Klimaschutz und Klimaanpassung als Gemeinschaftsaufgabe verstehen

Deutscher Städte- und Gemeindebund: Ausschuss für Städtebau und Umwelt tagte diese Woche in Hattersheim am Main

Hattersheim am Main hatte in dieser Woche die nicht alltägliche Ehre, als Gastgeber den Ausschuss für Städtebau und Umwelt des Deutschen Städte- und Gemeindebundes in der Stadt begrüßen zu dürfen. Bürgermeister Klaus Schindling, selbst für den Hessischen Städtetag als Mitglied im Ausschuss tätig, hieß die prominenten Gäste in der Stadthalle am vergangenen Montag herzlich willkommen und wies, nicht ohne Stolz, auf die Besonderheiten des frisch mit dem Hessischen Denkmalschutzpreis ausgezeichneten Gebäudes hin: So sieht dort für Gäste und Besucher alles so aus wie früher, jedoch schlummern unter den Wänden und Fassaden sowie im Keller modernste Technik.

Auch das Rahmenprogramm war, wie es bei solchen Sitzungsrunden üblich ist, ein gutes Stück weit von der Gastgeberstadt geprägt: Während der erste der beiden Sitzungstage für gewöhnlich überwiegend vom "theoretischen Teil" geprägt ist, wie es der Vorsitzende des DStGB-Ausschusses für Städtebau und Umwelt und Freisinger Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher formulierte, verlässt man in der Regel am zweiten Tag den Sitzungssaal und schaut sich thematisch passende Dinge vor Ort einmal genauer an. In Hattersheim wurden hierzu die Rechenzentrumswelt von NTT Global Data Centers sowie das europäische Hauptquartier des japanischen Technologiekonzerns Yaskawa gemeinschaftlich besucht.

Pressekonferenz zum Auftakt

Bevor die Mitglieder des Ausschusses für Städtebau und Umwelt ihre Arbeit aufnahmen, standen zunächst Bernd Düsterdiek, der zuständige Beigeordnete für Umwelt und Städtebau beim DStGB in Berlin, der Ausschussvorsitzende Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher, die Hessische Ministerin für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Priska Hinz sowie Bürgermeister Klaus Schindling den Vertreterinnen und Vertreten der Presse im Rahmen einer Konferenz Rede und Antwort.

Tobias Eschenbacher stellte fest, dass sich die Auswirkungen des Klimawandels immer stärker bemerkbar machen: Starkregenereignisse auf der einen, Dürren auf der anderen Seite. "Im Prinzip sind die Ereignisse leider falsch verteilt, und das stellt uns natürlich vor große Herausforderungen."

Die Kommunen erleben diese Auswirkungen unmittelbar als Erste vor Ort; dort gilt es, die Folgen des Klimawandels abzuschwächen und Schäden zu beseitigen. "Das heißt, wie machen die städtebaulichen Entwicklungen und müssen auch unsere Planungsprozesse an die Herausforderungen anpassen", so Eschenbacher. Diese Planungen sehen nun anders aus als noch vor zehn Jahren, und man erhofft sich dem Ausschussvorsitzenden zufolge "von der großen Politik entsprechende Werkzeuge, um das planen zu können."

„Die Belastungen und Risiken werden sowohl in dichtbesiedelten Städten als auch in Gemeinden des ländlichen Raums künftig weiter steigen. Um die Kommunen langfristig resilient und lebenswert zu gestalten, bedarf es in den kommenden Jahren umfassender Anpassungsprozesse. Die zu ergreifenden Maßnahmen sind immens, weshalb es zur Bewältigung starke und handlungsfähige Städte und Gemeinden braucht“, fasste Tobias Eschenbacher die zu bewältigenden Aufgaben zusammen.

Denn die über 11.000 Kommunen sind letztendlich die Hauptakteure beim Klimaschutz und der Klimaanpassung in Deutschland. Diese stehen im ständigen Dialog mit ihren Bürgerinnen und Bürgern, sie tragen die Verantwortung für eine klimagerechte Mobilität, steuern über ihre Bauleitplanung den Ausbau der erneuerbaren Energien und tragen schließlich durch eine klimaangepasste Stadtentwicklung dazu bei, dass Extremwetterereignisse besser bewältigt werden können.

Im Bereich der Klimaanpassung seien bis zum Jahr 2030 Investitionen in Höhe von mindestens 55 Milliarden Euro notwendig, schätzen Experten. „Dies können die Kommunen allein nicht schultern. Zur Stärkung der kommunalen Handlungsfähigkeit sollte daher die Schaffung einer neuen Gemeinschaftsaufgabe Klimaschutz und Klimaanpassung – nach dem Vorbild des Gesetzes zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes (GAK) – geprüft werden“, stellte Eschenbacher fest. Auf diesem Wege könnte eine verlässliche Finanzierungsgrundlage von kommunalen Klimaschutz- und Klimaanpassungsmaßnahmen durch Bund und Länder gewährleistet werden.

