigt berücksichtigt werden.

Ferner soll die Stelle eines bzw. einer Mobilitätsbeauftragten geschaffen werden. Die Grünen wünschen sich außerdem, dass das Radverkehrskonzept des Main-Taunus-Kreises auch im Hattersheimer Stadtgebiet umgesetzt wird. Zur Finanzierung hat man sich auch schon Gedanken gemacht: Gelder hierfür sollen über den Kreisinvestitionsfond beantragt werden.

50.000 Euro sollen für die Errichtung von E-Ladestationen an den kommunalen Liegenschaften eingestellt werden. Hierfür sollen Fördermittel der "Innovationsförderung Ladeinfrastruktur 2021/2022" beantragt werden.

Und schließlich vermisst man im Haushalt zwei Punkte: Am 23. September habe die Stadtverordnetenversammlung beschlossen ein Schild für die Initiative "Stadtradeln" aufzustellen, um dessen Attraktivität zu steigern. Außerdem habe das Parlament am 11. November beschlossen, Gelder für die Errichtung von Fahrrad-Reparatur-Werkstationen im Stadtgebiet im Haushalt einzustellen.

Der CDU-Fraktionsvorsitzende Michael Minnert formulierte die Reaktion der Koalitionsparteien auf diesen Antrag: Dieser sei "grundsätzlich sehr lobenswert", fraktionsübergreifend hätte man ein großes Interesse an einem Integrierten Mobilitätskonzept. Das Radverkehrskonzept des MTK werde aber bereits peu à peu umgesetzt, und es handele sich dabei außerdem um einen Konzeptvorschlag über "Dinge, die man machen kann" - man werde aber deshalb nicht alles, was dort drin steht, in Hattersheim auch tatsächlich umsetzen.

Bezüglich der E-Ladestationen verwies Minnert auf einen Beschluss der Stadtverordnetenversammlung, demzufolge der Magistrat beauftragt wurde dahingehend Gespräche mit Energieversorgern zu führen. Diese verfügen hierzu bereits über Konzepte, Erfahrungen und Ideen, wie solche Stationen in Zusammenarbeit mit der jeweiligen Kommune vermehrt installiert werden können. Deshalb müsse man dafür nicht noch zusätzliche Gelder im Haushalt einstellen, so Minnert.

Die Punkte "Schild zum Stadtradeln" sowie die Fahrrad-Reparatur-Werkstätten seien einfach für die Haushaltsplanung 2022 zu spät beschlossen worden, da der entsprechende Entwurf bereits fertiggestellt war.

Und die Stelle eines Mobilitätsbeauftragten sei auch bereits eingeplant. Hier sei jedoch keine Neueinstellung notwendig, da man dieses Themengebiet an eine bestehende Stelle "andocken" will. Aus dieser Vielzahl an Gründen lehne die Koalition den Antrag der Grünen ab, so das Fazit von Michael Minnert.

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Dr. Marek Meyer wertete das generelle Ansinnen des Grünen-Antrags ebenfalls als positiv, stellte jedoch dessen Umsetzbarkeit in Frage. Auch die Sozialdemokraten halten es nicht für nötig, eine komplett neue Stelle für einen Mobilitätsbeauftragten zu schaffen.

Zudem verwies er auf das sich in Arbeit befindliche Stadtentwicklungskonzept, das auch einen starken Fokus auf Verkehrsangelegenheiten legen wird. Hier bestehe die Gefahr von Überschneidungen mit dem Radverkehrskonzept des Kreises und es müsse vermieden werden, dass man sich hier die eine oder andere Arbeit doppelt macht.

Nur die Grünen selbst stimmten letztendlich für den Antrag, bei der Enthaltung der SPD und der Ablehnung durch CDU, FDP und FWG.

SPD will mehr Solaranlagen

Die Hattersheimer Sozialdemokraten sehen noch potenziellen Nachholbedarf bei der Ausstattung von städtischen Gebäuden und Grundstücken mit Solaranlagen. Deshalb fordern sie im Investitionshaushalt für die Jahre 2022 bis 2025 die Einplanung von zusätzlichen Mitteln. Im kommenden Jahr 2022 sollen diese um 50.000 Euro auf 120.000 Euro steigen, und von 2023 bis 2025 sollen jährlich 100.000 Euro investiert werden. "Die Energiekosten für den Ankauf von Strom sind um die zu erwartenden Einsparungen durch selbsterzeugten Strom zu senken", heißt es weiter im Antrag der SPD.