Unterstützung seitens des Landes

Die hessische Umweltministerin Priska Hinz stellte vor, wie das Bundesland die Problematik anzupacken gedenkt: „Hessen stellt sich der Herausforderung von ambitioniertem Klimaschutz und Klimaanpassung. Mit dem Klimaplan Hessen haben wir 90 Maßnahmen festgelegt, mit denen wir Klimaschutz und die Anpassung an die Folgen der Klimakrise vorantreiben wollen. Den rechtlichen Rahmen für das Erreichen der Klimaziele haben wir mit dem ersten hessischen Klimagesetz geschaffen.

Engagement wird auf allen politischen Ebenen benötigt. Von der EU- und Bundes-Ebene, über die Länder bis hin zu den Kommunen. Gerade die Kommunen sind bei der Zielerreichung entscheidend. Wir bieten ihnen Unterstützung in Form von Förderprogrammen, Beratungsleistungen und Informationspaketen. Inzwischen sind 379 hessische Kommunen 'KlimaKommunen' und erhalten eine 90-prozentige Förderung bei Maßnahmen für Klimaschutz und Anpassung. Weiterhin setzen wir uns als Länder dafür ein, dass der Bund auch zur Finanzierung beiträgt.“

Fachkräftemangel steht auch dem Klimaschutz im Weg

Der DStGB-Beigeordnete Bernd Düsterdiek rückte die Problematik des Fachkräftemangels vor dem Hintergrund der Klimaschutzmaßnahmen auf kommunaler Ebene in den Vordergrund. Der Personalmangel in den Verwaltungen sei ein vielfach vergessenes, massives Problem: "Wir werden bis 2035 prognostisch an die 550.000 kommunale Mitarbeiter größtenteils altersbedingt verlieren", stellte Düsterdiek fest, und nicht zuletzt deshalb sei es auch eine "Riesenherausforderung, dass wir all diese Aufgaben auch personell bewältigen können". Viele Kommunen müssen dann auch die Dienste von externen Beratungsbüros in Anspruch nehmen. "Umso dringender und wichtiger ist es, dass das Ganze als Gemeinschaftsaufgabe verstanden wird, denn Klimaanpassungen, Klimaschutz sind keine alleinige kommunale Aufgabe", so Düsterdiek, "das ist ein Generationenprojekt, in dem alle staatlichen Ebenen gefordert sind: Bund, Länder und Kommunen 'Hand in Hand' sozusagen."

Über die Finanzierung könne man sich natürlich trefflich streiten. Düsterdiek begrüßte die Unterstützungsansätze des Landes Hessen für die Kommunen. Aber man müsse natürlich auch einen klaren Rahmen haben, lang- und mittelfristig. Gerade für den Fall, dass Klimaschutz und Klimaanpassung zu einer gesetzlichen Pflichtaufgabe für die Kommunen werden sollten.

Engagement der Kommunen

„Viele Kommunen sind in Hessen als Klimakommunen engagiert und bereits vielfältig mit Fragen des Klimaschutzes und der Klimaanpassung befasst. Neben der kommunalen Wärmeplanung für Kommunen über 20.000 Einwohner ist aktuell eine gemeinsame Zisternensatzung für den Einsatz von Brauchwasser bei Neubauten und größeren Umbauten veröffentlicht worden. Viele Kommunen haben zwischenzeitlich auch Fließkarten für Starkregenereignisse beauftragt. Dieses Engagement ist fortzusetzen, bedarf aber zur Bewältigung der anstehenden Zukunftsaufgaben einer soliden finanziellen Unterstützung von Bund und Land“, so Johannes Heger, Geschäftsführer des Hessischen Städte- und Gemeindebundes, in einer Pressemitteilung des DStGB zur Ausschusssitzung.

Und Stephan Gieseler, Direktor des Hessischen Städtetages, erklärte zusätzlich: „Die Kommunen brauchen dringend eine verlässliche Finanzierungsbasis für die Umsetzung ihrer Klimaschutz- und Klimaanpassungsmaßnahmen. Um Planungssicherheit zu schaffen, hat sich der Hessische Städtetag dafür ausgesprochen, dass das Land den Kommunen konkrete Klimaschutz- und Klimaanpassungsmaßnahmen gesetzlich vorgibt und sie mit den zur Aufgabenerfüllung entsprechenden finanziellen Mitteln ausstattet. Alternativ muss das Land weitergehende Aufgaben selbst übernehmen und entsprechende Strukturen schaffen.“

Kommentare

Der Inhalt dieses Feldes wird nicht öffentlich zugänglich angezeigt.
Sicherheitsprüfung
Diese Frage hat den Zweck zu testen, ob Sie ein menschlicher Benutzer sind und um automatisierten Spam vorzubeugen.
Bild-CAPTCHA
Geben Sie die Zeichen ein, die im Bild gezeigt werden.


X