Kolja Franssen (SPD) unterstrich, dass der Klimawandel immer stärkere Anstrengungen erforderlich mache, um die Energiewinnung in Deutschland zügig auf erneuerbare Energien umzustellen. Auch die Stadt Hattersheim müsse hier ihren Beitrag leisten um die Klimaziele der Bundesrepublik Deutschland zu erreichen. Aus diesem Grund müssen nach Ansicht der Sozialdemokraten zusätzliche Haushaltsmittel für die Installation von Photovoltaikanlagen bereitgestellt werden. Schon kurzfristig könnten zusätzliche Anlagen installiert werden, beispielsweise auf der Kita Südwest im Zuge der anstehenden Dachsanierung. Eine weitere Auswahl an geeigneten Dächern und Grundstücken könne durch die Koordinierung des neuen Klimaschutzmanagers erfolgen.

Der Fraktionsvorsitzende der FDP, Dietrich Muth, zeigte sich überrascht über den Antrag, da seines Wissens nach bereits alle öffentlichen Gebäude, bei denen nicht etwa der Denkmalschutz oder die Statik gegen die Installation einer Solaranlage sprechen, dementsprechend ausgestattet seien.

Kolja Franssen entgegnete, dass die vorhandene Liste der öffentlichen Gebäude unter diesem Gesichtspunkt veraltet sei, eine Aktualisierung ist notwendig. So brachte er beispielsweise den Anbau der Feuerwehr in Eddersheim ins Gespräch, auch wenn die dort zur Verfügung stehende Fläche wohl recht klein ist.

Bürgermeister Schindling betonte, dass man gerne auf allen Gebäuden, auf denen dies möglich ist, eine Solaranlage installieren will. Aber dies sei auch immer eine Frage des Zeitpunkts. So wird seiner Ansicht nach zum Beispiel auf der Kita Südwest früher oder später sicher eine Solaranlage entstehen, jedoch befinde man sich gerade im Rechtsstreit mit dem zuständigen Architekturbüro bezüglich der Finanzierung der Reparatur der maroden Dachkonstruktion. Und da könnte es die Prozessführung durchaus erschweren, wenn man jetzt aktiv wird und auf diesem Dach eine Solaranlage errichtet.

Für den Antrag stimmten die SPD und die Grünen. Durch die Gegenstimmen von CDU, FDP und FWG wurde er mehrheitlich abgelehnt.

Klimaschutz weniger wert als Weihnachtsbeleuchtung?

Die grüne Fraktionsvorsitzende Nathalie Ferko begründete den nächsten Antrag der Grünen mit einem "Gleichnis": Die in Hattersheim neu geschaffene Stelle des Klimaschutzbeauftragten wird vom Land Hessen gefördert. Das bedeute, dass die Stadt hier effektiv nicht, wie im Haushaltsplan angegeben, 50.000 Euro investiert, sondern - abzüglich der Förderung des Landes - nur noch 29.000 Euro. Und das sei immerhin weniger als zum Beispiel die im Haushalt veranschlagten 30.000 Euro für die Weihnachtsbeleuchtung in allen drei Stadtteilen. Diese habe zwar Ferko zufolge natürlich auch ihre Berechtigung, aber nach Ansicht der Grünen stehe dies in keinem Verhältnis zum Klimaschutz. Deshalb beantragen die Grünen, den Haushaltsposten von 50.000 Euro auf 70.000 Euro zu erhöhen.

"Das ist ja mal eine Begründung", so die erste Reaktion des CDU-Fraktionsvorsitzenden Michael Minnert auf diese Herleitung. Einen Posten im Haushalt zu erhöhen, weil einem ein anderer in Relation dazu zu hoch erscheint - so funktioniere ein öffentlicher Haushalt nicht. Man habe mit dem Klimaschutz ein neues Produkt im Haushalt geschaffen und wird einen Klimamanager neu installieren. Und dieser Klimamanager wird dann ein neues Konzept zum Klimaschutz in Hattersheim ausarbeiten, er wird Förderungsmöglichkeiten ausfindig machen etc. - und auf der Basis dieser neuen Erkenntnisse wird sich das Produkt dann weiter entwickeln, erläuterte Minnert die Planung. Auch Bürgermeister Klaus Schindling argumentierte in diese Richtung und stellte in Aussicht, dass im kommenden Jahr auf der Basis der bis dahin erfolgten Arbeit des Klimamanagers eine neue kalkulierte Zahl für Klimaschutzmaßnahmen im nächsten Haushaltsplan vorzufinden sein wird.

Doch den Grünen geht dies nicht schnell genug: Zunächst fehle dem neuen Klimamanager der Handlungsspielraum, weil für den Klimaschutz im kommenden Jahr nur ein "mickriges Budget" vorgesehen sei.

Der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen wurde schließlich mehrheitlich abgelehnt. Nur sie selbst stimmten dafür. CDU, FDP und FWG votierten dagegen, die Sozialdemokraten enthielten sich.

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